nicht härten. Verschiedene Versuche in dieser Richtung ergaben höchstens eine ganz unbedeutende Oberflächenhärtung infolge der Ab- schreckung, im Inneren blieb die Masse unverändert. So bog sich auch die meisselförmige Schneide des abgeschreckten, geschmiedeten Meteor- eisens ebenso leicht um, wie die des nicht abgeschreckten. Im allge- meinen scheint das Material für schneidende Werkzeuge wenig geeignet zu sein, ebensowenig für Schwerter, da es sowohl der gleichmässigen Schneide als auch der Elastizität ermangelt. Dies wird bestätigt durch eine Mitteilung des Herrn Stein sen., wonach die Bewohner des Tolukathales nur die ordinärsten Geräte aus diesem Eisen machen, während sie sich alle schneidenden Werkzeuge von den Spaniern be- schaffen.
Da nun die Schmiedbarkeit des meteorischen Eisens erwiesen ist, könnte es nahe liegen, die kontroverse Frage, von der wir ausgingen, ob nämlich die Menschen der Urzeit zuerst das Meteoreisen aufgesucht und verarbeitet hätten, zu bejahen. Es hat auch diese Annahme bei oberflächlicher Betrachtung etwas Verführerisches. Je mehr man aber auf die Sache eingeht, je mehr muss man zu der Überzeugung kommen, dass diese Theorie falsch ist.
Zunächst spricht dagegen die Seltenheit des Meteoreisens. Seit etwa 80 Jahren ist es wissenschaftlich festgestellt, dass zeitweilig meteori- sches Eisen vom Himmel auf die Erde gelangt. Seit dieser Zeit sind nur neun hierher gehörige Fälle beobachtet worden, von denen der Fall von Braunau mit 41 kg Gewicht der grösste und wichtigste war. Man hat in diesem Zeitraume die ganze Erde nach Meteoreisen abge- sucht und doch hat man bis jetzt nicht mehr als 153 Fälle konstatiert.
Das Gesamtgewicht von 106 Fällen, deren Gewicht verzeichnet ist, beträgt annähernd 126000 kg, dies ergäbe für den einzelnen Fall circa 1190 kg, für alle 153 Fälle circa 182200 kg. Diese Angaben sind indessen zu hoch gegriffen, denn während alle grossen Meteoreisenmassen eingerechnet sind, lässt sich annehmen, dass die Fälle, über welche uns die Gewichtsangaben fehlen, nur unbedeutende waren.
Ferner darf das Diskoeisen, welches die grösste Gewichtszahl, nämlich 40000 kg führt, kaum mehr als Meteoreisen angesehen werden. 1870 wurde dieses Eisen bei Ovifak auf der Insel Disko an der West- küste von Grönland unter Granitblöcken, neben einem hohen Basalt- rücken aufgefunden. Die grössten Blöcke von 560, 200 und 90 Zentner Gewicht wurden von einem schwedischen Krondampfer abgeholt und dem Stockholmer Museum einverleibt. In dem benachbarten Basalt hat man aber ebenfalls metallische Eisenmassen aufgefunden, so dass
Einleitung.
nicht härten. Verschiedene Versuche in dieser Richtung ergaben höchstens eine ganz unbedeutende Oberflächenhärtung infolge der Ab- schreckung, im Inneren blieb die Masse unverändert. So bog sich auch die meiſselförmige Schneide des abgeschreckten, geschmiedeten Meteor- eisens ebenso leicht um, wie die des nicht abgeschreckten. Im allge- meinen scheint das Material für schneidende Werkzeuge wenig geeignet zu sein, ebensowenig für Schwerter, da es sowohl der gleichmäſsigen Schneide als auch der Elastizität ermangelt. Dies wird bestätigt durch eine Mitteilung des Herrn Stein sen., wonach die Bewohner des Tolukathales nur die ordinärsten Geräte aus diesem Eisen machen, während sie sich alle schneidenden Werkzeuge von den Spaniern be- schaffen.
Da nun die Schmiedbarkeit des meteorischen Eisens erwiesen ist, könnte es nahe liegen, die kontroverse Frage, von der wir ausgingen, ob nämlich die Menschen der Urzeit zuerst das Meteoreisen aufgesucht und verarbeitet hätten, zu bejahen. Es hat auch diese Annahme bei oberflächlicher Betrachtung etwas Verführerisches. Je mehr man aber auf die Sache eingeht, je mehr muſs man zu der Überzeugung kommen, daſs diese Theorie falsch ist.
Zunächst spricht dagegen die Seltenheit des Meteoreisens. Seit etwa 80 Jahren ist es wissenschaftlich festgestellt, daſs zeitweilig meteori- sches Eisen vom Himmel auf die Erde gelangt. Seit dieser Zeit sind nur neun hierher gehörige Fälle beobachtet worden, von denen der Fall von Braunau mit 41 kg Gewicht der gröſste und wichtigste war. Man hat in diesem Zeitraume die ganze Erde nach Meteoreisen abge- sucht und doch hat man bis jetzt nicht mehr als 153 Fälle konstatiert.
Das Gesamtgewicht von 106 Fällen, deren Gewicht verzeichnet ist, beträgt annähernd 126000 kg, dies ergäbe für den einzelnen Fall circa 1190 kg, für alle 153 Fälle circa 182200 kg. Diese Angaben sind indessen zu hoch gegriffen, denn während alle groſsen Meteoreisenmassen eingerechnet sind, läſst sich annehmen, daſs die Fälle, über welche uns die Gewichtsangaben fehlen, nur unbedeutende waren.
Ferner darf das Diskoeisen, welches die gröſste Gewichtszahl, nämlich 40000 kg führt, kaum mehr als Meteoreisen angesehen werden. 1870 wurde dieses Eisen bei Ovifak auf der Insel Disko an der West- küste von Grönland unter Granitblöcken, neben einem hohen Basalt- rücken aufgefunden. Die gröſsten Blöcke von 560, 200 und 90 Zentner Gewicht wurden von einem schwedischen Krondampfer abgeholt und dem Stockholmer Museum einverleibt. In dem benachbarten Basalt hat man aber ebenfalls metallische Eisenmassen aufgefunden, so daſs
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[30/0052]
Einleitung.
nicht härten. Verschiedene Versuche in dieser Richtung ergaben
höchstens eine ganz unbedeutende Oberflächenhärtung infolge der Ab-
schreckung, im Inneren blieb die Masse unverändert. So bog sich auch
die meiſselförmige Schneide des abgeschreckten, geschmiedeten Meteor-
eisens ebenso leicht um, wie die des nicht abgeschreckten. Im allge-
meinen scheint das Material für schneidende Werkzeuge wenig geeignet
zu sein, ebensowenig für Schwerter, da es sowohl der gleichmäſsigen
Schneide als auch der Elastizität ermangelt. Dies wird bestätigt durch
eine Mitteilung des Herrn Stein sen., wonach die Bewohner des
Tolukathales nur die ordinärsten Geräte aus diesem Eisen machen,
während sie sich alle schneidenden Werkzeuge von den Spaniern be-
schaffen.
Da nun die Schmiedbarkeit des meteorischen Eisens erwiesen ist,
könnte es nahe liegen, die kontroverse Frage, von der wir ausgingen,
ob nämlich die Menschen der Urzeit zuerst das Meteoreisen aufgesucht
und verarbeitet hätten, zu bejahen. Es hat auch diese Annahme bei
oberflächlicher Betrachtung etwas Verführerisches. Je mehr man aber
auf die Sache eingeht, je mehr muſs man zu der Überzeugung kommen,
daſs diese Theorie falsch ist.
Zunächst spricht dagegen die Seltenheit des Meteoreisens. Seit etwa
80 Jahren ist es wissenschaftlich festgestellt, daſs zeitweilig meteori-
sches Eisen vom Himmel auf die Erde gelangt. Seit dieser Zeit sind
nur neun hierher gehörige Fälle beobachtet worden, von denen der
Fall von Braunau mit 41 kg Gewicht der gröſste und wichtigste war.
Man hat in diesem Zeitraume die ganze Erde nach Meteoreisen abge-
sucht und doch hat man bis jetzt nicht mehr als 153 Fälle konstatiert.
Das Gesamtgewicht von 106 Fällen, deren Gewicht verzeichnet
ist, beträgt annähernd 126000 kg, dies ergäbe für den einzelnen Fall
circa 1190 kg, für alle 153 Fälle circa 182200 kg. Diese Angaben sind
indessen zu hoch gegriffen, denn während alle groſsen Meteoreisenmassen
eingerechnet sind, läſst sich annehmen, daſs die Fälle, über welche uns
die Gewichtsangaben fehlen, nur unbedeutende waren.
Ferner darf das Diskoeisen, welches die gröſste Gewichtszahl,
nämlich 40000 kg führt, kaum mehr als Meteoreisen angesehen werden.
1870 wurde dieses Eisen bei Ovifak auf der Insel Disko an der West-
küste von Grönland unter Granitblöcken, neben einem hohen Basalt-
rücken aufgefunden. Die gröſsten Blöcke von 560, 200 und 90 Zentner
Gewicht wurden von einem schwedischen Krondampfer abgeholt und
dem Stockholmer Museum einverleibt. In dem benachbarten Basalt
hat man aber ebenfalls metallische Eisenmassen aufgefunden, so daſs
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/52>, abgerufen am 23.11.2024.
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