Ist auch die Zahl der in den nordischen Museen gesammelten Bronzen eine beträchtliche, so fällt doch der Mangel an Mannigfaltig- keit der Verwendung auf, namentlich wenn man einen vergleichenden Blick auf die Funde von Süd- und Mitteleuropa, z. B. auf den Fund von Hallstadt, wirft. Handwerksgeräte fehlen fast gänzlich, Acker- geräte sind kaum nachweisbar. Dagegen finden sich sonderbare Hänge- gefässe in grosser Zahl, die wahrscheinlich als Räucherbecken gedient haben und entschieden etrurischen Charakter zeigen. Dann werden die Bronzeschwerter des Nordens als besonders charakteristisch ange- führt. Dieselben Schwertformen, deren grösste Eigentümlichkeit in einem auffallend kurzen Griff besteht, finden sich auch im übrigen Europa und können durchaus nicht als spezifisch "nordisch" bezeichnet werden. Die überlegene Kunst, welche sich an diesen schöngearbeiteten, kunstvoll verzierten Klingen zeigt, deutet allerdings auf eine hohe Technik, die aber nicht in Skandinavien, sondern in etrurischen Fabriken ihre Heimat hatte. Im ganzen erscheinen diese reichdekorierten, schönen Schilfblattschwerter als Prunkwaffen, wenigstens waren sie gewiss nur Waffen der Vornehmsten. Von den Dolchen, Messern und Schildbuckeln, von den schönen Spangen, den Ringen und Diademen lässt sich dasselbe sagen. Wir haben keinen Grund, näher auf diese Technik einzugehen. Für uns ist das Wichtigste, dass der Gebrauch des Eisens, der den Nordländern schon vor der Einführung der glänzen- den Bronzewaren bekannt war, auch während dieser Bronzeperiode im Gebrauche blieb, wie durch mancherlei Funde bestätigt wird. Die Be- arbeitung der Bronzen setzt ebenfalls bereits die Anwendung von Stahlwerkzeugen voraus; dass die Punzierung und Gravierung der kunstvollen Bronzegeräte mit Bronzewerkzeugen ausgeführt sein könne, ist ebenso unmöglich, wie die Bearbeitung der grossen Granitfiguren der Ägypter mit Bronzemeisseln, wir verweisen in dieser Beziehung auf die gediegene Untersuchung Hostmanns 1). Auch würden die Nordländer, wenn sie das Eisen noch nicht gekannt hätten, von den Händlern, die ihnen die Bronze brachten, sicher auch das Eisen kennen gelernt haben, da wir bestimmt wissen, dass alle in Frage kommenden Handelsvölker in der Zeit des Beginnes der nordischen Bronzezeit das Eisen verwendeten, und mit Eisenwaffen ausgerüstet waren. Gerade daraus, dass die Skandinavier das Eisen schon kannten, lässt sich erklären, dass die Fremden ihnen mit Vorliebe oder aus- schliesslich die Bronze, die sie nicht kannten und hoch bezahlten, ver-
1) Hostmann, Zur Technik der antiken Bronzeindustrie, und Die Metallarbeiten von Mykenä (Archiv f. Anthropologie Bd. XII, S. 431 etc.).
Einleitung zum Mittelalter.
Ist auch die Zahl der in den nordischen Museen gesammelten Bronzen eine beträchtliche, so fällt doch der Mangel an Mannigfaltig- keit der Verwendung auf, namentlich wenn man einen vergleichenden Blick auf die Funde von Süd- und Mitteleuropa, z. B. auf den Fund von Hallstadt, wirft. Handwerksgeräte fehlen fast gänzlich, Acker- geräte sind kaum nachweisbar. Dagegen finden sich sonderbare Hänge- gefäſse in groſser Zahl, die wahrscheinlich als Räucherbecken gedient haben und entschieden etrurischen Charakter zeigen. Dann werden die Bronzeschwerter des Nordens als besonders charakteristisch ange- führt. Dieselben Schwertformen, deren gröſste Eigentümlichkeit in einem auffallend kurzen Griff besteht, finden sich auch im übrigen Europa und können durchaus nicht als spezifisch „nordisch“ bezeichnet werden. Die überlegene Kunst, welche sich an diesen schöngearbeiteten, kunstvoll verzierten Klingen zeigt, deutet allerdings auf eine hohe Technik, die aber nicht in Skandinavien, sondern in etrurischen Fabriken ihre Heimat hatte. Im ganzen erscheinen diese reichdekorierten, schönen Schilfblattschwerter als Prunkwaffen, wenigstens waren sie gewiſs nur Waffen der Vornehmsten. Von den Dolchen, Messern und Schildbuckeln, von den schönen Spangen, den Ringen und Diademen läſst sich dasſelbe sagen. Wir haben keinen Grund, näher auf diese Technik einzugehen. Für uns ist das Wichtigste, daſs der Gebrauch des Eisens, der den Nordländern schon vor der Einführung der glänzen- den Bronzewaren bekannt war, auch während dieser Bronzeperiode im Gebrauche blieb, wie durch mancherlei Funde bestätigt wird. Die Be- arbeitung der Bronzen setzt ebenfalls bereits die Anwendung von Stahlwerkzeugen voraus; daſs die Punzierung und Gravierung der kunstvollen Bronzegeräte mit Bronzewerkzeugen ausgeführt sein könne, ist ebenso unmöglich, wie die Bearbeitung der groſsen Granitfiguren der Ägypter mit Bronzemeiſseln, wir verweisen in dieser Beziehung auf die gediegene Untersuchung Hostmanns 1). Auch würden die Nordländer, wenn sie das Eisen noch nicht gekannt hätten, von den Händlern, die ihnen die Bronze brachten, sicher auch das Eisen kennen gelernt haben, da wir bestimmt wissen, daſs alle in Frage kommenden Handelsvölker in der Zeit des Beginnes der nordischen Bronzezeit das Eisen verwendeten, und mit Eisenwaffen ausgerüstet waren. Gerade daraus, daſs die Skandinavier das Eisen schon kannten, läſst sich erklären, daſs die Fremden ihnen mit Vorliebe oder aus- schlieſslich die Bronze, die sie nicht kannten und hoch bezahlten, ver-
1) Hostmann, Zur Technik der antiken Bronzeindustrie, und Die Metallarbeiten von Mykenä (Archiv f. Anthropologie Bd. XII, S. 431 etc.).
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Einleitung zum Mittelalter.
Ist auch die Zahl der in den nordischen Museen gesammelten
Bronzen eine beträchtliche, so fällt doch der Mangel an Mannigfaltig-
keit der Verwendung auf, namentlich wenn man einen vergleichenden
Blick auf die Funde von Süd- und Mitteleuropa, z. B. auf den Fund
von Hallstadt, wirft. Handwerksgeräte fehlen fast gänzlich, Acker-
geräte sind kaum nachweisbar. Dagegen finden sich sonderbare Hänge-
gefäſse in groſser Zahl, die wahrscheinlich als Räucherbecken gedient
haben und entschieden etrurischen Charakter zeigen. Dann werden
die Bronzeschwerter des Nordens als besonders charakteristisch ange-
führt. Dieselben Schwertformen, deren gröſste Eigentümlichkeit in
einem auffallend kurzen Griff besteht, finden sich auch im übrigen
Europa und können durchaus nicht als spezifisch „nordisch“ bezeichnet
werden. Die überlegene Kunst, welche sich an diesen schöngearbeiteten,
kunstvoll verzierten Klingen zeigt, deutet allerdings auf eine hohe
Technik, die aber nicht in Skandinavien, sondern in etrurischen Fabriken
ihre Heimat hatte. Im ganzen erscheinen diese reichdekorierten,
schönen Schilfblattschwerter als Prunkwaffen, wenigstens waren sie
gewiſs nur Waffen der Vornehmsten. Von den Dolchen, Messern und
Schildbuckeln, von den schönen Spangen, den Ringen und Diademen
läſst sich dasſelbe sagen. Wir haben keinen Grund, näher auf diese
Technik einzugehen. Für uns ist das Wichtigste, daſs der Gebrauch
des Eisens, der den Nordländern schon vor der Einführung der glänzen-
den Bronzewaren bekannt war, auch während dieser Bronzeperiode im
Gebrauche blieb, wie durch mancherlei Funde bestätigt wird. Die Be-
arbeitung der Bronzen setzt ebenfalls bereits die Anwendung von
Stahlwerkzeugen voraus; daſs die Punzierung und Gravierung der
kunstvollen Bronzegeräte mit Bronzewerkzeugen ausgeführt sein könne,
ist ebenso unmöglich, wie die Bearbeitung der groſsen Granitfiguren
der Ägypter mit Bronzemeiſseln, wir verweisen in dieser Beziehung
auf die gediegene Untersuchung Hostmanns 1). Auch würden die
Nordländer, wenn sie das Eisen noch nicht gekannt hätten, von den
Händlern, die ihnen die Bronze brachten, sicher auch das Eisen
kennen gelernt haben, da wir bestimmt wissen, daſs alle in Frage
kommenden Handelsvölker in der Zeit des Beginnes der nordischen
Bronzezeit das Eisen verwendeten, und mit Eisenwaffen ausgerüstet
waren. Gerade daraus, daſs die Skandinavier das Eisen schon kannten,
läſst sich erklären, daſs die Fremden ihnen mit Vorliebe oder aus-
schlieſslich die Bronze, die sie nicht kannten und hoch bezahlten, ver-
1) Hostmann, Zur Technik der antiken Bronzeindustrie, und Die Metallarbeiten
von Mykenä (Archiv f. Anthropologie Bd. XII, S. 431 etc.).
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 600. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/622>, abgerufen am 22.11.2024.
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