publizierte 1), auf die Reste viel älterer Eisenschmelzstätten im Jura aufmerksam geworden. Er verfolgte die Spuren von 1855 bis 1864 und hatte besonders in dem letzten Jahre Gelegenheit, den ganzen Berner Jura nach allen Richtungen zu durchstreifen, wobei er zahlreiche alte Schmelzstätten, einige mit noch erhaltenen Öfen auffand. Er publizierte die Resultate seiner Untersuchung 1866 in einem Aufsatz: "De l'age du fer. Recherches sur les anciennes forges du Jura Bernois." Weitere Entdeckungen und eine eingehende Diskussion über die von ihm ver- öffentlichten Ansichten veranlassten die von uns bereits angezogene Schrift.
Die Lage der alten Schmelzstätten war, wie Hesiod es beschreibt, "im entlegenen Waldthal". In den unbewohntesten Thälern, wo noch heute nicht Feld noch Wiese, sondern Wald anzutreffen, sind sie am häufigsten. Wo sie sich im Gebiete des Ackerlandes finden, sind sie älter als die Rodung. Uralte Bergpfade und Reitwege lassen sich noch erkennen, die der vorrömischen Zeit angehören, denn bei Pierre-Pertuis bezeugt eine Inschrift, dass die Römer den alten Weg verbessert haben.
Die Wahl der Schmelzstätten war auch hier überall bedingt durch die leichte Beschaffung des Holzes, deshalb findet man sie zumeist mitten im Walde. Die Nähe eines Baches war bei weitem weniger massgebend für eine solche Anlage. Es fanden sich nur 20 an einem Wasserlauf, 200 dagegen abseits von solchen, davon manche an ein- fachen Quellen.
In späterer Zeit entstanden nicht selten an den Stellen dieser Schmelzstätten Ortschaften, Weiler oder Meiereien. Auffallend häufig kommen derartige Ansiedelungen vor, die ihre Namen von den alten römischen Bezeichnungen faberca, ferraria, faber, fornax u. s. w. her- leiten, z. B. Faverge, Ferriere, Fornet, Fornax, Montfavergier, Courfaivre (curtis fabrum); an all diesen Plätzen lassen sich alte Eisenschmelzen nachweisen. Oft finden sich alte Schmelzstätten an den Plätzen, die bei den Bewohnern im Verruf sind und nicht selten finden sie sich in der Nähe solcher Höhlen, die einstmals bewohnt gewesen sein mögen. In einer Grenzbeschreibung der Abtei Bellelay im Jura aus dem 14. Jahr- hundert, kommt der Ausdruck vor: carenna antiquarum fabricarum. Die Nähe von Eisenerzen war nur in zweiter Linie bestimmend für die Wahl des Schmelzplatzes, da der Transport des Eisenerzes, wohl in Säcken auf dem Rücken, keine Schwierigkeiten bot. Immerhin durf-
1) Notice historique statistique sur les mines, les forets et les forges de l'ancien Eveche de Bale par N. Quiquerez.
Einleitung zum Mittelalter.
publizierte 1), auf die Reste viel älterer Eisenschmelzstätten im Jura aufmerksam geworden. Er verfolgte die Spuren von 1855 bis 1864 und hatte besonders in dem letzten Jahre Gelegenheit, den ganzen Berner Jura nach allen Richtungen zu durchstreifen, wobei er zahlreiche alte Schmelzstätten, einige mit noch erhaltenen Öfen auffand. Er publizierte die Resultate seiner Untersuchung 1866 in einem Aufsatz: „De l’age du fer. Recherches sur les anciennes forges du Jura Bernois.“ Weitere Entdeckungen und eine eingehende Diskussion über die von ihm ver- öffentlichten Ansichten veranlaſsten die von uns bereits angezogene Schrift.
Die Lage der alten Schmelzstätten war, wie Hesiod es beschreibt, „im entlegenen Waldthal“. In den unbewohntesten Thälern, wo noch heute nicht Feld noch Wiese, sondern Wald anzutreffen, sind sie am häufigsten. Wo sie sich im Gebiete des Ackerlandes finden, sind sie älter als die Rodung. Uralte Bergpfade und Reitwege lassen sich noch erkennen, die der vorrömischen Zeit angehören, denn bei Pierre-Pertuis bezeugt eine Inschrift, daſs die Römer den alten Weg verbessert haben.
Die Wahl der Schmelzstätten war auch hier überall bedingt durch die leichte Beschaffung des Holzes, deshalb findet man sie zumeist mitten im Walde. Die Nähe eines Baches war bei weitem weniger maſsgebend für eine solche Anlage. Es fanden sich nur 20 an einem Wasserlauf, 200 dagegen abseits von solchen, davon manche an ein- fachen Quellen.
In späterer Zeit entstanden nicht selten an den Stellen dieser Schmelzstätten Ortschaften, Weiler oder Meiereien. Auffallend häufig kommen derartige Ansiedelungen vor, die ihre Namen von den alten römischen Bezeichnungen faberca, ferraria, faber, fornax u. s. w. her- leiten, z. B. Faverge, Ferriere, Fornet, Fornax, Montfavergier, Courfaivre (curtis fabrum); an all diesen Plätzen lassen sich alte Eisenschmelzen nachweisen. Oft finden sich alte Schmelzstätten an den Plätzen, die bei den Bewohnern im Verruf sind und nicht selten finden sie sich in der Nähe solcher Höhlen, die einstmals bewohnt gewesen sein mögen. In einer Grenzbeschreibung der Abtei Bellelay im Jura aus dem 14. Jahr- hundert, kommt der Ausdruck vor: carenna antiquarum fabricarum. Die Nähe von Eisenerzen war nur in zweiter Linie bestimmend für die Wahl des Schmelzplatzes, da der Transport des Eisenerzes, wohl in Säcken auf dem Rücken, keine Schwierigkeiten bot. Immerhin durf-
1) Notice historique statistique sur les mines, les forêts et les forges de l’ancien Evêché de Bale par N. Quiquerez.
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Einleitung zum Mittelalter.
publizierte 1), auf die Reste viel älterer Eisenschmelzstätten im Jura
aufmerksam geworden. Er verfolgte die Spuren von 1855 bis 1864 und
hatte besonders in dem letzten Jahre Gelegenheit, den ganzen Berner
Jura nach allen Richtungen zu durchstreifen, wobei er zahlreiche alte
Schmelzstätten, einige mit noch erhaltenen Öfen auffand. Er publizierte
die Resultate seiner Untersuchung 1866 in einem Aufsatz: „De l’age du
fer. Recherches sur les anciennes forges du Jura Bernois.“ Weitere
Entdeckungen und eine eingehende Diskussion über die von ihm ver-
öffentlichten Ansichten veranlaſsten die von uns bereits angezogene
Schrift.
Die Lage der alten Schmelzstätten war, wie Hesiod es beschreibt,
„im entlegenen Waldthal“. In den unbewohntesten Thälern, wo noch
heute nicht Feld noch Wiese, sondern Wald anzutreffen, sind sie am
häufigsten. Wo sie sich im Gebiete des Ackerlandes finden, sind sie
älter als die Rodung. Uralte Bergpfade und Reitwege lassen sich noch
erkennen, die der vorrömischen Zeit angehören, denn bei Pierre-Pertuis
bezeugt eine Inschrift, daſs die Römer den alten Weg verbessert haben.
Die Wahl der Schmelzstätten war auch hier überall bedingt durch
die leichte Beschaffung des Holzes, deshalb findet man sie zumeist
mitten im Walde. Die Nähe eines Baches war bei weitem weniger
maſsgebend für eine solche Anlage. Es fanden sich nur 20 an einem
Wasserlauf, 200 dagegen abseits von solchen, davon manche an ein-
fachen Quellen.
In späterer Zeit entstanden nicht selten an den Stellen dieser
Schmelzstätten Ortschaften, Weiler oder Meiereien. Auffallend häufig
kommen derartige Ansiedelungen vor, die ihre Namen von den alten
römischen Bezeichnungen faberca, ferraria, faber, fornax u. s. w. her-
leiten, z. B. Faverge, Ferriere, Fornet, Fornax, Montfavergier, Courfaivre
(curtis fabrum); an all diesen Plätzen lassen sich alte Eisenschmelzen
nachweisen. Oft finden sich alte Schmelzstätten an den Plätzen, die bei
den Bewohnern im Verruf sind und nicht selten finden sie sich in der
Nähe solcher Höhlen, die einstmals bewohnt gewesen sein mögen. In
einer Grenzbeschreibung der Abtei Bellelay im Jura aus dem 14. Jahr-
hundert, kommt der Ausdruck vor: carenna antiquarum fabricarum.
Die Nähe von Eisenerzen war nur in zweiter Linie bestimmend für
die Wahl des Schmelzplatzes, da der Transport des Eisenerzes, wohl
in Säcken auf dem Rücken, keine Schwierigkeiten bot. Immerhin durf-
1) Notice historique statistique sur les mines, les forêts et les forges de l’ancien
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 615. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/637>, abgerufen am 22.11.2024.
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