erz, Stückchen gebrannten Kalks, feuerfester Thon, angebrannte und nicht angebrannte Knochen von Schwein, Schaf und Rind und eine grosse Menge zerstreut liegender Topfscherben nebst zerbrochenen Röhren- und Tiegelresten."
Für den Techniker ist es wohl kaum nötig zu bemerken, dass dieser hypothetische Schmelzprozess in der beschriebenen Weise nicht stattgehabt haben konnte. Die hohlen Füsse eines Topfes, denn so sind die Tiegel abgebildet, können unmöglich gleichzeitig Düsen und Abflussröhren gewesen sein, ganz abgesehen davon, dass sich auf diese Weise überhaupt Eisenerze nicht schmelzen lassen. Dabei soll das Product immer noch Schmiedeeisen gewesen sein.
Herr Dr. Wankel bringt nun diese Eisenschlackenhalden im Rudicer Wald in Verbindung mit einem merkwürdigen Höhlenfund in nächster Nachbarschaft, der Byciskalahöhle. Wir wollen auch die Schilderung des Höhleninhalts wörtlich folgen lassen:
"Treten wir in die Höhle ein, so überrascht ein grosser imposanter Dom, der durch von oben spärlich einfallendes Tageslicht dämmerig erleuchtet wird. Es ist dieses die imposante Vorhalle zu der langen, durch die Funde aus der Renntier- und Mammutzeit interessanten Grotte, in welcher Vorhalle ich vor einigen Jahren das grosse Grab eines Häuptlings aufgeschlossen habe, der auf einem hölzernen, mit Eisen beschlagenen und durch ornamentierte Bronzebleche gezierten Wagen auf einem hier errichteten Scheiterhaufen verbrannt wurde und dem seine Weiber, Knechte und Pferde mit ins Grab folgen mussten. Rings um diesen grossen Brandschatz, die Reste dieses Scheiterhaufens, lagen über dreissig Skelette jugendlicher Frauen und einiger kräftiger Männer in allen möglichen Lagen, teils ganz, teils zerstückt mit abgehauenen Händen und zerspaltenem Kopfe, vermischt mit zerstückten Pferden, einzeln liegenden oder zu Haufen zusammen- getragenen Gold- und Bronzeschmucksachen, Armbändern, Glasperlen, Bernsteinperlen und Bronzegehängen, mit Haufen von Gefässscherben, ganzen Gefässen, Bronzekessel und gerippte Cysten, mit Bein- und Eisengeräten u. s. w. Alles dieses lag bunt durch- und übereinander- geworfen, teilweise umhüllt mit grossen Mengen verkohlten Getreides, unmittelbar auf dem geschwärzten, festgestampften lehmigen Boden der Höhle, 2 bis 3 m hoch, bedeckt mit riesigen Kalkblöcken und auf diesen geschüttetem Sand und Schotter.
Als ich die Blöcke hinwegräumen liess, fand ich unter denselben nicht nur den Brandplatz, die Skelette und prachtvolle Objekte, sondern auch im fernsten Hintergrunde der Vorhalle einen über 20 Quadrat-
Einleitung zum Mittelalter.
erz, Stückchen gebrannten Kalks, feuerfester Thon, angebrannte und nicht angebrannte Knochen von Schwein, Schaf und Rind und eine groſse Menge zerstreut liegender Topfscherben nebst zerbrochenen Röhren- und Tiegelresten.“
Für den Techniker ist es wohl kaum nötig zu bemerken, daſs dieser hypothetische Schmelzprozeſs in der beschriebenen Weise nicht stattgehabt haben konnte. Die hohlen Füſse eines Topfes, denn so sind die Tiegel abgebildet, können unmöglich gleichzeitig Düsen und Abfluſsröhren gewesen sein, ganz abgesehen davon, daſs sich auf diese Weise überhaupt Eisenerze nicht schmelzen lassen. Dabei soll das Product immer noch Schmiedeeisen gewesen sein.
Herr Dr. Wankel bringt nun diese Eisenschlackenhalden im Rudicer Wald in Verbindung mit einem merkwürdigen Höhlenfund in nächster Nachbarschaft, der Byčiskálahöhle. Wir wollen auch die Schilderung des Höhleninhalts wörtlich folgen lassen:
„Treten wir in die Höhle ein, so überrascht ein groſser imposanter Dom, der durch von oben spärlich einfallendes Tageslicht dämmerig erleuchtet wird. Es ist dieses die imposante Vorhalle zu der langen, durch die Funde aus der Renntier- und Mammutzeit interessanten Grotte, in welcher Vorhalle ich vor einigen Jahren das groſse Grab eines Häuptlings aufgeschlossen habe, der auf einem hölzernen, mit Eisen beschlagenen und durch ornamentierte Bronzebleche gezierten Wagen auf einem hier errichteten Scheiterhaufen verbrannt wurde und dem seine Weiber, Knechte und Pferde mit ins Grab folgen muſsten. Rings um diesen groſsen Brandschatz, die Reste dieses Scheiterhaufens, lagen über dreiſsig Skelette jugendlicher Frauen und einiger kräftiger Männer in allen möglichen Lagen, teils ganz, teils zerstückt mit abgehauenen Händen und zerspaltenem Kopfe, vermischt mit zerstückten Pferden, einzeln liegenden oder zu Haufen zusammen- getragenen Gold- und Bronzeschmucksachen, Armbändern, Glasperlen, Bernsteinperlen und Bronzegehängen, mit Haufen von Gefäſsscherben, ganzen Gefäſsen, Bronzekessel und gerippte Cysten, mit Bein- und Eisengeräten u. s. w. Alles dieses lag bunt durch- und übereinander- geworfen, teilweise umhüllt mit groſsen Mengen verkohlten Getreides, unmittelbar auf dem geschwärzten, festgestampften lehmigen Boden der Höhle, 2 bis 3 m hoch, bedeckt mit riesigen Kalkblöcken und auf diesen geschüttetem Sand und Schotter.
Als ich die Blöcke hinwegräumen lieſs, fand ich unter denselben nicht nur den Brandplatz, die Skelette und prachtvolle Objekte, sondern auch im fernsten Hintergrunde der Vorhalle einen über 20 Quadrat-
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Einleitung zum Mittelalter.
erz, Stückchen gebrannten Kalks, feuerfester Thon, angebrannte und
nicht angebrannte Knochen von Schwein, Schaf und Rind und eine
groſse Menge zerstreut liegender Topfscherben nebst zerbrochenen
Röhren- und Tiegelresten.“
Für den Techniker ist es wohl kaum nötig zu bemerken, daſs
dieser hypothetische Schmelzprozeſs in der beschriebenen Weise nicht
stattgehabt haben konnte. Die hohlen Füſse eines Topfes, denn so
sind die Tiegel abgebildet, können unmöglich gleichzeitig Düsen und
Abfluſsröhren gewesen sein, ganz abgesehen davon, daſs sich auf diese
Weise überhaupt Eisenerze nicht schmelzen lassen. Dabei soll das
Product immer noch Schmiedeeisen gewesen sein.
Herr Dr. Wankel bringt nun diese Eisenschlackenhalden im
Rudicer Wald in Verbindung mit einem merkwürdigen Höhlenfund in
nächster Nachbarschaft, der Byčiskálahöhle. Wir wollen auch die
Schilderung des Höhleninhalts wörtlich folgen lassen:
„Treten wir in die Höhle ein, so überrascht ein groſser imposanter
Dom, der durch von oben spärlich einfallendes Tageslicht dämmerig
erleuchtet wird. Es ist dieses die imposante Vorhalle zu der langen,
durch die Funde aus der Renntier- und Mammutzeit interessanten
Grotte, in welcher Vorhalle ich vor einigen Jahren das groſse Grab
eines Häuptlings aufgeschlossen habe, der auf einem hölzernen, mit
Eisen beschlagenen und durch ornamentierte Bronzebleche gezierten
Wagen auf einem hier errichteten Scheiterhaufen verbrannt wurde
und dem seine Weiber, Knechte und Pferde mit ins Grab folgen
muſsten. Rings um diesen groſsen Brandschatz, die Reste dieses
Scheiterhaufens, lagen über dreiſsig Skelette jugendlicher Frauen und
einiger kräftiger Männer in allen möglichen Lagen, teils ganz, teils
zerstückt mit abgehauenen Händen und zerspaltenem Kopfe, vermischt
mit zerstückten Pferden, einzeln liegenden oder zu Haufen zusammen-
getragenen Gold- und Bronzeschmucksachen, Armbändern, Glasperlen,
Bernsteinperlen und Bronzegehängen, mit Haufen von Gefäſsscherben,
ganzen Gefäſsen, Bronzekessel und gerippte Cysten, mit Bein- und
Eisengeräten u. s. w. Alles dieses lag bunt durch- und übereinander-
geworfen, teilweise umhüllt mit groſsen Mengen verkohlten Getreides,
unmittelbar auf dem geschwärzten, festgestampften lehmigen Boden
der Höhle, 2 bis 3 m hoch, bedeckt mit riesigen Kalkblöcken und auf
diesen geschüttetem Sand und Schotter.
Als ich die Blöcke hinwegräumen lieſs, fand ich unter denselben
nicht nur den Brandplatz, die Skelette und prachtvolle Objekte, sondern
auch im fernsten Hintergrunde der Vorhalle einen über 20 Quadrat-
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 632. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/654>, abgerufen am 22.11.2024.
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