Wenden wir uns nun zu den sachlichen Gründen, die für oder wider das Bronzezeitalter sprechen, und zwar vor allem zu den metal- lurgischen.
Die Bronze ist eine künstliche Legierung von Kupfer und Zinn. Dieses Metallgemisch ist nicht zu erlangen und wenigstens technisch verwendbar nie erlangt worden durch direktes Ausschmelzen von Erzen, welche zufälligerweise beide Metalle enthalten. Seine Bereitung setzt vielmehr die Darstellung von Kupfer und Zinn voraus. Um Bronze zu erhalten, muss dem eingeschmolzenen Kupfer metallisches Zinn zu- gesetzt werden.
Das erste Erfordernis zur Darstellung der Bronze ist demnach die Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen. Diese musste der Erfindung der Bronze vorausgehen, und dass dies der Fall war, ist ausser Zweifel. Das Kupfer war lange bekannt und im Gebrauch, ehe die Darstellung der Bronze entdeckt wurde. Die Streitfrage wäre demnach zunächst die: Ist das Kupfer früher entdeckt worden als das Eisen. Durch rein historische Beweismittel lässt sich dies nicht entscheiden, da die frühe- sten geschichtlichen Überlieferungen die Bekanntschaft des Eisens wie die des Kupfers bezeugen. Technische Gründe sprechen nicht für eine frühere Bekanntschaft der Gewinnung des Kupfers als der des Eisens. Allerdings wird das Kupfer häufiger in gediegenem Zustande ge- funden als das Eisen, sehr selten aber nur in Massen, die sich direkt zu Werkzeugen verarbeiten lassen, wie dies bei dem ganz ausser- ordentlichen Vorkommen am Oberen-See in Nordamerika der Fall ist. Dort, wo sich das Kupfer öfter in Begleitung von Silber in grossen Klumpen in einem vulkanischen Gestein findet, lernten die barbarischen Indianerstämme freilich früh das natürliche Metall kennen und durch einfaches Ausschmieden zu Werkzeugen zu verarbeiten. Mit diesen trieben sie sogar Handel. Das Ausschmelzen des Kupfers, wie über- haupt jede andere metallurgische Operation blieben ihnen trotz dieser Verwendung unbekannt. Von der Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen oder der Bereitung von Kupferlegierungen hatten sie keine Ahnung. Durch das gelegentliche Auffinden eines Stückes Kupfer und der Verarbeitung desselben zu einem Gegenstande wurde also weder der Einzelne noch ein ganzes Volk zur Kunst der Darstellung des Metalles aus seinen Erzen geführt. Die Gewinnung und Verarbeitung von gediegenem Kupfer konnte aber immer nur eine zufällige, durch- aus lokale sein. Für die Gewinnung im grossen kommt nur die Dar- stellung des Metalles aus seinen Erzen in Betracht. Kupfererze sind aber weit seltener und schwieriger zu gewinnen als Eisenerze. Dieser
Einleitung.
Wenden wir uns nun zu den sachlichen Gründen, die für oder wider das Bronzezeitalter sprechen, und zwar vor allem zu den metal- lurgischen.
Die Bronze ist eine künstliche Legierung von Kupfer und Zinn. Dieses Metallgemisch ist nicht zu erlangen und wenigstens technisch verwendbar nie erlangt worden durch direktes Ausschmelzen von Erzen, welche zufälligerweise beide Metalle enthalten. Seine Bereitung setzt vielmehr die Darstellung von Kupfer und Zinn voraus. Um Bronze zu erhalten, muſs dem eingeschmolzenen Kupfer metallisches Zinn zu- gesetzt werden.
Das erste Erfordernis zur Darstellung der Bronze ist demnach die Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen. Diese muſste der Erfindung der Bronze vorausgehen, und daſs dies der Fall war, ist auſser Zweifel. Das Kupfer war lange bekannt und im Gebrauch, ehe die Darstellung der Bronze entdeckt wurde. Die Streitfrage wäre demnach zunächst die: Ist das Kupfer früher entdeckt worden als das Eisen. Durch rein historische Beweismittel läſst sich dies nicht entscheiden, da die frühe- sten geschichtlichen Überlieferungen die Bekanntschaft des Eisens wie die des Kupfers bezeugen. Technische Gründe sprechen nicht für eine frühere Bekanntschaft der Gewinnung des Kupfers als der des Eisens. Allerdings wird das Kupfer häufiger in gediegenem Zustande ge- funden als das Eisen, sehr selten aber nur in Massen, die sich direkt zu Werkzeugen verarbeiten lassen, wie dies bei dem ganz auſser- ordentlichen Vorkommen am Oberen-See in Nordamerika der Fall ist. Dort, wo sich das Kupfer öfter in Begleitung von Silber in groſsen Klumpen in einem vulkanischen Gestein findet, lernten die barbarischen Indianerstämme freilich früh das natürliche Metall kennen und durch einfaches Ausschmieden zu Werkzeugen zu verarbeiten. Mit diesen trieben sie sogar Handel. Das Ausschmelzen des Kupfers, wie über- haupt jede andere metallurgische Operation blieben ihnen trotz dieser Verwendung unbekannt. Von der Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen oder der Bereitung von Kupferlegierungen hatten sie keine Ahnung. Durch das gelegentliche Auffinden eines Stückes Kupfer und der Verarbeitung desſelben zu einem Gegenstande wurde also weder der Einzelne noch ein ganzes Volk zur Kunst der Darstellung des Metalles aus seinen Erzen geführt. Die Gewinnung und Verarbeitung von gediegenem Kupfer konnte aber immer nur eine zufällige, durch- aus lokale sein. Für die Gewinnung im groſsen kommt nur die Dar- stellung des Metalles aus seinen Erzen in Betracht. Kupfererze sind aber weit seltener und schwieriger zu gewinnen als Eisenerze. Dieser
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0061"n="39"/><fwplace="top"type="header">Einleitung.</fw><lb/><p>Wenden wir uns nun zu den sachlichen Gründen, die für oder<lb/>
wider das Bronzezeitalter sprechen, und zwar vor allem zu den metal-<lb/>
lurgischen.</p><lb/><p>Die Bronze ist eine künstliche Legierung von Kupfer und Zinn.<lb/>
Dieses Metallgemisch ist nicht zu erlangen und wenigstens technisch<lb/>
verwendbar nie erlangt worden durch direktes Ausschmelzen von<lb/>
Erzen, welche zufälligerweise beide Metalle enthalten. Seine Bereitung<lb/>
setzt vielmehr die Darstellung von Kupfer und Zinn voraus. Um Bronze<lb/>
zu erhalten, muſs dem eingeschmolzenen Kupfer metallisches Zinn zu-<lb/>
gesetzt werden.</p><lb/><p>Das erste Erfordernis zur Darstellung der Bronze ist demnach die<lb/>
Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen. Diese muſste der Erfindung<lb/>
der Bronze vorausgehen, und daſs dies der Fall war, ist auſser Zweifel.<lb/>
Das Kupfer war lange bekannt und im Gebrauch, ehe die Darstellung<lb/>
der Bronze entdeckt wurde. Die Streitfrage wäre demnach zunächst<lb/>
die: Ist das Kupfer früher entdeckt worden als das Eisen. Durch rein<lb/>
historische Beweismittel läſst sich dies nicht entscheiden, da die frühe-<lb/>
sten geschichtlichen Überlieferungen die Bekanntschaft des Eisens wie<lb/>
die des Kupfers bezeugen. Technische Gründe sprechen nicht für eine<lb/>
frühere Bekanntschaft der Gewinnung des Kupfers als der des Eisens.<lb/>
Allerdings wird das Kupfer häufiger in gediegenem Zustande ge-<lb/>
funden als das Eisen, sehr selten aber nur in Massen, die sich direkt<lb/>
zu Werkzeugen verarbeiten lassen, wie dies bei dem ganz auſser-<lb/>
ordentlichen Vorkommen am Oberen-See in Nordamerika der Fall ist.<lb/>
Dort, wo sich das Kupfer öfter in Begleitung von Silber in groſsen<lb/>
Klumpen in einem vulkanischen Gestein findet, lernten die barbarischen<lb/>
Indianerstämme freilich früh das natürliche Metall kennen und durch<lb/>
einfaches Ausschmieden zu Werkzeugen zu verarbeiten. Mit diesen<lb/>
trieben sie sogar Handel. Das Ausschmelzen des Kupfers, wie über-<lb/>
haupt jede andere metallurgische Operation blieben ihnen trotz dieser<lb/>
Verwendung unbekannt. Von der Darstellung des Kupfers aus seinen<lb/>
Erzen oder der Bereitung von Kupferlegierungen hatten sie keine<lb/>
Ahnung. Durch das gelegentliche Auffinden eines Stückes Kupfer und<lb/>
der Verarbeitung desſelben zu einem Gegenstande wurde also weder<lb/>
der Einzelne noch ein ganzes Volk zur Kunst der Darstellung des<lb/>
Metalles aus seinen Erzen geführt. Die Gewinnung und Verarbeitung<lb/>
von gediegenem Kupfer konnte aber immer nur eine zufällige, durch-<lb/>
aus lokale sein. Für die Gewinnung im groſsen kommt nur die Dar-<lb/>
stellung des Metalles aus seinen Erzen in Betracht. Kupfererze sind<lb/>
aber weit seltener und schwieriger zu gewinnen als Eisenerze. Dieser<lb/></p></div></body></text></TEI>
[39/0061]
Einleitung.
Wenden wir uns nun zu den sachlichen Gründen, die für oder
wider das Bronzezeitalter sprechen, und zwar vor allem zu den metal-
lurgischen.
Die Bronze ist eine künstliche Legierung von Kupfer und Zinn.
Dieses Metallgemisch ist nicht zu erlangen und wenigstens technisch
verwendbar nie erlangt worden durch direktes Ausschmelzen von
Erzen, welche zufälligerweise beide Metalle enthalten. Seine Bereitung
setzt vielmehr die Darstellung von Kupfer und Zinn voraus. Um Bronze
zu erhalten, muſs dem eingeschmolzenen Kupfer metallisches Zinn zu-
gesetzt werden.
Das erste Erfordernis zur Darstellung der Bronze ist demnach die
Darstellung des Kupfers aus seinen Erzen. Diese muſste der Erfindung
der Bronze vorausgehen, und daſs dies der Fall war, ist auſser Zweifel.
Das Kupfer war lange bekannt und im Gebrauch, ehe die Darstellung
der Bronze entdeckt wurde. Die Streitfrage wäre demnach zunächst
die: Ist das Kupfer früher entdeckt worden als das Eisen. Durch rein
historische Beweismittel läſst sich dies nicht entscheiden, da die frühe-
sten geschichtlichen Überlieferungen die Bekanntschaft des Eisens wie
die des Kupfers bezeugen. Technische Gründe sprechen nicht für eine
frühere Bekanntschaft der Gewinnung des Kupfers als der des Eisens.
Allerdings wird das Kupfer häufiger in gediegenem Zustande ge-
funden als das Eisen, sehr selten aber nur in Massen, die sich direkt
zu Werkzeugen verarbeiten lassen, wie dies bei dem ganz auſser-
ordentlichen Vorkommen am Oberen-See in Nordamerika der Fall ist.
Dort, wo sich das Kupfer öfter in Begleitung von Silber in groſsen
Klumpen in einem vulkanischen Gestein findet, lernten die barbarischen
Indianerstämme freilich früh das natürliche Metall kennen und durch
einfaches Ausschmieden zu Werkzeugen zu verarbeiten. Mit diesen
trieben sie sogar Handel. Das Ausschmelzen des Kupfers, wie über-
haupt jede andere metallurgische Operation blieben ihnen trotz dieser
Verwendung unbekannt. Von der Darstellung des Kupfers aus seinen
Erzen oder der Bereitung von Kupferlegierungen hatten sie keine
Ahnung. Durch das gelegentliche Auffinden eines Stückes Kupfer und
der Verarbeitung desſelben zu einem Gegenstande wurde also weder
der Einzelne noch ein ganzes Volk zur Kunst der Darstellung des
Metalles aus seinen Erzen geführt. Die Gewinnung und Verarbeitung
von gediegenem Kupfer konnte aber immer nur eine zufällige, durch-
aus lokale sein. Für die Gewinnung im groſsen kommt nur die Dar-
stellung des Metalles aus seinen Erzen in Betracht. Kupfererze sind
aber weit seltener und schwieriger zu gewinnen als Eisenerze. Dieser
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/61>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.