an demselben Orte ergab ausser den Knochenfunden und einem ge- wöhnlichen Flintmesser ein Eisenstück in Form eines Messers, 21/2 Zoll lang und 3/4 Zoll breit. Mittels eines seitlichen Nagels war dasselbe befestigt an einem Holzstückchen, das vermutlich als Griff gedient hatte, aber beim Berühren sofort in Staub zerfiel 1). Worsaae fügt hinzu: "Es ist höchst merkwürdig, dass man gerade in diesen grössten Steingräbern des Kirchspieles Eisensachen finden musste, von denen, ihrer Lage nach zu urteilen, nicht angenommen werden kann, dass sie in späterer Zeit hineingekommen sind." Und trotz- dem ist es gerade Worsaae, der dem starren Schematismus zu lieb im Jahre 1854 behauptete, das Steinzeitalter hätte jeder Kenntnis der Metalle ermangelt 2).
Was nun Schweden anlangt, so sind auch dort Fälle genug bekannt geworden, wo man in charakteristischen Steingräbern Eisen, aber keine Bronze fand.
Nilsson fand in einem Gangbau Steinkisten, die nur mit Erde und Rasen überdeckt sind. Man hält sie mehr für Wohnungen, als für Grabkammern. Sie enthielten neben Steingeräten, Topfscherben, Asche und Kohlen, Eisenstücke, in jedem meist ein, selten zwei Stücke. Nilsson, der, obgleich er in der Erklärung der Bronzeperiode nicht den beschränkt patriotischen Standpunkt der jüngeren Gelehrten ein- nimmt, doch ein eifriger Verfechter eines reinen Bronzezeitalters ist, sucht dies in sehr geschraubter Weise dadurch zu erklären, dass man diese Eisenstücke erst später, um die Gespenster zu vertreiben, hinein- gethan habe 3). Diese wunderbare Theorie, dass alle diese Eisenbeigaben in die zum Teil sorgfältig verschlossenen Gräber erst nachträglich durch Zufall hineingelegt seien, ist der Rettungsanker der strengen Schematisten des Nordens geworden. Zunächst war es Danneil, der zuerst die Behauptung aufstellte, die alten Hünengräber wären später von Slaven zum zweitenmal als Begräbnisstätten benutzt worden und auf diese Art wäre das Eisen in die Grabkammern gekommen. Selbst der ehrliche Lisch atmete auf, als diese Erklärung ans Licht kam und nennt es "eine interessante Beleuchtung über die Eisenfrage". Wir sind geneigt, diese Absurdität mit einem weniger lobenden Worte zu kennzeichnen. Denn die meisten der oben erwähnten Eisenfunde entstammen Gegenden, die nie von Slaven bewohnt waren 4).
Worsaae fand den Ausweg. Obgleich er beim Auffinden der
1) Ann. f. n. O. 1839, S. 174, 176.
2) Afbildn. 6, 8.
3) Hostmann, zur Krit. der Kulturperioden, a. a. O. 194.
4) Hostmann a. a. O. Arch. f. Anthropo- logie VIII, Heft 3.
38*
Einleitung zum Mittelalter.
an demselben Orte ergab auſser den Knochenfunden und einem ge- wöhnlichen Flintmesser ein Eisenstück in Form eines Messers, 2½ Zoll lang und ¾ Zoll breit. Mittels eines seitlichen Nagels war dasſelbe befestigt an einem Holzstückchen, das vermutlich als Griff gedient hatte, aber beim Berühren sofort in Staub zerfiel 1). Worsaae fügt hinzu: „Es ist höchst merkwürdig, daſs man gerade in diesen gröſsten Steingräbern des Kirchspieles Eisensachen finden muſste, von denen, ihrer Lage nach zu urteilen, nicht angenommen werden kann, daſs sie in späterer Zeit hineingekommen sind.“ Und trotz- dem ist es gerade Worsaae, der dem starren Schematismus zu lieb im Jahre 1854 behauptete, das Steinzeitalter hätte jeder Kenntnis der Metalle ermangelt 2).
Was nun Schweden anlangt, so sind auch dort Fälle genug bekannt geworden, wo man in charakteristischen Steingräbern Eisen, aber keine Bronze fand.
Nilsson fand in einem Gangbau Steinkisten, die nur mit Erde und Rasen überdeckt sind. Man hält sie mehr für Wohnungen, als für Grabkammern. Sie enthielten neben Steingeräten, Topfscherben, Asche und Kohlen, Eisenstücke, in jedem meist ein, selten zwei Stücke. Nilsson, der, obgleich er in der Erklärung der Bronzeperiode nicht den beschränkt patriotischen Standpunkt der jüngeren Gelehrten ein- nimmt, doch ein eifriger Verfechter eines reinen Bronzezeitalters ist, sucht dies in sehr geschraubter Weise dadurch zu erklären, daſs man diese Eisenstücke erst später, um die Gespenster zu vertreiben, hinein- gethan habe 3). Diese wunderbare Theorie, daſs alle diese Eisenbeigaben in die zum Teil sorgfältig verschlossenen Gräber erst nachträglich durch Zufall hineingelegt seien, ist der Rettungsanker der strengen Schematisten des Nordens geworden. Zunächst war es Danneil, der zuerst die Behauptung aufstellte, die alten Hünengräber wären später von Slaven zum zweitenmal als Begräbnisstätten benutzt worden und auf diese Art wäre das Eisen in die Grabkammern gekommen. Selbst der ehrliche Lisch atmete auf, als diese Erklärung ans Licht kam und nennt es „eine interessante Beleuchtung über die Eisenfrage“. Wir sind geneigt, diese Absurdität mit einem weniger lobenden Worte zu kennzeichnen. Denn die meisten der oben erwähnten Eisenfunde entstammen Gegenden, die nie von Slaven bewohnt waren 4).
Worsaae fand den Ausweg. Obgleich er beim Auffinden der
1) Ann. f. n. O. 1839, S. 174, 176.
2) Afbildn. 6, 8.
3) Hostmann, zur Krit. der Kulturperioden, a. a. O. 194.
4) Hostmann a. a. O. Arch. f. Anthropo- logie VIII, Heft 3.
38*
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0617"n="595"/><fwplace="top"type="header">Einleitung zum Mittelalter.</fw><lb/>
an demselben Orte ergab auſser den Knochenfunden und einem ge-<lb/>
wöhnlichen Flintmesser ein Eisenstück in Form eines Messers, 2½ Zoll<lb/>
lang und ¾ Zoll breit. Mittels eines seitlichen Nagels war dasſelbe<lb/>
befestigt an einem Holzstückchen, das vermutlich als Griff gedient<lb/>
hatte, aber beim Berühren sofort in Staub zerfiel <noteplace="foot"n="1)">Ann. f. n. O. 1839, S. 174, 176.</note>. Worsaae fügt<lb/>
hinzu: „Es ist höchst merkwürdig, daſs man gerade in diesen gröſsten<lb/>
Steingräbern des Kirchspieles Eisensachen finden muſste, von denen,<lb/>
ihrer Lage nach zu urteilen, <hirendition="#g">nicht angenommen werden kann,<lb/>
daſs sie in späterer Zeit hineingekommen sind</hi>.“ Und trotz-<lb/>
dem ist es gerade Worsaae, der dem starren Schematismus zu lieb im<lb/>
Jahre 1854 behauptete, das Steinzeitalter hätte jeder Kenntnis der<lb/>
Metalle ermangelt <noteplace="foot"n="2)">Afbildn. 6, 8.</note>.</p><lb/><p>Was nun <hirendition="#g">Schweden</hi> anlangt, so sind auch dort Fälle genug<lb/>
bekannt geworden, wo man in charakteristischen Steingräbern Eisen,<lb/>
aber keine Bronze fand.</p><lb/><p>Nilsson fand in einem Gangbau Steinkisten, die nur mit Erde<lb/>
und Rasen überdeckt sind. Man hält sie mehr für Wohnungen, als<lb/>
für Grabkammern. Sie enthielten neben Steingeräten, Topfscherben,<lb/>
Asche und Kohlen, Eisenstücke, in jedem meist ein, selten zwei Stücke.<lb/>
Nilsson, der, obgleich er in der Erklärung der Bronzeperiode nicht<lb/>
den beschränkt patriotischen Standpunkt der jüngeren Gelehrten ein-<lb/>
nimmt, doch ein eifriger Verfechter eines reinen Bronzezeitalters ist,<lb/>
sucht dies in sehr geschraubter Weise dadurch zu erklären, daſs man<lb/>
diese Eisenstücke erst später, um die Gespenster zu vertreiben, hinein-<lb/>
gethan habe <noteplace="foot"n="3)">Hostmann, zur<lb/>
Krit. der Kulturperioden, a. a. O. 194.</note>. Diese wunderbare Theorie, daſs alle diese Eisenbeigaben<lb/>
in die zum Teil sorgfältig verschlossenen Gräber erst nachträglich<lb/>
durch Zufall hineingelegt seien, ist der Rettungsanker der strengen<lb/>
Schematisten des Nordens geworden. Zunächst war es Danneil, der<lb/>
zuerst die Behauptung aufstellte, die alten Hünengräber wären später<lb/>
von Slaven zum zweitenmal als Begräbnisstätten benutzt worden und<lb/>
auf diese Art wäre das Eisen in die Grabkammern gekommen. Selbst<lb/>
der ehrliche Lisch atmete auf, als diese Erklärung ans Licht kam<lb/>
und nennt es „eine interessante Beleuchtung über die Eisenfrage“.<lb/>
Wir sind geneigt, diese Absurdität mit einem weniger lobenden Worte<lb/>
zu kennzeichnen. Denn die meisten der oben erwähnten Eisenfunde<lb/>
entstammen Gegenden, die nie von Slaven bewohnt waren <noteplace="foot"n="4)">Hostmann a. a. O. Arch. f. Anthropo-<lb/>
logie VIII, Heft 3.</note>.</p><lb/><p>Worsaae fand den Ausweg. Obgleich er beim Auffinden der<lb/><fwplace="bottom"type="sig">38*</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[595/0617]
Einleitung zum Mittelalter.
an demselben Orte ergab auſser den Knochenfunden und einem ge-
wöhnlichen Flintmesser ein Eisenstück in Form eines Messers, 2½ Zoll
lang und ¾ Zoll breit. Mittels eines seitlichen Nagels war dasſelbe
befestigt an einem Holzstückchen, das vermutlich als Griff gedient
hatte, aber beim Berühren sofort in Staub zerfiel 1). Worsaae fügt
hinzu: „Es ist höchst merkwürdig, daſs man gerade in diesen gröſsten
Steingräbern des Kirchspieles Eisensachen finden muſste, von denen,
ihrer Lage nach zu urteilen, nicht angenommen werden kann,
daſs sie in späterer Zeit hineingekommen sind.“ Und trotz-
dem ist es gerade Worsaae, der dem starren Schematismus zu lieb im
Jahre 1854 behauptete, das Steinzeitalter hätte jeder Kenntnis der
Metalle ermangelt 2).
Was nun Schweden anlangt, so sind auch dort Fälle genug
bekannt geworden, wo man in charakteristischen Steingräbern Eisen,
aber keine Bronze fand.
Nilsson fand in einem Gangbau Steinkisten, die nur mit Erde
und Rasen überdeckt sind. Man hält sie mehr für Wohnungen, als
für Grabkammern. Sie enthielten neben Steingeräten, Topfscherben,
Asche und Kohlen, Eisenstücke, in jedem meist ein, selten zwei Stücke.
Nilsson, der, obgleich er in der Erklärung der Bronzeperiode nicht
den beschränkt patriotischen Standpunkt der jüngeren Gelehrten ein-
nimmt, doch ein eifriger Verfechter eines reinen Bronzezeitalters ist,
sucht dies in sehr geschraubter Weise dadurch zu erklären, daſs man
diese Eisenstücke erst später, um die Gespenster zu vertreiben, hinein-
gethan habe 3). Diese wunderbare Theorie, daſs alle diese Eisenbeigaben
in die zum Teil sorgfältig verschlossenen Gräber erst nachträglich
durch Zufall hineingelegt seien, ist der Rettungsanker der strengen
Schematisten des Nordens geworden. Zunächst war es Danneil, der
zuerst die Behauptung aufstellte, die alten Hünengräber wären später
von Slaven zum zweitenmal als Begräbnisstätten benutzt worden und
auf diese Art wäre das Eisen in die Grabkammern gekommen. Selbst
der ehrliche Lisch atmete auf, als diese Erklärung ans Licht kam
und nennt es „eine interessante Beleuchtung über die Eisenfrage“.
Wir sind geneigt, diese Absurdität mit einem weniger lobenden Worte
zu kennzeichnen. Denn die meisten der oben erwähnten Eisenfunde
entstammen Gegenden, die nie von Slaven bewohnt waren 4).
Worsaae fand den Ausweg. Obgleich er beim Auffinden der
1) Ann. f. n. O. 1839, S. 174, 176.
2) Afbildn. 6, 8.
3) Hostmann, zur
Krit. der Kulturperioden, a. a. O. 194.
4) Hostmann a. a. O. Arch. f. Anthropo-
logie VIII, Heft 3.
38*
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 595. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/617>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.