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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Die Germanen.
Geworden von der Feile Geschrill auf hartem Stahl;
Auch hätt ihn wohl gedauert des guten Schwertes Qual.
Da lagen nun die Späne: die schlug der weise Schmied
Mit Mehl und Milch zusammen: der Teig ihm trefflich geriet.
Da nahm er Mastvögel, die schon den dritten Tag
Auf Kost umsonst gelauert im engen Gitterhag
Und warf die schwere Speise den Hungerleidern vor:
Da frassen sie gewaltig, nicht hat begieriger Thor
Noch tapfrer eingehauen, als er für Freyja galt
Und Thrymur der Riese die Braut gefrässig schalt:
Man sah in kurzer Stunde den ganzen Trog geleert,
Und einen andern rückseits am Morgen doppelt beschwert.
Des letztern Inhalt brachte der Meister in die Glut;
Das Erz heraus zu schmelzen, schürt er das Feuer gut;
Schöpfte dann aus dem Kessel, was da von Unrat war,
Und gewann ein Eisen endlich von Schlacken lauter und klar.
Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert
Vor dem siebenten Tage ein meisterliches Schwert:
Das war erst scharf und schneidig, das war erst fest und hart,
Wie auf Erden schwerlich, ein besseres je gesehen ward.
Als nun König Neiding das schneidge Schwert ersah,
Wieder hochverwundert zu dem Schmiede sprach er da:
"O welch ein Schwert, das schufest du in so kurzer Frist?
So schwör ich, dass Wieland wohl nicht so kunstfertig ist."
"Ihr lobt es mir zu frühe wieder", sprach der Held:
"Gehn wir erst versuchen, ob es die Probe hält."
Sie gingen selbander aber an die Flut,
Wo sie gelinde strömte, wie sie in Seeen wohl thut.
Wieland da wieder eine Flocke Wolle nahm,
Wohl zwei Fuss dick, das eben aus der Presse kam,
Und warf es in die Welle, die tief und eben floss;
Dann hielt das Schwert dagegen der weise Elfengenoss,
Dass die Wolle mählich gegen die Schärfe schwamm.
Und sieh die Klinge teilte, so teilt ein Frauenkamm
Das Haar auf schönem Scheitel, das Wollenflock entzwei.
König Neiding staunte, dass ein Schwert so schneidig sei:
"Wenn es noch schärfer würde, so wär' es allzu scharf,
Ich kann es nicht erwarten, bis ich es tragen darf."
Er schwang es in den Händen, es schien ihm nicht zu schwer,
Bis endlich doch ermüdete der Arm dem Könige hehr.
Doch Wieland nahm die Wolle, durch die das Eisen fuhr;
Noch schien ihm an den Stücken nicht glatt genug die Schur.
Er sprach: "Es hat sich diesmal schon ziemlich scharf erprobt;
Doch muss es schärfer werden, bevor sein Meister es lobt."

Die Germanen.
Geworden von der Feile Geschrill auf hartem Stahl;
Auch hätt ihn wohl gedauert des guten Schwertes Qual.
Da lagen nun die Späne: die schlug der weise Schmied
Mit Mehl und Milch zusammen: der Teig ihm trefflich geriet.
Da nahm er Mastvögel, die schon den dritten Tag
Auf Kost umsonst gelauert im engen Gitterhag
Und warf die schwere Speise den Hungerleidern vor:
Da fraſsen sie gewaltig, nicht hat begieriger Thor
Noch tapfrer eingehauen, als er für Freyja galt
Und Thrymur der Riese die Braut gefräſsig schalt:
Man sah in kurzer Stunde den ganzen Trog geleert,
Und einen andern rückseits am Morgen doppelt beschwert.
Des letztern Inhalt brachte der Meister in die Glut;
Das Erz heraus zu schmelzen, schürt er das Feuer gut;
Schöpfte dann aus dem Kessel, was da von Unrat war,
Und gewann ein Eisen endlich von Schlacken lauter und klar.
Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert
Vor dem siebenten Tage ein meisterliches Schwert:
Das war erst scharf und schneidig, das war erst fest und hart,
Wie auf Erden schwerlich, ein besseres je gesehen ward.
Als nun König Neiding das schneidge Schwert ersah,
Wieder hochverwundert zu dem Schmiede sprach er da:
„O welch ein Schwert, das schufest du in so kurzer Frist?
So schwör ich, daſs Wieland wohl nicht so kunstfertig ist.“
„Ihr lobt es mir zu frühe wieder“, sprach der Held:
„Gehn wir erst versuchen, ob es die Probe hält.“
Sie gingen selbander aber an die Flut,
Wo sie gelinde strömte, wie sie in Seeen wohl thut.
Wieland da wieder eine Flocke Wolle nahm,
Wohl zwei Fuſs dick, das eben aus der Presse kam,
Und warf es in die Welle, die tief und eben floſs;
Dann hielt das Schwert dagegen der weise Elfengenoſs,
Daſs die Wolle mählich gegen die Schärfe schwamm.
Und sieh die Klinge teilte, so teilt ein Frauenkamm
Das Haar auf schönem Scheitel, das Wollenflock entzwei.
König Neiding staunte, daſs ein Schwert so schneidig sei:
„Wenn es noch schärfer würde, so wär’ es allzu scharf,
Ich kann es nicht erwarten, bis ich es tragen darf.“
Er schwang es in den Händen, es schien ihm nicht zu schwer,
Bis endlich doch ermüdete der Arm dem Könige hehr.
Doch Wieland nahm die Wolle, durch die das Eisen fuhr;
Noch schien ihm an den Stücken nicht glatt genug die Schur.
Er sprach: „Es hat sich diesmal schon ziemlich scharf erprobt;
Doch muſs es schärfer werden, bevor sein Meister es lobt.“

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[692/0714] Die Germanen. Geworden von der Feile Geschrill auf hartem Stahl; Auch hätt ihn wohl gedauert des guten Schwertes Qual. Da lagen nun die Späne: die schlug der weise Schmied Mit Mehl und Milch zusammen: der Teig ihm trefflich geriet. Da nahm er Mastvögel, die schon den dritten Tag Auf Kost umsonst gelauert im engen Gitterhag Und warf die schwere Speise den Hungerleidern vor: Da fraſsen sie gewaltig, nicht hat begieriger Thor Noch tapfrer eingehauen, als er für Freyja galt Und Thrymur der Riese die Braut gefräſsig schalt: Man sah in kurzer Stunde den ganzen Trog geleert, Und einen andern rückseits am Morgen doppelt beschwert. Des letztern Inhalt brachte der Meister in die Glut; Das Erz heraus zu schmelzen, schürt er das Feuer gut; Schöpfte dann aus dem Kessel, was da von Unrat war, Und gewann ein Eisen endlich von Schlacken lauter und klar. Als sich das erkühlte, da schuf der Degen wert Vor dem siebenten Tage ein meisterliches Schwert: Das war erst scharf und schneidig, das war erst fest und hart, Wie auf Erden schwerlich, ein besseres je gesehen ward. Als nun König Neiding das schneidge Schwert ersah, Wieder hochverwundert zu dem Schmiede sprach er da: „O welch ein Schwert, das schufest du in so kurzer Frist? So schwör ich, daſs Wieland wohl nicht so kunstfertig ist.“ „Ihr lobt es mir zu frühe wieder“, sprach der Held: „Gehn wir erst versuchen, ob es die Probe hält.“ Sie gingen selbander aber an die Flut, Wo sie gelinde strömte, wie sie in Seeen wohl thut. Wieland da wieder eine Flocke Wolle nahm, Wohl zwei Fuſs dick, das eben aus der Presse kam, Und warf es in die Welle, die tief und eben floſs; Dann hielt das Schwert dagegen der weise Elfengenoſs, Daſs die Wolle mählich gegen die Schärfe schwamm. Und sieh die Klinge teilte, so teilt ein Frauenkamm Das Haar auf schönem Scheitel, das Wollenflock entzwei. König Neiding staunte, daſs ein Schwert so schneidig sei: „Wenn es noch schärfer würde, so wär’ es allzu scharf, Ich kann es nicht erwarten, bis ich es tragen darf.“ Er schwang es in den Händen, es schien ihm nicht zu schwer, Bis endlich doch ermüdete der Arm dem Könige hehr. Doch Wieland nahm die Wolle, durch die das Eisen fuhr; Noch schien ihm an den Stücken nicht glatt genug die Schur. Er sprach: „Es hat sich diesmal schon ziemlich scharf erprobt; Doch muſs es schärfer werden, bevor sein Meister es lobt.“

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 692. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/714>, abgerufen am 22.11.2024.