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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung zum Mittelalter.
mehreren Stadien und legen auch Querstollen an und vielfach gewun-
dene Gänge, um das Metall zu gewinnen und fördern so die Stufen aus
der Tiefe an das Tageslicht, welche ihren Gewinn einschliessen.

Sehr gross ist also der Unterschied, wenn man diese Bergwerke
mit denen in Attika vergleicht. Diejenigen nämlich, welche in Attika
den Grubenbau betreiben und grosse Summen darauf verwenden, ge-
winnen nicht nur das nicht, was sie zu gewinnen hofften, sondern
verloren auch oft noch das, was sie hatten, so dass es ihnen ging, wie
es in jenem Rätsel heisst 1). Die aber in Spanien den Bergbau betreiben,
gewinnen aus dieser Arbeit grosse Schätze, denn schon ihre ersten Ver-
suche werfen bei der so überaus glücklichen Beschaffenheit des Bodens
Gewinn ab und je tiefer sie in die Erde eindringen, um so glänzendere,
von Silber und Gold strotzende Adern finden sie; denn der Boden ist
nach allen Seiten hin von vielfach verschlungenen Metallgängen durch-
zogen. Manchmal stossen sie auch in der Tiefe auf unterirdische,
fliessende Gewässer, aber sie wissen ihrer Herr zu werden, indem sie
ihren Lauf ableiten, wenn er auf ihre Querstollen trifft; denn da die
Hoffnung auf Gewinn sie nicht täuscht, so fühlen sie sich gedrängt,
das begonnene Unternehmen bis zu Ende durchzuführen. Und was
das Wunderbarste ist, sie schöpfen die Wasserströme mit den so-
genannten ägyptischen Schrauben aus, welche der Syrakusaner Archi-
medes erfand, als er sich in Ägypten aufhielt. Vermittelst dieser
Maschinen heben sie das Wasser in einem Zuge immer höher und
höher bis zur Mündung des Schachtes, wodurch die Grube, wo eben
gebaut wird, trocken gelegt und zur Fortsetzung der Arbeit geschickt
gemacht wird. So überaus künstlich ist diese Maschine, dass eine
unendliche Menge Wassers durch sehr unbedeutende Arbeit wunder-
barerweise in die Höhe gehoben und der ganze Wasserstrom mit
leichter Mühe aus der Tiefe an die Oberfläche hinausgepumpt wird.
Mit Recht bewundert man den Scharfsinn des Künstlers und zwar
nicht nur bei dieser, sondern auch bei vielen anderen und noch wichti-
geren Erfindungen, die über die ganze Erde berühmt sind.

Die Arbeiter in diesen Bergwerken gewinnen ihren Herren ganz
unglaubliche Reichtümer, sie selbst aber müssen Tag und Nacht in
den Gruben unter der Erde ihren Körper aufreiben, und viele von

1) Gemeint ist das Rätsel von den Fischerknaben (Herodot cap. 35), welche
ausrufen: "Was wir gefangen haben, haben wir zurückgelassen, was wir nicht
gefangen, bringen wir mit."
Übrigens ist diese ganze Stelle aus dem Posidonius ausgeschrieben und
wiederholt sich in der Schilderung Strabos, der seine Quelle angiebt, weiter unten.

Einleitung zum Mittelalter.
mehreren Stadien und legen auch Querstollen an und vielfach gewun-
dene Gänge, um das Metall zu gewinnen und fördern so die Stufen aus
der Tiefe an das Tageslicht, welche ihren Gewinn einschlieſsen.

Sehr groſs ist also der Unterschied, wenn man diese Bergwerke
mit denen in Attika vergleicht. Diejenigen nämlich, welche in Attika
den Grubenbau betreiben und groſse Summen darauf verwenden, ge-
winnen nicht nur das nicht, was sie zu gewinnen hofften, sondern
verloren auch oft noch das, was sie hatten, so daſs es ihnen ging, wie
es in jenem Rätsel heiſst 1). Die aber in Spanien den Bergbau betreiben,
gewinnen aus dieser Arbeit groſse Schätze, denn schon ihre ersten Ver-
suche werfen bei der so überaus glücklichen Beschaffenheit des Bodens
Gewinn ab und je tiefer sie in die Erde eindringen, um so glänzendere,
von Silber und Gold strotzende Adern finden sie; denn der Boden ist
nach allen Seiten hin von vielfach verschlungenen Metallgängen durch-
zogen. Manchmal stoſsen sie auch in der Tiefe auf unterirdische,
flieſsende Gewässer, aber sie wissen ihrer Herr zu werden, indem sie
ihren Lauf ableiten, wenn er auf ihre Querstollen trifft; denn da die
Hoffnung auf Gewinn sie nicht täuscht, so fühlen sie sich gedrängt,
das begonnene Unternehmen bis zu Ende durchzuführen. Und was
das Wunderbarste ist, sie schöpfen die Wasserströme mit den so-
genannten ägyptischen Schrauben aus, welche der Syrakusaner Archi-
medes erfand, als er sich in Ägypten aufhielt. Vermittelst dieser
Maschinen heben sie das Wasser in einem Zuge immer höher und
höher bis zur Mündung des Schachtes, wodurch die Grube, wo eben
gebaut wird, trocken gelegt und zur Fortsetzung der Arbeit geschickt
gemacht wird. So überaus künstlich ist diese Maschine, daſs eine
unendliche Menge Wassers durch sehr unbedeutende Arbeit wunder-
barerweise in die Höhe gehoben und der ganze Wasserstrom mit
leichter Mühe aus der Tiefe an die Oberfläche hinausgepumpt wird.
Mit Recht bewundert man den Scharfsinn des Künstlers und zwar
nicht nur bei dieser, sondern auch bei vielen anderen und noch wichti-
geren Erfindungen, die über die ganze Erde berühmt sind.

Die Arbeiter in diesen Bergwerken gewinnen ihren Herren ganz
unglaubliche Reichtümer, sie selbst aber müssen Tag und Nacht in
den Gruben unter der Erde ihren Körper aufreiben, und viele von

1) Gemeint ist das Rätsel von den Fischerknaben (Herodot cap. 35), welche
ausrufen: „Was wir gefangen haben, haben wir zurückgelassen, was wir nicht
gefangen, bringen wir mit.“
Übrigens ist diese ganze Stelle aus dem Posidonius ausgeschrieben und
wiederholt sich in der Schilderung Strabos, der seine Quelle angiebt, weiter unten.
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[646/0668] Einleitung zum Mittelalter. mehreren Stadien und legen auch Querstollen an und vielfach gewun- dene Gänge, um das Metall zu gewinnen und fördern so die Stufen aus der Tiefe an das Tageslicht, welche ihren Gewinn einschlieſsen. Sehr groſs ist also der Unterschied, wenn man diese Bergwerke mit denen in Attika vergleicht. Diejenigen nämlich, welche in Attika den Grubenbau betreiben und groſse Summen darauf verwenden, ge- winnen nicht nur das nicht, was sie zu gewinnen hofften, sondern verloren auch oft noch das, was sie hatten, so daſs es ihnen ging, wie es in jenem Rätsel heiſst 1). Die aber in Spanien den Bergbau betreiben, gewinnen aus dieser Arbeit groſse Schätze, denn schon ihre ersten Ver- suche werfen bei der so überaus glücklichen Beschaffenheit des Bodens Gewinn ab und je tiefer sie in die Erde eindringen, um so glänzendere, von Silber und Gold strotzende Adern finden sie; denn der Boden ist nach allen Seiten hin von vielfach verschlungenen Metallgängen durch- zogen. Manchmal stoſsen sie auch in der Tiefe auf unterirdische, flieſsende Gewässer, aber sie wissen ihrer Herr zu werden, indem sie ihren Lauf ableiten, wenn er auf ihre Querstollen trifft; denn da die Hoffnung auf Gewinn sie nicht täuscht, so fühlen sie sich gedrängt, das begonnene Unternehmen bis zu Ende durchzuführen. Und was das Wunderbarste ist, sie schöpfen die Wasserströme mit den so- genannten ägyptischen Schrauben aus, welche der Syrakusaner Archi- medes erfand, als er sich in Ägypten aufhielt. Vermittelst dieser Maschinen heben sie das Wasser in einem Zuge immer höher und höher bis zur Mündung des Schachtes, wodurch die Grube, wo eben gebaut wird, trocken gelegt und zur Fortsetzung der Arbeit geschickt gemacht wird. So überaus künstlich ist diese Maschine, daſs eine unendliche Menge Wassers durch sehr unbedeutende Arbeit wunder- barerweise in die Höhe gehoben und der ganze Wasserstrom mit leichter Mühe aus der Tiefe an die Oberfläche hinausgepumpt wird. Mit Recht bewundert man den Scharfsinn des Künstlers und zwar nicht nur bei dieser, sondern auch bei vielen anderen und noch wichti- geren Erfindungen, die über die ganze Erde berühmt sind. Die Arbeiter in diesen Bergwerken gewinnen ihren Herren ganz unglaubliche Reichtümer, sie selbst aber müssen Tag und Nacht in den Gruben unter der Erde ihren Körper aufreiben, und viele von 1) Gemeint ist das Rätsel von den Fischerknaben (Herodot cap. 35), welche ausrufen: „Was wir gefangen haben, haben wir zurückgelassen, was wir nicht gefangen, bringen wir mit.“ Übrigens ist diese ganze Stelle aus dem Posidonius ausgeschrieben und wiederholt sich in der Schilderung Strabos, der seine Quelle angiebt, weiter unten.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/668>, abgerufen am 22.11.2024.