wiegt. Die Ablagerung selbst setzt sich unterhalb des alten Kirch- dorfes fort, wo man beim Auswerfen von Fundamenten oder anderer Grabenarbeit häufig auf ähnliche Kulturreste stösst.
Die Topfscherben in diesen Ablagerungen sind durchgängig von sehr primitiver Beschaffenheit. Nur mässig stark gebrannt und dick- wandig, zeigen sie ganz gewöhnliche Formen, und ausser einigen will- kürlich eingeritzten Linien oder mittels der Fingerkuppe auf dem oberen Rande hervorgebrachten Eindrücken auch nicht die geringste Spur von Verzierung. Offenbar sind es Bruchstücke von Gebrauchs- gefässen verschiedener Art, unter denen, wie die Schweifung einzelner Stücke erkennen lässt, flache Schalen mit einem Durchmesser von mindestens 1 m vorkamen. Auffallend und anderweitig kaum be- obachtet, sind die Scherben von sehr dicken, mutmasslich als Koch- geschirr verwendeten Gefässen aus einem so stark mit Asche versetzten Thon, dass die Masse ein ganz bimssteinartiges Ansehen erhielt. Die aufgefundenen Steingeräte bestanden aus einem durchbohrten Hammer, einigen geschliffenen Keilen und mehreren sogenannten Feuerstein- messern; die eisernen Gegenstände in einigen geraden Messern von verschiedener Grösse und dem Bruchstück einer Schafschere."
Die hier gefundenen Schlacken lassen sich von denen des Witzen- bruchs auf den ersten Blick unterscheiden. Anstatt nämlich, wie diese, eine kompakte Masse mit schlichter, ebener Oberfläche -- das Er- starrungsprodukt aus einem dünnflüssigen Zustande -- zu bilden, zeigen die Leineschlacken durchweg höchst eigentümliche, wurm- oder trauben- förmige Bildungen, die nur dadurch entstehen konnten, dass die glühende Schlackenmasse als zäher, dickflüssiger Brei langsam aus dem Stichloch abtropfte und erstarrte. Ohne Zweifel sind daher die Schlacken des Witzenbruchs von jüngerem Datum als die unserigen; dort wurde, so schliessen wir, bereits die Stückofenwirtschaft mit ver- hältnismässig kräftiger Ventilation betrieben, während an der Leine das Eisen nur erst in flachen Gruben und mit schwachem Blasebalg verhüttet wurde.
Die auf Hostmann's Veranlassung im Laboratorium der tech- tischen Hochschule zu Hannover durch Herrn W. Haberland mit den Leineschlacken angestellte Analyse ergab folgende Zusammensetzung:
Einleitung zum Mittelalter.
wiegt. Die Ablagerung selbst setzt sich unterhalb des alten Kirch- dorfes fort, wo man beim Auswerfen von Fundamenten oder anderer Grabenarbeit häufig auf ähnliche Kulturreste stöſst.
Die Topfscherben in diesen Ablagerungen sind durchgängig von sehr primitiver Beschaffenheit. Nur mäſsig stark gebrannt und dick- wandig, zeigen sie ganz gewöhnliche Formen, und auſser einigen will- kürlich eingeritzten Linien oder mittels der Fingerkuppe auf dem oberen Rande hervorgebrachten Eindrücken auch nicht die geringste Spur von Verzierung. Offenbar sind es Bruchstücke von Gebrauchs- gefäſsen verschiedener Art, unter denen, wie die Schweifung einzelner Stücke erkennen läſst, flache Schalen mit einem Durchmesser von mindestens 1 m vorkamen. Auffallend und anderweitig kaum be- obachtet, sind die Scherben von sehr dicken, mutmaſslich als Koch- geschirr verwendeten Gefäſsen aus einem so stark mit Asche versetzten Thon, daſs die Masse ein ganz bimssteinartiges Ansehen erhielt. Die aufgefundenen Steingeräte bestanden aus einem durchbohrten Hammer, einigen geschliffenen Keilen und mehreren sogenannten Feuerstein- messern; die eisernen Gegenstände in einigen geraden Messern von verschiedener Gröſse und dem Bruchstück einer Schafschere.“
Die hier gefundenen Schlacken lassen sich von denen des Witzen- bruchs auf den ersten Blick unterscheiden. Anstatt nämlich, wie diese, eine kompakte Masse mit schlichter, ebener Oberfläche — das Er- starrungsprodukt aus einem dünnflüssigen Zustande — zu bilden, zeigen die Leineschlacken durchweg höchst eigentümliche, wurm- oder trauben- förmige Bildungen, die nur dadurch entstehen konnten, daſs die glühende Schlackenmasse als zäher, dickflüssiger Brei langsam aus dem Stichloch abtropfte und erstarrte. Ohne Zweifel sind daher die Schlacken des Witzenbruchs von jüngerem Datum als die unserigen; dort wurde, so schlieſsen wir, bereits die Stückofenwirtschaft mit ver- hältnismäſsig kräftiger Ventilation betrieben, während an der Leine das Eisen nur erst in flachen Gruben und mit schwachem Blasebalg verhüttet wurde.
Die auf Hostmann’s Veranlassung im Laboratorium der tech- tischen Hochschule zu Hannover durch Herrn W. Haberland mit den Leineschlacken angestellte Analyse ergab folgende Zusammensetzung:
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Einleitung zum Mittelalter.
wiegt. Die Ablagerung selbst setzt sich unterhalb des alten Kirch-
dorfes fort, wo man beim Auswerfen von Fundamenten oder anderer
Grabenarbeit häufig auf ähnliche Kulturreste stöſst.
Die Topfscherben in diesen Ablagerungen sind durchgängig von
sehr primitiver Beschaffenheit. Nur mäſsig stark gebrannt und dick-
wandig, zeigen sie ganz gewöhnliche Formen, und auſser einigen will-
kürlich eingeritzten Linien oder mittels der Fingerkuppe auf dem
oberen Rande hervorgebrachten Eindrücken auch nicht die geringste
Spur von Verzierung. Offenbar sind es Bruchstücke von Gebrauchs-
gefäſsen verschiedener Art, unter denen, wie die Schweifung einzelner
Stücke erkennen läſst, flache Schalen mit einem Durchmesser von
mindestens 1 m vorkamen. Auffallend und anderweitig kaum be-
obachtet, sind die Scherben von sehr dicken, mutmaſslich als Koch-
geschirr verwendeten Gefäſsen aus einem so stark mit Asche versetzten
Thon, daſs die Masse ein ganz bimssteinartiges Ansehen erhielt. Die
aufgefundenen Steingeräte bestanden aus einem durchbohrten Hammer,
einigen geschliffenen Keilen und mehreren sogenannten Feuerstein-
messern; die eisernen Gegenstände in einigen geraden Messern von
verschiedener Gröſse und dem Bruchstück einer Schafschere.“
Die hier gefundenen Schlacken lassen sich von denen des Witzen-
bruchs auf den ersten Blick unterscheiden. Anstatt nämlich, wie diese,
eine kompakte Masse mit schlichter, ebener Oberfläche — das Er-
starrungsprodukt aus einem dünnflüssigen Zustande — zu bilden, zeigen
die Leineschlacken durchweg höchst eigentümliche, wurm- oder trauben-
förmige Bildungen, die nur dadurch entstehen konnten, daſs die
glühende Schlackenmasse als zäher, dickflüssiger Brei langsam aus
dem Stichloch abtropfte und erstarrte. Ohne Zweifel sind daher die
Schlacken des Witzenbruchs von jüngerem Datum als die unserigen;
dort wurde, so schlieſsen wir, bereits die Stückofenwirtschaft mit ver-
hältnismäſsig kräftiger Ventilation betrieben, während an der Leine
das Eisen nur erst in flachen Gruben und mit schwachem Blasebalg
verhüttet wurde.
Die auf Hostmann’s Veranlassung im Laboratorium der tech-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 638. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/660>, abgerufen am 22.11.2024.
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