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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Einleitung zum Mittelalter.
Eisensachen von Veibye es für unmöglich erklärt hatte, dass dieselben
später hineingeraten seien, meinte er doch bald darauf 1), es sei sehr
wahrscheinlich und wohl zu beachten, dass das Eisen in jüngerer Zeit
niedergelegt und zufällig hineingefallen sei. Dieses "zufällige Hinein-
fallen" wurde von da an ein Schlagwort der nordischen Schematisten
und ist es noch heute. Ein solches Verleugnen klarer, nackter That-
sachen ist für uns aber unannehmbar und es verlohnt sich gar nicht
der Mühe, die Unhaltbarkeit dieser Behauptung im einzelnen nachzu-
weisen, denn wer zu solchen Ausflüchten greift, der will der Wahrheit
nicht ins Gesicht sehen.

Wie weit eine solche Methode, welche die "nordischen Forscher"
mit Stolz eine "wissenschaftliche" nennen, führt, erhellt zur Genüge
daraus, dass Cartailhac auf dem Londoner archäologischen Kongress
1868 ganz freimütig eingestand "es seien ihm Eisenfunde in gallischen
Gräbern mehrfach vorgekommen, doch habe er dieselben auf Anraten
Mortillets unerwähnt gelassen" 2).

In gleicher Weise haben Worsaae und Nilsson in späteren Auf-
lagen und Berichten die früher von ihnen bekannt gemachten bezüg-
lichen Thatsachen unterdrückt.

Diese Verhüllung und Verdrehung von Thatsachen der Theorie zu
Liebe sticht grell ab gegen die ruhige Unbefangenheit der früheren
nordischen Gelehrten. Die Commission der dänischen Gelehrten des
Jahres 1842 erklärte ausdrücklich: "Man darf durchaus nicht annehmen,
dass das Eisen während der Bronzezeit unbekannt war, sondern nur,
dass man es in geringerer Menge kannte und verwendete 3)." Und
Thomsen, der als der Erfinder der nordischen drei Kulturperioden zu
betrachten ist, setzte die Erbauung der Steinkammern in eine Zeit, als
die ersten Metalle nach und nach im Norden in Gebrauch kamen.

Wir glauben aus den angeführten Thatsachen folgern zu dürfen, dass
das Eisen das erste Nutzmetall war, welches die Bewohner Nordeuropas
kannten. Aus der Einfachheit und Spärlichkeit der Eisenfunde dürfen
wir allerdings schliessen, dass seine Anwendung ursprünglich beschränkt
war, dass es aber in den betreffenden Ländern selbst bereitet und nicht
durch den Handel eingeführt wurde, denn in diesem Falle würde man
analog den Bronzefunden kunstvollere Produkte erwarten müssen. Das
Eisen war in jener fernen Zeit selten und kostbar, wie dies ja nach
Tacitus' Bericht noch der Fall war, als die Römer mit den Germanen
zuerst in Berührung traten. Nun erscheint plötzlich im Norden die

1) Ann. f. n. O; 1844, S. 307.
2) Lond. Congr. 1868, S. 353.
3) Antiq.
Tidskr. 1843, S. 231.

Einleitung zum Mittelalter.
Eisensachen von Veibye es für unmöglich erklärt hatte, daſs dieselben
später hineingeraten seien, meinte er doch bald darauf 1), es sei sehr
wahrscheinlich und wohl zu beachten, daſs das Eisen in jüngerer Zeit
niedergelegt und zufällig hineingefallen sei. Dieses „zufällige Hinein-
fallen“ wurde von da an ein Schlagwort der nordischen Schematisten
und ist es noch heute. Ein solches Verleugnen klarer, nackter That-
sachen ist für uns aber unannehmbar und es verlohnt sich gar nicht
der Mühe, die Unhaltbarkeit dieser Behauptung im einzelnen nachzu-
weisen, denn wer zu solchen Ausflüchten greift, der will der Wahrheit
nicht ins Gesicht sehen.

Wie weit eine solche Methode, welche die „nordischen Forscher“
mit Stolz eine „wissenschaftliche“ nennen, führt, erhellt zur Genüge
daraus, daſs Cartailhac auf dem Londoner archäologischen Kongreſs
1868 ganz freimütig eingestand „es seien ihm Eisenfunde in gallischen
Gräbern mehrfach vorgekommen, doch habe er dieselben auf Anraten
Mortillets unerwähnt gelassen“ 2).

In gleicher Weise haben Worsaae und Nilsson in späteren Auf-
lagen und Berichten die früher von ihnen bekannt gemachten bezüg-
lichen Thatsachen unterdrückt.

Diese Verhüllung und Verdrehung von Thatsachen der Theorie zu
Liebe sticht grell ab gegen die ruhige Unbefangenheit der früheren
nordischen Gelehrten. Die Commission der dänischen Gelehrten des
Jahres 1842 erklärte ausdrücklich: „Man darf durchaus nicht annehmen,
daſs das Eisen während der Bronzezeit unbekannt war, sondern nur,
daſs man es in geringerer Menge kannte und verwendete 3).“ Und
Thomsen, der als der Erfinder der nordischen drei Kulturperioden zu
betrachten ist, setzte die Erbauung der Steinkammern in eine Zeit, als
die ersten Metalle nach und nach im Norden in Gebrauch kamen.

Wir glauben aus den angeführten Thatsachen folgern zu dürfen, daſs
das Eisen das erste Nutzmetall war, welches die Bewohner Nordeuropas
kannten. Aus der Einfachheit und Spärlichkeit der Eisenfunde dürfen
wir allerdings schlieſsen, daſs seine Anwendung ursprünglich beschränkt
war, daſs es aber in den betreffenden Ländern selbst bereitet und nicht
durch den Handel eingeführt wurde, denn in diesem Falle würde man
analog den Bronzefunden kunstvollere Produkte erwarten müssen. Das
Eisen war in jener fernen Zeit selten und kostbar, wie dies ja nach
Tacitus’ Bericht noch der Fall war, als die Römer mit den Germanen
zuerst in Berührung traten. Nun erscheint plötzlich im Norden die

1) Ann. f. n. O; 1844, S. 307.
2) Lond. Congr. 1868, S. 353.
3) Antiq.
Tidskr. 1843, S. 231.
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[596/0618] Einleitung zum Mittelalter. Eisensachen von Veibye es für unmöglich erklärt hatte, daſs dieselben später hineingeraten seien, meinte er doch bald darauf 1), es sei sehr wahrscheinlich und wohl zu beachten, daſs das Eisen in jüngerer Zeit niedergelegt und zufällig hineingefallen sei. Dieses „zufällige Hinein- fallen“ wurde von da an ein Schlagwort der nordischen Schematisten und ist es noch heute. Ein solches Verleugnen klarer, nackter That- sachen ist für uns aber unannehmbar und es verlohnt sich gar nicht der Mühe, die Unhaltbarkeit dieser Behauptung im einzelnen nachzu- weisen, denn wer zu solchen Ausflüchten greift, der will der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen. Wie weit eine solche Methode, welche die „nordischen Forscher“ mit Stolz eine „wissenschaftliche“ nennen, führt, erhellt zur Genüge daraus, daſs Cartailhac auf dem Londoner archäologischen Kongreſs 1868 ganz freimütig eingestand „es seien ihm Eisenfunde in gallischen Gräbern mehrfach vorgekommen, doch habe er dieselben auf Anraten Mortillets unerwähnt gelassen“ 2). In gleicher Weise haben Worsaae und Nilsson in späteren Auf- lagen und Berichten die früher von ihnen bekannt gemachten bezüg- lichen Thatsachen unterdrückt. Diese Verhüllung und Verdrehung von Thatsachen der Theorie zu Liebe sticht grell ab gegen die ruhige Unbefangenheit der früheren nordischen Gelehrten. Die Commission der dänischen Gelehrten des Jahres 1842 erklärte ausdrücklich: „Man darf durchaus nicht annehmen, daſs das Eisen während der Bronzezeit unbekannt war, sondern nur, daſs man es in geringerer Menge kannte und verwendete 3).“ Und Thomsen, der als der Erfinder der nordischen drei Kulturperioden zu betrachten ist, setzte die Erbauung der Steinkammern in eine Zeit, als die ersten Metalle nach und nach im Norden in Gebrauch kamen. Wir glauben aus den angeführten Thatsachen folgern zu dürfen, daſs das Eisen das erste Nutzmetall war, welches die Bewohner Nordeuropas kannten. Aus der Einfachheit und Spärlichkeit der Eisenfunde dürfen wir allerdings schlieſsen, daſs seine Anwendung ursprünglich beschränkt war, daſs es aber in den betreffenden Ländern selbst bereitet und nicht durch den Handel eingeführt wurde, denn in diesem Falle würde man analog den Bronzefunden kunstvollere Produkte erwarten müssen. Das Eisen war in jener fernen Zeit selten und kostbar, wie dies ja nach Tacitus’ Bericht noch der Fall war, als die Römer mit den Germanen zuerst in Berührung traten. Nun erscheint plötzlich im Norden die 1) Ann. f. n. O; 1844, S. 307. 2) Lond. Congr. 1868, S. 353. 3) Antiq. Tidskr. 1843, S. 231.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 596. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/618>, abgerufen am 22.11.2024.