mit schweren Eisenschlägeln und Stahlmeisseln beinahe 1/2 Stunde arbeiteten, konnten kaum den sechsten Teil davon abtrennen. Es musste demnach dieses harte und zähe Rohmaterial ein vorzügliches Schmiedeeisen geben, das, wie die gefundenen Eisenbarren, in die Welt geschickt wurde. Solche schwere, vierkantige, zu beiden Seiten in lange, dünne Spitzen hinausgeschmiedete Eisenstücke, die man für Eisenbarren hält, sah ich in den Museen zu Mainz, Hamburg, Kiel und Christiania.
Wenn wir nun nach der Ursache forschen, warum die Schmiede diese schauerliche, in einer damals gewiss schwer zugänglichen Wildnis ausser allem Verkehr gelegene Höhle zu ihrer Werkstätte erwählten, insbesondere da dem Transporte so grosser, schwerer Gegenstände, wie das Rohmaterial, die Barren, die schweren Eisenhämmer, die Werk- zeuge aus weiter Ferne grosse Hindernisse entgegenstanden, so kommen wir zur Überzeugung, dass der Grund hiervon die Nähe der oberhalb der Byciskalahöhle gelegenen Luppenschmelzereien bei Rudic und Habruvka gewesen ist, um das da erzeugte Produkt an Ort und Stelle zu verarbeiten."
Wenn wir bei dieser Beschreibung auch der lebhaften Phantasie des Verfassers entschieden Rechnung tragen müssen, so lässt sich doch nicht verkennen, dass der Inhalt der Byciskalahöhle von höchstem Interesse ist. Auch hier ist das Zusammenvorkommen von Eisen und Bronze charakteristisch. Der Verfasser konstatiert auch, dass sein Höhlenfund viel Ähnliches mit den Hallstädter Funden darbietet und dass er den Eisenschatz mit den Schmelzstätten im Rudicer Walde in Verbindung bringt, scheint nicht ungerechtfertigt. Er schreibt dem ganzen Funde ein sehr hohes Alter zu, das wahrscheinlich über das 3. Jahrhundert hinausgeht. Die Zeitbestimmung solcher Funde ist unend- lich schwer. Österreich und Deutschland sind erfüllt mit den Resten alter Eisenschmelzen. Aber nur selten findet sich irgend ein Anhalt für ihre Altersbestimmung. Man findet sie im dicksten Hochwalde, an hohen Bergen. Das Alter der darüber gewachsenen Bäume giebt wohl den Beweis, dass diese Schmelzstätten vor sehr langer Zeit betrieben worden sein müssen, in welcher Zeit, bleibt aber meist unaufgeklärt.
So verhält es sich auch mit der zerstörten Stadt auf dem Berge Hradiste bei Stradonic in der Nähe von Pilsen in Böhmen, wo über 20000 Gegenstände von Gold, Silber, Kupfer und Eisen aufgefunden wurden, ohne römische Münzen, die also der vorrömischen Zeit zu- gerechnet werden müssen. "Sehr reich sind die Bronzefunde; auch fanden sich steinerne Giessformen, sowie Schmelztiegel mit anhaftenden Bronzeschlacken. Überwiegend aber waren die Eisenfunde und es
Einleitung zum Mittelalter.
mit schweren Eisenschlägeln und Stahlmeiſseln beinahe ½ Stunde arbeiteten, konnten kaum den sechsten Teil davon abtrennen. Es muſste demnach dieses harte und zähe Rohmaterial ein vorzügliches Schmiedeeisen geben, das, wie die gefundenen Eisenbarren, in die Welt geschickt wurde. Solche schwere, vierkantige, zu beiden Seiten in lange, dünne Spitzen hinausgeschmiedete Eisenstücke, die man für Eisenbarren hält, sah ich in den Museen zu Mainz, Hamburg, Kiel und Christiania.
Wenn wir nun nach der Ursache forschen, warum die Schmiede diese schauerliche, in einer damals gewiſs schwer zugänglichen Wildnis auſser allem Verkehr gelegene Höhle zu ihrer Werkstätte erwählten, insbesondere da dem Transporte so groſser, schwerer Gegenstände, wie das Rohmaterial, die Barren, die schweren Eisenhämmer, die Werk- zeuge aus weiter Ferne groſse Hindernisse entgegenstanden, so kommen wir zur Überzeugung, daſs der Grund hiervon die Nähe der oberhalb der Byčiskálahöhle gelegenen Luppenschmelzereien bei Rudic und Habruvka gewesen ist, um das da erzeugte Produkt an Ort und Stelle zu verarbeiten.“
Wenn wir bei dieser Beschreibung auch der lebhaften Phantasie des Verfassers entschieden Rechnung tragen müssen, so läſst sich doch nicht verkennen, daſs der Inhalt der Byčiskálahöhle von höchstem Interesse ist. Auch hier ist das Zusammenvorkommen von Eisen und Bronze charakteristisch. Der Verfasser konstatiert auch, daſs sein Höhlenfund viel Ähnliches mit den Hallstädter Funden darbietet und daſs er den Eisenschatz mit den Schmelzstätten im Rudicer Walde in Verbindung bringt, scheint nicht ungerechtfertigt. Er schreibt dem ganzen Funde ein sehr hohes Alter zu, das wahrscheinlich über das 3. Jahrhundert hinausgeht. Die Zeitbestimmung solcher Funde ist unend- lich schwer. Österreich und Deutschland sind erfüllt mit den Resten alter Eisenschmelzen. Aber nur selten findet sich irgend ein Anhalt für ihre Altersbestimmung. Man findet sie im dicksten Hochwalde, an hohen Bergen. Das Alter der darüber gewachsenen Bäume giebt wohl den Beweis, daſs diese Schmelzstätten vor sehr langer Zeit betrieben worden sein müssen, in welcher Zeit, bleibt aber meist unaufgeklärt.
So verhält es sich auch mit der zerstörten Stadt auf dem Berge Hradiste bei Stradonic in der Nähe von Pilsen in Böhmen, wo über 20000 Gegenstände von Gold, Silber, Kupfer und Eisen aufgefunden wurden, ohne römische Münzen, die also der vorrömischen Zeit zu- gerechnet werden müssen. „Sehr reich sind die Bronzefunde; auch fanden sich steinerne Gieſsformen, sowie Schmelztiegel mit anhaftenden Bronzeschlacken. Überwiegend aber waren die Eisenfunde und es
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Einleitung zum Mittelalter.
mit schweren Eisenschlägeln und Stahlmeiſseln beinahe ½ Stunde
arbeiteten, konnten kaum den sechsten Teil davon abtrennen. Es
muſste demnach dieses harte und zähe Rohmaterial ein vorzügliches
Schmiedeeisen geben, das, wie die gefundenen Eisenbarren, in die Welt
geschickt wurde. Solche schwere, vierkantige, zu beiden Seiten in lange,
dünne Spitzen hinausgeschmiedete Eisenstücke, die man für Eisenbarren
hält, sah ich in den Museen zu Mainz, Hamburg, Kiel und Christiania.
Wenn wir nun nach der Ursache forschen, warum die Schmiede
diese schauerliche, in einer damals gewiſs schwer zugänglichen Wildnis
auſser allem Verkehr gelegene Höhle zu ihrer Werkstätte erwählten,
insbesondere da dem Transporte so groſser, schwerer Gegenstände, wie
das Rohmaterial, die Barren, die schweren Eisenhämmer, die Werk-
zeuge aus weiter Ferne groſse Hindernisse entgegenstanden, so kommen
wir zur Überzeugung, daſs der Grund hiervon die Nähe der oberhalb
der Byčiskálahöhle gelegenen Luppenschmelzereien bei Rudic und
Habruvka gewesen ist, um das da erzeugte Produkt an Ort und Stelle
zu verarbeiten.“
Wenn wir bei dieser Beschreibung auch der lebhaften Phantasie
des Verfassers entschieden Rechnung tragen müssen, so läſst sich doch
nicht verkennen, daſs der Inhalt der Byčiskálahöhle von höchstem
Interesse ist. Auch hier ist das Zusammenvorkommen von Eisen und
Bronze charakteristisch. Der Verfasser konstatiert auch, daſs sein
Höhlenfund viel Ähnliches mit den Hallstädter Funden darbietet und
daſs er den Eisenschatz mit den Schmelzstätten im Rudicer Walde in
Verbindung bringt, scheint nicht ungerechtfertigt. Er schreibt dem
ganzen Funde ein sehr hohes Alter zu, das wahrscheinlich über das
3. Jahrhundert hinausgeht. Die Zeitbestimmung solcher Funde ist unend-
lich schwer. Österreich und Deutschland sind erfüllt mit den Resten
alter Eisenschmelzen. Aber nur selten findet sich irgend ein Anhalt für
ihre Altersbestimmung. Man findet sie im dicksten Hochwalde, an
hohen Bergen. Das Alter der darüber gewachsenen Bäume giebt wohl
den Beweis, daſs diese Schmelzstätten vor sehr langer Zeit betrieben
worden sein müssen, in welcher Zeit, bleibt aber meist unaufgeklärt.
So verhält es sich auch mit der zerstörten Stadt auf dem Berge
Hradiste bei Stradonic in der Nähe von Pilsen in Böhmen, wo über
20000 Gegenstände von Gold, Silber, Kupfer und Eisen aufgefunden
wurden, ohne römische Münzen, die also der vorrömischen Zeit zu-
gerechnet werden müssen. „Sehr reich sind die Bronzefunde; auch
fanden sich steinerne Gieſsformen, sowie Schmelztiegel mit anhaftenden
Bronzeschlacken. Überwiegend aber waren die Eisenfunde und es
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/657>, abgerufen am 22.11.2024.
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