des Wohlstandes für das nordwestliche Mähren. Hier war wohl das Land der Quaden, von denen Ptolemäus erzählt, dass sie bekannt seien durch ihre Eisenerzeugung. Zahlreiche Schlackenhaufen bedecken die Abhänge der Berge. Aber auch Reste uralten Tiefbaues finden sich. In dem alten Mann der Eisensteingrube von Kiritein fand man eiserne Spitzhacken von absonderlicher Gestalt, aber auch einen zerbrochenen Steinhammer. Dr. Wankel beschreibt eine uralte Eisenschmelzstätte bei den, drei Stunden nördlich von Brünn gelegenen Ortschaften Rudic und Habruvka. Das Erz ist ein thoniger Brauneisenstein, der in der dortigen oberen Juraformation vielfach zu Tage austritt. Rudic hat seinen Namen von dem slavischen ruda, Erz, Eisen, und war nach schriftlichen Überlieferungen schon vor dem 10. Jahrhundert wegen seiner Eisengewinnung berühmt 1). "Die Spuren der prähistorischen Eisenschmelzen lassen sich über ein mehr als 1 qkm weites Wald- gebiet von Rudic bis nach Hobruvka verfolgen. Vorzugsweise sind es aber drei grosse, über mehr als 100 qm sich ausbreitende Schmelz- plätze, die sich durch die vielen, isoliert stehenden Schlackenhaufen kennzeichnen. Sie liegen grösstenteils an solchen Stellen, wo Erz- lager nahe an die Oberfläche treten und daher leicht gefunden werden konnten." In dem Gebiete dieser Schlackenhalden fand Dr. Wankel viele Tiegel und Töpfe. Er nimmt deshalb an, das Erz sei in Tiegeln ausgeschmolzen worden, was aus technischen Gründen kaum glaublich erscheint. Indes wollen wir im Auszug mitteilen, was er darüber anführt:
Er unterscheidet zwei Arten der Schmelzung. Bei der älteren soll eine Gruppe kleinerer, mit Schmelzgut gefüllter Tiegel auf dem flachen Boden gestanden haben. Um diese sei Brennmaterial gehäuft worden, das man vielleicht durch einen Blasebalg anfachte und so soll das Eisen in den Tiegeln geschmolzen sein. Wie auf eine solche Weise eine genügende Temperatur entstehen konnte um Eisen zum Schmelzen zu bringen, ist schwer zu verstehen. Auch wäre auf diese Art, ge- nügende Temperatur vorausgesetzt, kein schmiedbares Eisen, sondern Gusseisen entstanden, mit dem die Alten für ihren Zweck nichts an- fangen konnten. Wankel sagt 2):
"Ich fand in dem kaum eine Viertelstunde von dem Dorfe Rudic entfernten Walde in einer Tiefe von einem drittel Meter, ganze Gruppen topfartiger Tiegel von 20 bis 25 cm Höhe, 18 bis 20 cm Breite, die mitunter an ihrer äusseren Oberfläche verschlackt waren. Sie standen
1) Wankel a. a. O. 29.
2) A. a. O. 30.
Einleitung zum Mittelalter.
des Wohlstandes für das nordwestliche Mähren. Hier war wohl das Land der Quaden, von denen Ptolemäus erzählt, daſs sie bekannt seien durch ihre Eisenerzeugung. Zahlreiche Schlackenhaufen bedecken die Abhänge der Berge. Aber auch Reste uralten Tiefbaues finden sich. In dem alten Mann der Eisensteingrube von Kiritein fand man eiserne Spitzhacken von absonderlicher Gestalt, aber auch einen zerbrochenen Steinhammer. Dr. Wankel beschreibt eine uralte Eisenschmelzstätte bei den, drei Stunden nördlich von Brünn gelegenen Ortschaften Rudic und Habruvka. Das Erz ist ein thoniger Brauneisenstein, der in der dortigen oberen Juraformation vielfach zu Tage austritt. Rudic hat seinen Namen von dem slavischen ruda, Erz, Eisen, und war nach schriftlichen Überlieferungen schon vor dem 10. Jahrhundert wegen seiner Eisengewinnung berühmt 1). „Die Spuren der prähistorischen Eisenschmelzen lassen sich über ein mehr als 1 qkm weites Wald- gebiet von Rudic bis nach Hobruvka verfolgen. Vorzugsweise sind es aber drei groſse, über mehr als 100 qm sich ausbreitende Schmelz- plätze, die sich durch die vielen, isoliert stehenden Schlackenhaufen kennzeichnen. Sie liegen gröſstenteils an solchen Stellen, wo Erz- lager nahe an die Oberfläche treten und daher leicht gefunden werden konnten.“ In dem Gebiete dieser Schlackenhalden fand Dr. Wankel viele Tiegel und Töpfe. Er nimmt deshalb an, das Erz sei in Tiegeln ausgeschmolzen worden, was aus technischen Gründen kaum glaublich erscheint. Indes wollen wir im Auszug mitteilen, was er darüber anführt:
Er unterscheidet zwei Arten der Schmelzung. Bei der älteren soll eine Gruppe kleinerer, mit Schmelzgut gefüllter Tiegel auf dem flachen Boden gestanden haben. Um diese sei Brennmaterial gehäuft worden, das man vielleicht durch einen Blasebalg anfachte und so soll das Eisen in den Tiegeln geschmolzen sein. Wie auf eine solche Weise eine genügende Temperatur entstehen konnte um Eisen zum Schmelzen zu bringen, ist schwer zu verstehen. Auch wäre auf diese Art, ge- nügende Temperatur vorausgesetzt, kein schmiedbares Eisen, sondern Guſseisen entstanden, mit dem die Alten für ihren Zweck nichts an- fangen konnten. Wankel sagt 2):
„Ich fand in dem kaum eine Viertelstunde von dem Dorfe Rudic entfernten Walde in einer Tiefe von einem drittel Meter, ganze Gruppen topfartiger Tiegel von 20 bis 25 cm Höhe, 18 bis 20 cm Breite, die mitunter an ihrer äuſseren Oberfläche verschlackt waren. Sie standen
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Einleitung zum Mittelalter.
des Wohlstandes für das nordwestliche Mähren. Hier war wohl das
Land der Quaden, von denen Ptolemäus erzählt, daſs sie bekannt seien
durch ihre Eisenerzeugung. Zahlreiche Schlackenhaufen bedecken die
Abhänge der Berge. Aber auch Reste uralten Tiefbaues finden sich. In
dem alten Mann der Eisensteingrube von Kiritein fand man eiserne
Spitzhacken von absonderlicher Gestalt, aber auch einen zerbrochenen
Steinhammer. Dr. Wankel beschreibt eine uralte Eisenschmelzstätte
bei den, drei Stunden nördlich von Brünn gelegenen Ortschaften
Rudic und Habruvka. Das Erz ist ein thoniger Brauneisenstein, der
in der dortigen oberen Juraformation vielfach zu Tage austritt. Rudic
hat seinen Namen von dem slavischen ruda, Erz, Eisen, und war nach
schriftlichen Überlieferungen schon vor dem 10. Jahrhundert wegen
seiner Eisengewinnung berühmt 1). „Die Spuren der prähistorischen
Eisenschmelzen lassen sich über ein mehr als 1 qkm weites Wald-
gebiet von Rudic bis nach Hobruvka verfolgen. Vorzugsweise sind es
aber drei groſse, über mehr als 100 qm sich ausbreitende Schmelz-
plätze, die sich durch die vielen, isoliert stehenden Schlackenhaufen
kennzeichnen. Sie liegen gröſstenteils an solchen Stellen, wo Erz-
lager nahe an die Oberfläche treten und daher leicht gefunden
werden konnten.“ In dem Gebiete dieser Schlackenhalden fand
Dr. Wankel viele Tiegel und Töpfe. Er nimmt deshalb an, das Erz
sei in Tiegeln ausgeschmolzen worden, was aus technischen Gründen
kaum glaublich erscheint. Indes wollen wir im Auszug mitteilen, was
er darüber anführt:
Er unterscheidet zwei Arten der Schmelzung. Bei der älteren
soll eine Gruppe kleinerer, mit Schmelzgut gefüllter Tiegel auf dem
flachen Boden gestanden haben. Um diese sei Brennmaterial gehäuft
worden, das man vielleicht durch einen Blasebalg anfachte und so soll
das Eisen in den Tiegeln geschmolzen sein. Wie auf eine solche Weise
eine genügende Temperatur entstehen konnte um Eisen zum Schmelzen
zu bringen, ist schwer zu verstehen. Auch wäre auf diese Art, ge-
nügende Temperatur vorausgesetzt, kein schmiedbares Eisen, sondern
Guſseisen entstanden, mit dem die Alten für ihren Zweck nichts an-
fangen konnten. Wankel sagt 2):
„Ich fand in dem kaum eine Viertelstunde von dem Dorfe Rudic
entfernten Walde in einer Tiefe von einem drittel Meter, ganze Gruppen
topfartiger Tiegel von 20 bis 25 cm Höhe, 18 bis 20 cm Breite, die
mitunter an ihrer äuſseren Oberfläche verschlackt waren. Sie standen
1) Wankel a. a. O. 29.
2) A. a. O. 30.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 629. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/651>, abgerufen am 22.11.2024.
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