die Römer im zweiten punischen Kriege die Vorzüge des leichten spanischen Stahlschwertes vor ihren alten, kurzen Eisenschwertern kennen gelernt hatten, führten sie diese auch bei den Legionen ein. Da aber ihr eigenes Eisen keine so guten Klingen lieferte, so bezogen sie teils die fertigen Waffen, teils das Eisen für diese und ähnliche Zwecke aus Spanien. Plinius, der an einer Stelle 1) das Eisen das Metall der Tollkühnheit (ferrum temeritatis) nennt, das für Krieg und Mord noch angenehmer sei als das Gold, während er es an einer anderen 2) das beste und zugleich das schlimmste Hilfsmittel nennt, macht über die Darstellung des Eisens mancherlei Mitteilungen.
Wir wollen die sämtlichen wichtigeren Stellen des Plinius in wörtlicher Übersetzung hier folgen lassen 3):
XXXIV. 1. "Das Eisen ist das beste und zugleich das schlimmste Werkzeug im Leben; mit ihm durchfurchen wir die Erde, pflanzen wir Bäume, scheeren wir Baumgärten, schneiden wir den Schmutz von den Reben und zwingen sie, sich jedes Jahr zu verjüngen, mit ihm bauen wir Wohnungen, hauen wir Steine und brauchen es zu vielerlei anderem Nutzen, aber auch zum Kriege, zum Morde und zum Raube und zwar nicht nur in der Nähe, sondern auch im Wurfe und im Fluge, indem es bald mit Wurfmaschinen, bald mit den Armen geschleudert und bald mit Schwingen versehen wird, nach meiner Ansicht die abscheu- lichste Hinterlist des menschlichen Geistes, denn wir haben dem Tode, damit er schneller zu dem Menschen gelange, Flügel gemacht und dem Eisen Schwingen gegeben, weshalb die Schuld nicht auf Rechnung der Natur gesetzt werden darf. 2. Durch etliche Erfahrungen hat es sich allerdings bewährt, dass das Eisen unschuldig sein könne; so finden wir in dem Bündnisse, welches Porsenna nach Vertreibung der Könige mit dem römischen Volke machte, die ausdrückliche Bestimmung, dass man das Eisen nur zum Ackerbaue brauchen solle, und die älte- sten Schriftsteller berichten, dass es damals verboten gewesen sei, mit einem eisernen Griffel zu schreiben. Auch erschien während des dritten Konsulates des grossen Pompejus (im Jahre 52 v. Chr.), bei dem Auf- ruhre über die Ermordung des Clodius eine Verordnung, welche ver- bietet, dass sich in der Stadt irgend ein Geschoss (von Eisen) befinde.
XXXIV. (Proxume indicari debent metalla ferri), optumo pessu- moque vitae instrumento, Siquidem hoc tellurem scindimus, arbores serimus, arbusta tondemus, vitis squalore deciso annis omnibus cogimus
1) Plinius XXXIII, 1.
2) Plinius XXXIV, 39.
3) Plinius XXXIV, 39 bis 45 (Ed. Jul. Sillig 1881 Lib. XXXIV, Cap. XIV, p. 182).
Italien und die Römer.
die Römer im zweiten punischen Kriege die Vorzüge des leichten spanischen Stahlschwertes vor ihren alten, kurzen Eisenschwertern kennen gelernt hatten, führten sie diese auch bei den Legionen ein. Da aber ihr eigenes Eisen keine so guten Klingen lieferte, so bezogen sie teils die fertigen Waffen, teils das Eisen für diese und ähnliche Zwecke aus Spanien. Plinius, der an einer Stelle 1) das Eisen das Metall der Tollkühnheit (ferrum temeritatis) nennt, das für Krieg und Mord noch angenehmer sei als das Gold, während er es an einer anderen 2) das beste und zugleich das schlimmste Hilfsmittel nennt, macht über die Darstellung des Eisens mancherlei Mitteilungen.
Wir wollen die sämtlichen wichtigeren Stellen des Plinius in wörtlicher Übersetzung hier folgen lassen 3):
XXXIV. 1. „Das Eisen ist das beste und zugleich das schlimmste Werkzeug im Leben; mit ihm durchfurchen wir die Erde, pflanzen wir Bäume, scheeren wir Baumgärten, schneiden wir den Schmutz von den Reben und zwingen sie, sich jedes Jahr zu verjüngen, mit ihm bauen wir Wohnungen, hauen wir Steine und brauchen es zu vielerlei anderem Nutzen, aber auch zum Kriege, zum Morde und zum Raube und zwar nicht nur in der Nähe, sondern auch im Wurfe und im Fluge, indem es bald mit Wurfmaschinen, bald mit den Armen geschleudert und bald mit Schwingen versehen wird, nach meiner Ansicht die abscheu- lichste Hinterlist des menschlichen Geistes, denn wir haben dem Tode, damit er schneller zu dem Menschen gelange, Flügel gemacht und dem Eisen Schwingen gegeben, weshalb die Schuld nicht auf Rechnung der Natur gesetzt werden darf. 2. Durch etliche Erfahrungen hat es sich allerdings bewährt, daſs das Eisen unschuldig sein könne; so finden wir in dem Bündnisse, welches Porsenna nach Vertreibung der Könige mit dem römischen Volke machte, die ausdrückliche Bestimmung, daſs man das Eisen nur zum Ackerbaue brauchen solle, und die älte- sten Schriftsteller berichten, daſs es damals verboten gewesen sei, mit einem eisernen Griffel zu schreiben. Auch erschien während des dritten Konsulates des groſsen Pompejus (im Jahre 52 v. Chr.), bei dem Auf- ruhre über die Ermordung des Clodius eine Verordnung, welche ver- bietet, daſs sich in der Stadt irgend ein Geschoſs (von Eisen) befinde.
XXXIV. (Proxume indicari debent metalla ferri), optumo pessu- moque vitae instrumento, Siquidem hoc tellurem scindimus, arbores serimus, arbusta tondemus, vitis squalore deciso annis omnibus cogimus
1) Plinius XXXIII, 1.
2) Plinius XXXIV, 39.
3) Plinius XXXIV, 39 bis 45 (Ed. Jul. Sillig 1881 Lib. XXXIV, Cap. XIV, p. 182).
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Italien und die Römer.
die Römer im zweiten punischen Kriege die Vorzüge des leichten
spanischen Stahlschwertes vor ihren alten, kurzen Eisenschwertern
kennen gelernt hatten, führten sie diese auch bei den Legionen ein.
Da aber ihr eigenes Eisen keine so guten Klingen lieferte, so bezogen
sie teils die fertigen Waffen, teils das Eisen für diese und ähnliche
Zwecke aus Spanien. Plinius, der an einer Stelle 1) das Eisen das
Metall der Tollkühnheit (ferrum temeritatis) nennt, das für Krieg und
Mord noch angenehmer sei als das Gold, während er es an einer
anderen 2) das beste und zugleich das schlimmste Hilfsmittel nennt,
macht über die Darstellung des Eisens mancherlei Mitteilungen.
Wir wollen die sämtlichen wichtigeren Stellen des Plinius in
wörtlicher Übersetzung hier folgen lassen 3):
XXXIV. 1. „Das Eisen ist das beste und zugleich das schlimmste
Werkzeug im Leben; mit ihm durchfurchen wir die Erde, pflanzen wir
Bäume, scheeren wir Baumgärten, schneiden wir den Schmutz von den
Reben und zwingen sie, sich jedes Jahr zu verjüngen, mit ihm bauen
wir Wohnungen, hauen wir Steine und brauchen es zu vielerlei anderem
Nutzen, aber auch zum Kriege, zum Morde und zum Raube und zwar
nicht nur in der Nähe, sondern auch im Wurfe und im Fluge, indem
es bald mit Wurfmaschinen, bald mit den Armen geschleudert und
bald mit Schwingen versehen wird, nach meiner Ansicht die abscheu-
lichste Hinterlist des menschlichen Geistes, denn wir haben dem Tode,
damit er schneller zu dem Menschen gelange, Flügel gemacht und dem
Eisen Schwingen gegeben, weshalb die Schuld nicht auf Rechnung der
Natur gesetzt werden darf. 2. Durch etliche Erfahrungen hat es sich
allerdings bewährt, daſs das Eisen unschuldig sein könne; so finden
wir in dem Bündnisse, welches Porsenna nach Vertreibung der Könige
mit dem römischen Volke machte, die ausdrückliche Bestimmung, daſs
man das Eisen nur zum Ackerbaue brauchen solle, und die älte-
sten Schriftsteller berichten, daſs es damals verboten gewesen sei, mit
einem eisernen Griffel zu schreiben. Auch erschien während des dritten
Konsulates des groſsen Pompejus (im Jahre 52 v. Chr.), bei dem Auf-
ruhre über die Ermordung des Clodius eine Verordnung, welche ver-
bietet, daſs sich in der Stadt irgend ein Geschoſs (von Eisen) befinde.
XXXIV. (Proxume indicari debent metalla ferri), optumo pessu-
moque vitae instrumento, Siquidem hoc tellurem scindimus, arbores
serimus, arbusta tondemus, vitis squalore deciso annis omnibus cogimus
1) Plinius XXXIII, 1.
2) Plinius XXXIV, 39.
3) Plinius XXXIV, 39 bis 45
(Ed. Jul. Sillig 1881 Lib. XXXIV, Cap. XIV, p. 182).
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/523>, abgerufen am 25.11.2024.
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