stellen. Sie trugen grobe Mäntel von schwarzer Farbe und von einer Wolle, die dem Ziegenhaar ähnelte. Bewaffnet waren sie teils mit den grossen, leichten, gallischen Schilden, teils mit geflochtenen, runden, welche die Grösse einer Aspis hatten; um die Schienbeine wickelten sie härene Gamaschen und den Kopf bedeckten sie mit ehernen Helmen, die mit purpurroten Büschen geschmückt waren. Ihre Schwerter waren zweischneidig und von ganz vortrefflichem Eisen geschmiedet, und neben diesen führten sie noch spannenlange Dolche, deren sie sich in der Schlacht im Handgemenge bedienten. Unter den Iberern waren die Lusitanier die tapfersten 1). Sie trugen kleine, aber sehr feste, aus Tiersehnen geflochtene Schilde. Diese schwangen sie im Gefecht mit grosser Schnelligkeit nach allen Rich- tungen und wussten damit sehr geschickt jedes Geschoss aufzufangen, das ihnen bestimmt war. Ihre Wurfspeere waren ganz von Eisen und hatten vorn angelartige Widerhaken; die Helme waren dieselben wie bei den Keltiberern. Sie warfen ihre Speere geschickt aus weiter Ent- fernung und waren treffliche Schützen. Beweglich und behende, waren sie auf der Flucht wie in der Verfolgung sehr schnell; dagegen be- sassen sie im Kampfe selbst gegen Gefahr und Beschwerde bei weitem nicht die Ausdauer der Keltiberer.
Von letzteren berichtet uns Diodor 2) ferner eine höchst eigen- tümliche Art gute Waffen zu machen: "Sie vergraben nämlich ge- schmiedete Eisenplatten in die Erde und lassen sie da so lange liegen, bis der Rost die schwächeren Teile mit der Zeit ausgefressen hat und nur noch die allerfestesten Teile übrig sind und daraus schmieden sie dann ihre vortrefflichen Schwerter und sonstiges Kriegszeug. Eine auf diese Weise verfertigte Waffe zerschneidet Alles, was ihr in den Weg kommt, denn weder Schild, noch Helm, noch Bein vermag dem Hiebe zu widerstehen, so vorzüglich ist das Eisen."
Vom Standpunkte unserer heutigen Eisenindustrie aus lautet dieser merkwürdige Bericht das Eisen zu verbessern fast wie ein Märchen. Betrachten wir aber die damaligen Verhältnisse, so erscheint uns ein solches Verfahren ganz plausibel. Wir wissen, dass in Japan noch heutzutage vorzügliche Schwertklingen auf solche Weise bereitet werden. Ferner ist es eine Thatsache, dass den Schmieden und selbst den Bauern wenigstens am Rhein und in der Pfalz wohlbekannt ist, dass man aus alten, ausgegrabenen, teilweise verrosteten Waffen sehr gutschneidende Werkzeuge machen kann. Wenn früher ein pfälzischer oder rheinhessischer Bauer eine Franziska fand, so trug er sie gern
1) Diodor V, 34.
2) Diodor V, 33.
Hispanien.
stellen. Sie trugen grobe Mäntel von schwarzer Farbe und von einer Wolle, die dem Ziegenhaar ähnelte. Bewaffnet waren sie teils mit den groſsen, leichten, gallischen Schilden, teils mit geflochtenen, runden, welche die Gröſse einer Aspis hatten; um die Schienbeine wickelten sie härene Gamaschen und den Kopf bedeckten sie mit ehernen Helmen, die mit purpurroten Büschen geschmückt waren. Ihre Schwerter waren zweischneidig und von ganz vortrefflichem Eisen geschmiedet, und neben diesen führten sie noch spannenlange Dolche, deren sie sich in der Schlacht im Handgemenge bedienten. Unter den Iberern waren die Lusitanier die tapfersten 1). Sie trugen kleine, aber sehr feste, aus Tiersehnen geflochtene Schilde. Diese schwangen sie im Gefecht mit groſser Schnelligkeit nach allen Rich- tungen und wuſsten damit sehr geschickt jedes Geschoſs aufzufangen, das ihnen bestimmt war. Ihre Wurfspeere waren ganz von Eisen und hatten vorn angelartige Widerhaken; die Helme waren dieselben wie bei den Keltiberern. Sie warfen ihre Speere geschickt aus weiter Ent- fernung und waren treffliche Schützen. Beweglich und behende, waren sie auf der Flucht wie in der Verfolgung sehr schnell; dagegen be- saſsen sie im Kampfe selbst gegen Gefahr und Beschwerde bei weitem nicht die Ausdauer der Keltiberer.
Von letzteren berichtet uns Diodor 2) ferner eine höchst eigen- tümliche Art gute Waffen zu machen: „Sie vergraben nämlich ge- schmiedete Eisenplatten in die Erde und lassen sie da so lange liegen, bis der Rost die schwächeren Teile mit der Zeit ausgefressen hat und nur noch die allerfestesten Teile übrig sind und daraus schmieden sie dann ihre vortrefflichen Schwerter und sonstiges Kriegszeug. Eine auf diese Weise verfertigte Waffe zerschneidet Alles, was ihr in den Weg kommt, denn weder Schild, noch Helm, noch Bein vermag dem Hiebe zu widerstehen, so vorzüglich ist das Eisen.“
Vom Standpunkte unserer heutigen Eisenindustrie aus lautet dieser merkwürdige Bericht das Eisen zu verbessern fast wie ein Märchen. Betrachten wir aber die damaligen Verhältnisse, so erscheint uns ein solches Verfahren ganz plausibel. Wir wissen, daſs in Japan noch heutzutage vorzügliche Schwertklingen auf solche Weise bereitet werden. Ferner ist es eine Thatsache, daſs den Schmieden und selbst den Bauern wenigstens am Rhein und in der Pfalz wohlbekannt ist, daſs man aus alten, ausgegrabenen, teilweise verrosteten Waffen sehr gutschneidende Werkzeuge machen kann. Wenn früher ein pfälzischer oder rheinhessischer Bauer eine Franziska fand, so trug er sie gern
1) Diodor V, 34.
2) Diodor V, 33.
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groſsen, leichten, gallischen Schilden, teils mit geflochtenen, runden,
welche die Gröſse einer Aspis hatten; um die Schienbeine wickelten
sie härene Gamaschen und den Kopf bedeckten sie mit ehernen
Helmen, die mit purpurroten Büschen geschmückt waren. Ihre
Schwerter waren zweischneidig und von ganz vortrefflichem
Eisen geschmiedet, und neben diesen führten sie noch spannenlange
Dolche, deren sie sich in der Schlacht im Handgemenge bedienten.
Unter den Iberern waren die Lusitanier die tapfersten 1). Sie trugen
kleine, aber sehr feste, aus Tiersehnen geflochtene Schilde. Diese
schwangen sie im Gefecht mit groſser Schnelligkeit nach allen Rich-
tungen und wuſsten damit sehr geschickt jedes Geschoſs aufzufangen,
das ihnen bestimmt war. Ihre Wurfspeere waren ganz von Eisen und
hatten vorn angelartige Widerhaken; die Helme waren dieselben wie
bei den Keltiberern. Sie warfen ihre Speere geschickt aus weiter Ent-
fernung und waren treffliche Schützen. Beweglich und behende, waren
sie auf der Flucht wie in der Verfolgung sehr schnell; dagegen be-
saſsen sie im Kampfe selbst gegen Gefahr und Beschwerde bei weitem
nicht die Ausdauer der Keltiberer.
Von letzteren berichtet uns Diodor 2) ferner eine höchst eigen-
tümliche Art gute Waffen zu machen: „Sie vergraben nämlich ge-
schmiedete Eisenplatten in die Erde und lassen sie da so lange liegen,
bis der Rost die schwächeren Teile mit der Zeit ausgefressen hat und
nur noch die allerfestesten Teile übrig sind und daraus schmieden sie
dann ihre vortrefflichen Schwerter und sonstiges Kriegszeug. Eine auf
diese Weise verfertigte Waffe zerschneidet Alles, was ihr in den Weg
kommt, denn weder Schild, noch Helm, noch Bein vermag dem Hiebe
zu widerstehen, so vorzüglich ist das Eisen.“
Vom Standpunkte unserer heutigen Eisenindustrie aus lautet dieser
merkwürdige Bericht das Eisen zu verbessern fast wie ein Märchen.
Betrachten wir aber die damaligen Verhältnisse, so erscheint uns ein
solches Verfahren ganz plausibel. Wir wissen, daſs in Japan noch
heutzutage vorzügliche Schwertklingen auf solche Weise bereitet
werden. Ferner ist es eine Thatsache, daſs den Schmieden und selbst
den Bauern wenigstens am Rhein und in der Pfalz wohlbekannt ist,
daſs man aus alten, ausgegrabenen, teilweise verrosteten Waffen sehr
gutschneidende Werkzeuge machen kann. Wenn früher ein pfälzischer
oder rheinhessischer Bauer eine Franziska fand, so trug er sie gern
1) Diodor V, 34.
2) Diodor V, 33.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/673>, abgerufen am 22.11.2024.
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