Bergherrn und dies war meistens der Landesfürst, "in Treue gebunden". Neben diesem Ehrenstande genossen aber Bergleute besondere Achtung und Berücksichtigung wegen ihrer technischen Kenntnisse, die bei Be- lagerungen in grossen Kriegsunternehmungen geradezu unentbehrlich waren. Thaten höchster Tapferkeit werden von Berg- und Hütten- leuten berichtet. Ist ja doch die Erhabenheit über die Furcht vor dem Tode ein Erfordernis des Berufes.
So erzählt die Sage, dass, als die Tataren im Jahre 1115 in Schlesien einbrachen, die deutschen Berg- und Hüttenleute gegen sie auszogen. Es war die Schlacht an der Wahlstatt. Die alte grimmige Mähr sagt: "Keiner floh, keiner wurde gefangen, keiner blieb übrig." Und dieser entschlossene Widerstand, der an die Verteidigung des Termopylenpasses erinnert, war von solcher Wirkung auf den über- legenen Feind, dass die Tatarenhorden ihren Weg nicht fortsetzten, sondern sich südlich nach Ungarn wandten.
Die Freiberger Bergleute verteidigten ihre Stadt siegreich im Jahre 1296/97 gegen den kriegerischen Kaiser Adolph von Nassau. In den Kämpfen gegen die Slaven standen die deutschen Bergleute stets zum Reiche. So kämpften sie für Kaiser Albrecht gegen Wenzel II. von Böhmen im Jahre 1304 und thaten wichtige Dienste. Ebenso stritten sie gegen die Hussiten. Von diesen blutigen Kämpfen leben im Erzgebirge noch viele Erinnerungen fort. Tyroler Bergleute bildeten eine besondere Abteilung im Kampfe gegen die Schweiz. Im Jahre 1530 empfingen 5600 wohlgerüstete Bergleute von Schwatz in Tyrol Kaiser Karl V. und führten vor ihm ein wohlgeordnetes Schein- treffen auf 1).
Der Bergleute Kriegsdienst war aber kein gezwungener, sondern ein freiwilliger. In der Hüttenberger Bergordnung vom Jahre 1424 heisst es 2): "Item, so ein Landesfürst wider seine Freunde gläubig oder ungläubig inner- und ausserhalb des Landes zeugt, sind sie pflichtig, drei Tage vor dem Berge demselben Landesfürsten zu Hilfe zu ziehen und nicht weiter; wollt Er sie aber ferner brauchen, soll er ihnen Sold wie anderen Dienstleuten geben, sonst sind sie niemand Anderem verpflichtet, dermassen von dem Berge zu ziehen."
In der Bergordnung von Call vom Jahre 1494 heisst es, dass die Bergleute wohl verpflichtet sein sollen zur Verteidigung des Schlosses
1) Sperges, Tyroler Bergwerksgeschichte, S. 252.
2) Schmidt, Sammlung I, 43, 72.
Soziale Stellung der Arbeiter.
Bergherrn und dies war meistens der Landesfürst, „in Treue gebunden“. Neben diesem Ehrenstande genossen aber Bergleute besondere Achtung und Berücksichtigung wegen ihrer technischen Kenntnisse, die bei Be- lagerungen in groſsen Kriegsunternehmungen geradezu unentbehrlich waren. Thaten höchster Tapferkeit werden von Berg- und Hütten- leuten berichtet. Ist ja doch die Erhabenheit über die Furcht vor dem Tode ein Erfordernis des Berufes.
So erzählt die Sage, daſs, als die Tataren im Jahre 1115 in Schlesien einbrachen, die deutschen Berg- und Hüttenleute gegen sie auszogen. Es war die Schlacht an der Wahlstatt. Die alte grimmige Mähr sagt: „Keiner floh, keiner wurde gefangen, keiner blieb übrig.“ Und dieser entschlossene Widerstand, der an die Verteidigung des Termopylenpasses erinnert, war von solcher Wirkung auf den über- legenen Feind, daſs die Tatarenhorden ihren Weg nicht fortsetzten, sondern sich südlich nach Ungarn wandten.
Die Freiberger Bergleute verteidigten ihre Stadt siegreich im Jahre 1296/97 gegen den kriegerischen Kaiser Adolph von Nassau. In den Kämpfen gegen die Slaven standen die deutschen Bergleute stets zum Reiche. So kämpften sie für Kaiser Albrecht gegen Wenzel II. von Böhmen im Jahre 1304 und thaten wichtige Dienste. Ebenso stritten sie gegen die Hussiten. Von diesen blutigen Kämpfen leben im Erzgebirge noch viele Erinnerungen fort. Tyroler Bergleute bildeten eine besondere Abteilung im Kampfe gegen die Schweiz. Im Jahre 1530 empfingen 5600 wohlgerüstete Bergleute von Schwatz in Tyrol Kaiser Karl V. und führten vor ihm ein wohlgeordnetes Schein- treffen auf 1).
Der Bergleute Kriegsdienst war aber kein gezwungener, sondern ein freiwilliger. In der Hüttenberger Bergordnung vom Jahre 1424 heiſst es 2): „Item, so ein Landesfürst wider seine Freunde gläubig oder ungläubig inner- und ausserhalb des Landes zeugt, sind sie pflichtig, drei Tage vor dem Berge demselben Landesfürsten zu Hilfe zu ziehen und nicht weiter; wollt Er sie aber ferner brauchen, soll er ihnen Sold wie anderen Dienstleuten geben, sonst sind sie niemand Anderem verpflichtet, dermaſsen von dem Berge zu ziehen.“
In der Bergordnung von Call vom Jahre 1494 heiſst es, daſs die Bergleute wohl verpflichtet sein sollen zur Verteidigung des Schlosses
1) Sperges, Tyroler Bergwerksgeschichte, S. 252.
2) Schmidt, Sammlung I, 43, 72.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0798"n="776"/><fwplace="top"type="header">Soziale Stellung der Arbeiter.</fw><lb/>
Bergherrn und dies war meistens der Landesfürst, „in Treue gebunden“.<lb/>
Neben diesem Ehrenstande genossen aber Bergleute besondere Achtung<lb/>
und Berücksichtigung wegen ihrer technischen Kenntnisse, die bei Be-<lb/>
lagerungen in groſsen Kriegsunternehmungen geradezu unentbehrlich<lb/>
waren. Thaten höchster Tapferkeit werden von Berg- und Hütten-<lb/>
leuten berichtet. Ist ja doch die Erhabenheit über die Furcht vor<lb/>
dem Tode ein Erfordernis des Berufes.</p><lb/><p>So erzählt die Sage, daſs, als die Tataren im Jahre 1115 in<lb/>
Schlesien einbrachen, die deutschen Berg- und Hüttenleute gegen sie<lb/>
auszogen. Es war die Schlacht an der Wahlstatt. Die alte grimmige<lb/>
Mähr sagt: „Keiner floh, keiner wurde gefangen, keiner blieb übrig.“<lb/>
Und dieser entschlossene Widerstand, der an die Verteidigung des<lb/>
Termopylenpasses erinnert, war von solcher Wirkung auf den über-<lb/>
legenen Feind, daſs die Tatarenhorden ihren Weg nicht fortsetzten,<lb/>
sondern sich südlich nach Ungarn wandten.</p><lb/><p>Die Freiberger Bergleute verteidigten ihre Stadt siegreich im<lb/>
Jahre 1296/97 gegen den kriegerischen Kaiser Adolph von Nassau. In<lb/>
den Kämpfen gegen die Slaven standen die deutschen Bergleute stets<lb/>
zum Reiche. So kämpften sie für Kaiser Albrecht gegen Wenzel II.<lb/>
von Böhmen im Jahre 1304 und thaten wichtige Dienste. Ebenso<lb/>
stritten sie gegen die Hussiten. Von diesen blutigen Kämpfen leben<lb/>
im Erzgebirge noch viele Erinnerungen fort. Tyroler Bergleute<lb/>
bildeten eine besondere Abteilung im Kampfe gegen die Schweiz. Im<lb/>
Jahre 1530 empfingen 5600 wohlgerüstete Bergleute von Schwatz in<lb/>
Tyrol Kaiser Karl V. und führten vor ihm ein wohlgeordnetes Schein-<lb/>
treffen auf <noteplace="foot"n="1)">Sperges, Tyroler Bergwerksgeschichte, S. 252.</note>.</p><lb/><p>Der Bergleute Kriegsdienst war aber kein gezwungener, sondern<lb/>
ein freiwilliger. In der Hüttenberger Bergordnung vom Jahre 1424<lb/>
heiſst es <noteplace="foot"n="2)">Schmidt, Sammlung<lb/>
I, 43, 72.</note>: „Item, so ein Landesfürst wider seine Freunde gläubig<lb/>
oder ungläubig inner- und ausserhalb des Landes zeugt, sind sie<lb/>
pflichtig, <hirendition="#g">drei Tage vor dem Berge demselben Landesfürsten<lb/>
zu Hilfe zu ziehen</hi> und nicht weiter; wollt Er sie aber ferner<lb/>
brauchen, soll er ihnen Sold wie anderen Dienstleuten geben, sonst<lb/>
sind sie niemand Anderem verpflichtet, dermaſsen von dem Berge zu<lb/>
ziehen.“</p><lb/><p>In der Bergordnung von Call vom Jahre 1494 heiſst es, daſs die<lb/>
Bergleute wohl verpflichtet sein sollen zur Verteidigung des Schlosses<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[776/0798]
Soziale Stellung der Arbeiter.
Bergherrn und dies war meistens der Landesfürst, „in Treue gebunden“.
Neben diesem Ehrenstande genossen aber Bergleute besondere Achtung
und Berücksichtigung wegen ihrer technischen Kenntnisse, die bei Be-
lagerungen in groſsen Kriegsunternehmungen geradezu unentbehrlich
waren. Thaten höchster Tapferkeit werden von Berg- und Hütten-
leuten berichtet. Ist ja doch die Erhabenheit über die Furcht vor
dem Tode ein Erfordernis des Berufes.
So erzählt die Sage, daſs, als die Tataren im Jahre 1115 in
Schlesien einbrachen, die deutschen Berg- und Hüttenleute gegen sie
auszogen. Es war die Schlacht an der Wahlstatt. Die alte grimmige
Mähr sagt: „Keiner floh, keiner wurde gefangen, keiner blieb übrig.“
Und dieser entschlossene Widerstand, der an die Verteidigung des
Termopylenpasses erinnert, war von solcher Wirkung auf den über-
legenen Feind, daſs die Tatarenhorden ihren Weg nicht fortsetzten,
sondern sich südlich nach Ungarn wandten.
Die Freiberger Bergleute verteidigten ihre Stadt siegreich im
Jahre 1296/97 gegen den kriegerischen Kaiser Adolph von Nassau. In
den Kämpfen gegen die Slaven standen die deutschen Bergleute stets
zum Reiche. So kämpften sie für Kaiser Albrecht gegen Wenzel II.
von Böhmen im Jahre 1304 und thaten wichtige Dienste. Ebenso
stritten sie gegen die Hussiten. Von diesen blutigen Kämpfen leben
im Erzgebirge noch viele Erinnerungen fort. Tyroler Bergleute
bildeten eine besondere Abteilung im Kampfe gegen die Schweiz. Im
Jahre 1530 empfingen 5600 wohlgerüstete Bergleute von Schwatz in
Tyrol Kaiser Karl V. und führten vor ihm ein wohlgeordnetes Schein-
treffen auf 1).
Der Bergleute Kriegsdienst war aber kein gezwungener, sondern
ein freiwilliger. In der Hüttenberger Bergordnung vom Jahre 1424
heiſst es 2): „Item, so ein Landesfürst wider seine Freunde gläubig
oder ungläubig inner- und ausserhalb des Landes zeugt, sind sie
pflichtig, drei Tage vor dem Berge demselben Landesfürsten
zu Hilfe zu ziehen und nicht weiter; wollt Er sie aber ferner
brauchen, soll er ihnen Sold wie anderen Dienstleuten geben, sonst
sind sie niemand Anderem verpflichtet, dermaſsen von dem Berge zu
ziehen.“
In der Bergordnung von Call vom Jahre 1494 heiſst es, daſs die
Bergleute wohl verpflichtet sein sollen zur Verteidigung des Schlosses
1) Sperges, Tyroler Bergwerksgeschichte, S. 252.
2) Schmidt, Sammlung
I, 43, 72.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 776. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/798>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.