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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung.

Einen höheren Zinngehalt von 15 bis 25 Proz. wählte man zur
Herstellung feiner Gussstücke, als Ornamente, Figuren, Schalen,
Schmuckgeräte, Armringe, Spangen, gegossene Münzen, zuweilen auch
für Kelt- und Pfeilspitzen. Ein absichtlicher Bleizusatz kommt bei diesen
Mischungen häufiger vor, namentlich bei denen, die nachher gefeilt, ge-
schliffen und ziseliert werden sollten, da ein Bleizusatz die Legierung
nicht nur noch leichtflüssiger, sondern auch weicher macht. Geringe
Bleizusätze sind dagegen wohl nicht als absichtliche zu betrachten,
indem weder das Zinn noch das Kupfer der Alten bleifrei zu sein
pflegte, das Zinn überdies schon vielfach durch Zusatz von Blei ver-
fälscht wurde.

Alle Bronzen schmelzen bei niedrigerer Temperatur als reines
Kupfer, und zwar liegt der Schmelzpunkt des Kanonenmetalls, das 8 Teile
Zinn enthält, bei 900° C., die Bronze, welche 13 Teile Zinn enthält, bei
835° C., die Legierung von 25 Proz. Zinngehalt bei 786° C.

Die Kunst der Alten in der Behandlung der Bronze war bewunderns-
wert. Ihre Leistungen im Erzguss sind staunenerregend sowohl durch
ihre Grossartigkeit (wir erinnern nur an das eherne Meer des Hiram
und an den Koloss von Rhodus des Lindiers Chares) als durch ihre
Feinheit. Wir finden häufig Schmuckgegenstände so zart und dünn-
wandig, dass wir kaum begreifen, wie es möglich gewesen ist, dass
das flüssige Metall die Formen ausgefüllt haben kann. In keinem
Zweige der Metallurgie haben die Alten so Grosses geleistet, als in der
Herstellung und Verarbeitung der Bronze.

Mit aus diesem Grunde haben wir diesen Gegenstand bereits in
der Einleitung mit einiger Ausführlichkeit behandeln zu müssen ge-
glaubt, zugleich auch um von vornherein unsere Stellung zu der Frage
des "Bronzezeitalters" zu präzisieren und durch Zusammenstellung
der wichtigsten Thatsachen Wiederholungen in den folgenden Kapiteln,
in denen wir noch häufig diesen Gegenstand berühren, zu vermeiden.
Nach dieser allgemeinen Betrachtung wenden wir uns spezieller zu
der Geschichte des Eisens bei den wichtigsten Kulturvölkern des
Altertums.




Beck, Geschichte des Eisens. 4
Einleitung.

Einen höheren Zinngehalt von 15 bis 25 Proz. wählte man zur
Herstellung feiner Guſsstücke, als Ornamente, Figuren, Schalen,
Schmuckgeräte, Armringe, Spangen, gegossene Münzen, zuweilen auch
für Kelt- und Pfeilspitzen. Ein absichtlicher Bleizusatz kommt bei diesen
Mischungen häufiger vor, namentlich bei denen, die nachher gefeilt, ge-
schliffen und ziseliert werden sollten, da ein Bleizusatz die Legierung
nicht nur noch leichtflüssiger, sondern auch weicher macht. Geringe
Bleizusätze sind dagegen wohl nicht als absichtliche zu betrachten,
indem weder das Zinn noch das Kupfer der Alten bleifrei zu sein
pflegte, das Zinn überdies schon vielfach durch Zusatz von Blei ver-
fälscht wurde.

Alle Bronzen schmelzen bei niedrigerer Temperatur als reines
Kupfer, und zwar liegt der Schmelzpunkt des Kanonenmetalls, das 8 Teile
Zinn enthält, bei 900° C., die Bronze, welche 13 Teile Zinn enthält, bei
835° C., die Legierung von 25 Proz. Zinngehalt bei 786° C.

Die Kunst der Alten in der Behandlung der Bronze war bewunderns-
wert. Ihre Leistungen im Erzguſs sind staunenerregend sowohl durch
ihre Groſsartigkeit (wir erinnern nur an das eherne Meer des Hiram
und an den Koloſs von Rhodus des Lindiers Chares) als durch ihre
Feinheit. Wir finden häufig Schmuckgegenstände so zart und dünn-
wandig, daſs wir kaum begreifen, wie es möglich gewesen ist, daſs
das flüssige Metall die Formen ausgefüllt haben kann. In keinem
Zweige der Metallurgie haben die Alten so Groſses geleistet, als in der
Herstellung und Verarbeitung der Bronze.

Mit aus diesem Grunde haben wir diesen Gegenstand bereits in
der Einleitung mit einiger Ausführlichkeit behandeln zu müssen ge-
glaubt, zugleich auch um von vornherein unsere Stellung zu der Frage
des „Bronzezeitalters“ zu präzisieren und durch Zusammenstellung
der wichtigsten Thatsachen Wiederholungen in den folgenden Kapiteln,
in denen wir noch häufig diesen Gegenstand berühren, zu vermeiden.
Nach dieser allgemeinen Betrachtung wenden wir uns spezieller zu
der Geschichte des Eisens bei den wichtigsten Kulturvölkern des
Altertums.




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[49/0071] Einleitung. Einen höheren Zinngehalt von 15 bis 25 Proz. wählte man zur Herstellung feiner Guſsstücke, als Ornamente, Figuren, Schalen, Schmuckgeräte, Armringe, Spangen, gegossene Münzen, zuweilen auch für Kelt- und Pfeilspitzen. Ein absichtlicher Bleizusatz kommt bei diesen Mischungen häufiger vor, namentlich bei denen, die nachher gefeilt, ge- schliffen und ziseliert werden sollten, da ein Bleizusatz die Legierung nicht nur noch leichtflüssiger, sondern auch weicher macht. Geringe Bleizusätze sind dagegen wohl nicht als absichtliche zu betrachten, indem weder das Zinn noch das Kupfer der Alten bleifrei zu sein pflegte, das Zinn überdies schon vielfach durch Zusatz von Blei ver- fälscht wurde. Alle Bronzen schmelzen bei niedrigerer Temperatur als reines Kupfer, und zwar liegt der Schmelzpunkt des Kanonenmetalls, das 8 Teile Zinn enthält, bei 900° C., die Bronze, welche 13 Teile Zinn enthält, bei 835° C., die Legierung von 25 Proz. Zinngehalt bei 786° C. Die Kunst der Alten in der Behandlung der Bronze war bewunderns- wert. Ihre Leistungen im Erzguſs sind staunenerregend sowohl durch ihre Groſsartigkeit (wir erinnern nur an das eherne Meer des Hiram und an den Koloſs von Rhodus des Lindiers Chares) als durch ihre Feinheit. Wir finden häufig Schmuckgegenstände so zart und dünn- wandig, daſs wir kaum begreifen, wie es möglich gewesen ist, daſs das flüssige Metall die Formen ausgefüllt haben kann. In keinem Zweige der Metallurgie haben die Alten so Groſses geleistet, als in der Herstellung und Verarbeitung der Bronze. Mit aus diesem Grunde haben wir diesen Gegenstand bereits in der Einleitung mit einiger Ausführlichkeit behandeln zu müssen ge- glaubt, zugleich auch um von vornherein unsere Stellung zu der Frage des „Bronzezeitalters“ zu präzisieren und durch Zusammenstellung der wichtigsten Thatsachen Wiederholungen in den folgenden Kapiteln, in denen wir noch häufig diesen Gegenstand berühren, zu vermeiden. Nach dieser allgemeinen Betrachtung wenden wir uns spezieller zu der Geschichte des Eisens bei den wichtigsten Kulturvölkern des Altertums. Beck, Geschichte des Eisens. 4

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/71>, abgerufen am 23.11.2024.