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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Soziale Stellung der Arbeiter.

Der Grundunterschied der Stellung des deutschen Bergmannes
gegenüber dem orientalischen und römischen Bergarbeiter lag darin,
dass der deutsche als freier Mann angesehen wurde. So wenig in
Deutschland die Häuerarbeit eine Sklavenarbeit war, so wenig wurde
geduldet, ja war es denkbar, dass Verbrecher, wie bei den Römern,
zur Bergwerksarbeit verurteilt werden konnten. Dies kam im Mittel-
alter als eine Nachäfferei römischer Sitten nur ausnahmsweise vor,
und zwar bei den Germanen wohl noch seltener als bei den Slaven.
Der Polenkönig Miecislaus, der zugleich Herzog von Schlesien war,
soll allerdings in den Jahren 1175 und 1176 "ad metalla damnati" in
die Bergwerke geschickt haben.

Der deutsche Berg- und Hüttenmann wurde nicht nur als ein
freier Mann geachtet, er hatte auch das volle Recht der Freizügigkeit.
Überhaupt hatte sich der Bergwerksstand im Mittelalter bereits einen
grossen Teil derjenigen Rechte erworben, um welche heutzutage die
Arbeiter der Grossindustrie kämpfen. Sie hatten sich diese Rechte
erwerben können dadurch, dass sie auch für alle technischen und morali-
schen Anforderungen aufkamen, welche die Gesellschaft an sie stellte
und zu stellen berechtigt war.

Der Bergmann galt als ein nützliches Glied der Gesellschaft, den
die Gesamtheit zu schützen und zu erhalten verpflichtet war. So
heisst es z. B. in der alten salzburgischen Bergordnung vom Jahre 1477
(§. 58): "Die Gewerken, Berggesellen und Arbeiter sollen in allen
fürstlichen Landen beherbergt und mit Notdurft versehen werden" 1)
und in derselben Bergordnung von 1533 heisst es:

"Auch sollen die Gewerkhen, Perkhgesellen und Arbaiter für
ander in unserm Landt und zur Fürdrung unser Perkhwerch behausst,
beherbergt und mit Notdurft versehen werden."

Der Bergmann hatte das Recht des freien Geleites, und das Recht
der Freizügigkeit des Berg- und Hüttenmannes war in Deutschland
so allgemein anerkannt, dass es einen Teil des gemeinen oder des
Landrechtes bildete. Deutschland war auch darin allen übrigen
Ländern das Vorbild und die deutsche Rechtsanschauung übertrug sich
auf alle civilisirten Länder. Der Bergbau bildete im Mittelalter die
einzige Grossindustrie und wenn an einem Orte ein reiches Bergwerk
entdeckt und eröffnet wurde, so war der Zustrom von Arbeitern nach
solchem Platze ganz ähnlich, wie in unserem Jahrhundert der Zug nach
Kalifornien oder Australien. So entstanden in unwirtbaren Gegenden

1) Lori 109.
Soziale Stellung der Arbeiter.

Der Grundunterschied der Stellung des deutschen Bergmannes
gegenüber dem orientalischen und römischen Bergarbeiter lag darin,
daſs der deutsche als freier Mann angesehen wurde. So wenig in
Deutschland die Häuerarbeit eine Sklavenarbeit war, so wenig wurde
geduldet, ja war es denkbar, daſs Verbrecher, wie bei den Römern,
zur Bergwerksarbeit verurteilt werden konnten. Dies kam im Mittel-
alter als eine Nachäfferei römischer Sitten nur ausnahmsweise vor,
und zwar bei den Germanen wohl noch seltener als bei den Slaven.
Der Polenkönig Miecislaus, der zugleich Herzog von Schlesien war,
soll allerdings in den Jahren 1175 und 1176 „ad metalla damnati“ in
die Bergwerke geschickt haben.

Der deutsche Berg- und Hüttenmann wurde nicht nur als ein
freier Mann geachtet, er hatte auch das volle Recht der Freizügigkeit.
Überhaupt hatte sich der Bergwerksstand im Mittelalter bereits einen
groſsen Teil derjenigen Rechte erworben, um welche heutzutage die
Arbeiter der Groſsindustrie kämpfen. Sie hatten sich diese Rechte
erwerben können dadurch, daſs sie auch für alle technischen und morali-
schen Anforderungen aufkamen, welche die Gesellschaft an sie stellte
und zu stellen berechtigt war.

Der Bergmann galt als ein nützliches Glied der Gesellschaft, den
die Gesamtheit zu schützen und zu erhalten verpflichtet war. So
heiſst es z. B. in der alten salzburgischen Bergordnung vom Jahre 1477
(§. 58): „Die Gewerken, Berggesellen und Arbeiter sollen in allen
fürstlichen Landen beherbergt und mit Notdurft versehen werden“ 1)
und in derselben Bergordnung von 1533 heiſst es:

„Auch sollen die Gewerkhen, Perkhgesellen und Arbaiter für
ander in unserm Landt und zur Fürdrung unser Perkhwerch behauſst,
beherbergt und mit Notdurft versehen werden.“

Der Bergmann hatte das Recht des freien Geleites, und das Recht
der Freizügigkeit des Berg- und Hüttenmannes war in Deutschland
so allgemein anerkannt, daſs es einen Teil des gemeinen oder des
Landrechtes bildete. Deutschland war auch darin allen übrigen
Ländern das Vorbild und die deutsche Rechtsanschauung übertrug sich
auf alle civilisirten Länder. Der Bergbau bildete im Mittelalter die
einzige Groſsindustrie und wenn an einem Orte ein reiches Bergwerk
entdeckt und eröffnet wurde, so war der Zustrom von Arbeitern nach
solchem Platze ganz ähnlich, wie in unserem Jahrhundert der Zug nach
Kalifornien oder Australien. So entstanden in unwirtbaren Gegenden

1) Lori 109.
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[772/0794] Soziale Stellung der Arbeiter. Der Grundunterschied der Stellung des deutschen Bergmannes gegenüber dem orientalischen und römischen Bergarbeiter lag darin, daſs der deutsche als freier Mann angesehen wurde. So wenig in Deutschland die Häuerarbeit eine Sklavenarbeit war, so wenig wurde geduldet, ja war es denkbar, daſs Verbrecher, wie bei den Römern, zur Bergwerksarbeit verurteilt werden konnten. Dies kam im Mittel- alter als eine Nachäfferei römischer Sitten nur ausnahmsweise vor, und zwar bei den Germanen wohl noch seltener als bei den Slaven. Der Polenkönig Miecislaus, der zugleich Herzog von Schlesien war, soll allerdings in den Jahren 1175 und 1176 „ad metalla damnati“ in die Bergwerke geschickt haben. Der deutsche Berg- und Hüttenmann wurde nicht nur als ein freier Mann geachtet, er hatte auch das volle Recht der Freizügigkeit. Überhaupt hatte sich der Bergwerksstand im Mittelalter bereits einen groſsen Teil derjenigen Rechte erworben, um welche heutzutage die Arbeiter der Groſsindustrie kämpfen. Sie hatten sich diese Rechte erwerben können dadurch, daſs sie auch für alle technischen und morali- schen Anforderungen aufkamen, welche die Gesellschaft an sie stellte und zu stellen berechtigt war. Der Bergmann galt als ein nützliches Glied der Gesellschaft, den die Gesamtheit zu schützen und zu erhalten verpflichtet war. So heiſst es z. B. in der alten salzburgischen Bergordnung vom Jahre 1477 (§. 58): „Die Gewerken, Berggesellen und Arbeiter sollen in allen fürstlichen Landen beherbergt und mit Notdurft versehen werden“ 1) und in derselben Bergordnung von 1533 heiſst es: „Auch sollen die Gewerkhen, Perkhgesellen und Arbaiter für ander in unserm Landt und zur Fürdrung unser Perkhwerch behauſst, beherbergt und mit Notdurft versehen werden.“ Der Bergmann hatte das Recht des freien Geleites, und das Recht der Freizügigkeit des Berg- und Hüttenmannes war in Deutschland so allgemein anerkannt, daſs es einen Teil des gemeinen oder des Landrechtes bildete. Deutschland war auch darin allen übrigen Ländern das Vorbild und die deutsche Rechtsanschauung übertrug sich auf alle civilisirten Länder. Der Bergbau bildete im Mittelalter die einzige Groſsindustrie und wenn an einem Orte ein reiches Bergwerk entdeckt und eröffnet wurde, so war der Zustrom von Arbeitern nach solchem Platze ganz ähnlich, wie in unserem Jahrhundert der Zug nach Kalifornien oder Australien. So entstanden in unwirtbaren Gegenden 1) Lori 109.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 772. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/794>, abgerufen am 25.11.2024.