mum, der Hauptstadt Mysiens, befand sich eine Schule berühmter Erzgiesser.
Cyzikus war berühmt durch seine Werkzeug- und Waffenfabriken, die Strabo mit denen von Massilia vergleicht1).
Auf den griechischen Inseln blühte früh die Metallverarbeitung, namentlich die Toreutik und das Metallkunstgewerbe. Auf Chios lebte der berühmte Glaukos. Samos war die Heimat des Rhoekos und des Theodoros. Bekannt ist der grosse aeolische Krater, den die Samier wegen einer gewinnbringenden Fahrt nach Tartessos in das Heraion zu Samos weihten2). Die lesbischen Becher rühmt bereits Herodot3). Rhodos war mit am frühesten berühmt durch seine Metall- arbeiten. Dort war einer der frühesten Sitze der Telchinen. Die Fabriken für Waffen, Kriegsmaterial und Kriegsmaschinen waren die bedeutendsten des Altertums. Auf die Wichtigkeit Kretas und Cyperns für die Entwickelung der Metallurgie haben wir schon wiederholt hin- gewiesen.
Wenden wir uns zu dem Festlande, so war im Norden Thrazien durch seine Waffenschmiede bekannt. Thrazische Schwerter und thra- zische Beile (pelekus Thrakios) werden früh genannt.
Später waren grosse kaiserliche Waffenfabriken daselbst, nämlich zu Hadrianopolis und zu Marianopolis in Mösien. Erstere war in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung sehr bedeutend, wie Ammianus Marcellinus bestätigt4).
In Mittelgriechenland haben wir die uralte Eisenindustrie von Euböa, Böotien und Akarnanien schon erwähnt. Auch der Kureten in Ätolien haben wir gedacht und Plinius lobt die ätolischen Waffen5). Aonisches Eisen, aonische Waffen sind die alten Bezeichnungen des Eisens von Böotien, deren Waffenfabrikation schon in die Zeit vor den Myniern verlegt wird. Der Schild war das alte Wappenzeichen der Böotier und man schrieb ihnen die Erfindung der metallenen Schilde zu, wie auch böotische Helme allbekannt waren6). Theben war berühmt durch seine Wagen, deren Erfindung es sich zuschrieb.
Später scheint die böotische Schmiedekunst zurückgegangen zu sein und galt böotische Arbeit fast identisch mit schlechter, plumper, geschmackloser Arbeit. Dagegen trat Athen mit seiner steigenden Entwickelung bezüglich seiner Eisen- und Metallwaren an die Stelle
1) Strabo XIV, 653.
2) Herodot IV, 152.
3) Herodot IV, 61.
4) Amm. Marcell. XXXI, 6 etc. istam plebem omnem cum fabricensibus, quorum illis ampla est multitudo, productam in eorum armavit exercitum.
5) Plin. hist. nat. VII, 201.
6) Xenophon de re. equ. 12, 3.
Griechenland.
mum, der Hauptstadt Mysiens, befand sich eine Schule berühmter Erzgieſser.
Cyzikus war berühmt durch seine Werkzeug- und Waffenfabriken, die Strabo mit denen von Massilia vergleicht1).
Auf den griechischen Inseln blühte früh die Metallverarbeitung, namentlich die Toreutik und das Metallkunstgewerbe. Auf Chios lebte der berühmte Glaukos. Samos war die Heimat des Rhoekos und des Theodoros. Bekannt ist der groſse aeolische Krater, den die Samier wegen einer gewinnbringenden Fahrt nach Tartessos in das Heraion zu Samos weihten2). Die lesbischen Becher rühmt bereits Herodot3). Rhodos war mit am frühesten berühmt durch seine Metall- arbeiten. Dort war einer der frühesten Sitze der Telchinen. Die Fabriken für Waffen, Kriegsmaterial und Kriegsmaschinen waren die bedeutendsten des Altertums. Auf die Wichtigkeit Kretas und Cyperns für die Entwickelung der Metallurgie haben wir schon wiederholt hin- gewiesen.
Wenden wir uns zu dem Festlande, so war im Norden Thrazien durch seine Waffenschmiede bekannt. Thrazische Schwerter und thra- zische Beile (πέλεκυς Θρᾴκιος) werden früh genannt.
Später waren groſse kaiserliche Waffenfabriken daselbst, nämlich zu Hadrianopolis und zu Marianopolis in Mösien. Erstere war in den ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung sehr bedeutend, wie Ammianus Marcellinus bestätigt4).
In Mittelgriechenland haben wir die uralte Eisenindustrie von Euböa, Böotien und Akarnanien schon erwähnt. Auch der Kureten in Ätolien haben wir gedacht und Plinius lobt die ätolischen Waffen5). Aonisches Eisen, aonische Waffen sind die alten Bezeichnungen des Eisens von Böotien, deren Waffenfabrikation schon in die Zeit vor den Myniern verlegt wird. Der Schild war das alte Wappenzeichen der Böotier und man schrieb ihnen die Erfindung der metallenen Schilde zu, wie auch böotische Helme allbekannt waren6). Theben war berühmt durch seine Wagen, deren Erfindung es sich zuschrieb.
Später scheint die böotische Schmiedekunst zurückgegangen zu sein und galt böotische Arbeit fast identisch mit schlechter, plumper, geschmackloser Arbeit. Dagegen trat Athen mit seiner steigenden Entwickelung bezüglich seiner Eisen- und Metallwaren an die Stelle
1) Strabo XIV, 653.
2) Herodot IV, 152.
3) Herodot IV, 61.
4) Amm. Marcell. XXXI, 6 etc. istam plebem omnem cum fabricensibus, quorum illis ampla est multitudo, productam in eorum armavit exercitum.
5) Plin. hist. nat. VII, 201.
6) Xenophon de re. equ. 12, 3.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0477"n="455"/><fwplace="top"type="header">Griechenland.</fw><lb/>
mum, der Hauptstadt Mysiens, befand sich eine Schule berühmter<lb/>
Erzgieſser.</p><lb/><p>Cyzikus war berühmt durch seine Werkzeug- und Waffenfabriken,<lb/>
die Strabo mit denen von Massilia vergleicht<noteplace="foot"n="1)">Strabo XIV, 653.</note>.</p><lb/><p>Auf den griechischen Inseln blühte früh die Metallverarbeitung,<lb/>
namentlich die Toreutik und das Metallkunstgewerbe. Auf Chios<lb/>
lebte der berühmte Glaukos. Samos war die Heimat des Rhoekos und<lb/>
des Theodoros. Bekannt ist der groſse aeolische Krater, den die<lb/>
Samier wegen einer gewinnbringenden Fahrt nach Tartessos in das<lb/>
Heraion zu Samos weihten<noteplace="foot"n="2)">Herodot IV, 152.</note>. Die lesbischen Becher rühmt bereits<lb/>
Herodot<noteplace="foot"n="3)">Herodot IV, 61.</note>. Rhodos war mit am frühesten berühmt durch seine Metall-<lb/>
arbeiten. Dort war einer der frühesten Sitze der Telchinen. Die<lb/>
Fabriken für Waffen, Kriegsmaterial und Kriegsmaschinen waren die<lb/>
bedeutendsten des Altertums. Auf die Wichtigkeit Kretas und Cyperns<lb/>
für die Entwickelung der Metallurgie haben wir schon wiederholt hin-<lb/>
gewiesen.</p><lb/><p>Wenden wir uns zu dem Festlande, so war im Norden Thrazien<lb/>
durch seine Waffenschmiede bekannt. Thrazische Schwerter und thra-<lb/>
zische Beile (πέλεκυςΘρᾴκιος) werden früh genannt.</p><lb/><p>Später waren groſse kaiserliche Waffenfabriken daselbst, nämlich<lb/>
zu Hadrianopolis und zu Marianopolis in Mösien. Erstere war in den<lb/>
ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung sehr bedeutend, wie<lb/>
Ammianus Marcellinus bestätigt<noteplace="foot"n="4)">Amm.<lb/>
Marcell. XXXI, 6 etc. istam plebem omnem cum fabricensibus, quorum illis<lb/>
ampla est multitudo, productam in eorum armavit exercitum.</note>.</p><lb/><p>In Mittelgriechenland haben wir die uralte Eisenindustrie von<lb/>
Euböa, Böotien und Akarnanien schon erwähnt. Auch der Kureten in<lb/>
Ätolien haben wir gedacht und Plinius lobt die ätolischen Waffen<noteplace="foot"n="5)">Plin. hist.<lb/>
nat. VII, 201.</note>.<lb/>
Aonisches Eisen, aonische Waffen sind die alten Bezeichnungen des<lb/>
Eisens von Böotien, deren Waffenfabrikation schon in die Zeit vor den<lb/>
Myniern verlegt wird. Der Schild war das alte Wappenzeichen der<lb/>
Böotier und man schrieb ihnen die Erfindung der metallenen Schilde<lb/>
zu, wie auch böotische Helme allbekannt waren<noteplace="foot"n="6)">Xenophon de re. equ. 12, 3.</note>. Theben war berühmt<lb/>
durch seine Wagen, deren Erfindung es sich zuschrieb.</p><lb/><p>Später scheint die böotische Schmiedekunst zurückgegangen zu<lb/>
sein und galt böotische Arbeit fast identisch mit schlechter, plumper,<lb/>
geschmackloser Arbeit. Dagegen trat Athen mit seiner steigenden<lb/>
Entwickelung bezüglich seiner Eisen- und Metallwaren an die Stelle<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[455/0477]
Griechenland.
mum, der Hauptstadt Mysiens, befand sich eine Schule berühmter
Erzgieſser.
Cyzikus war berühmt durch seine Werkzeug- und Waffenfabriken,
die Strabo mit denen von Massilia vergleicht 1).
Auf den griechischen Inseln blühte früh die Metallverarbeitung,
namentlich die Toreutik und das Metallkunstgewerbe. Auf Chios
lebte der berühmte Glaukos. Samos war die Heimat des Rhoekos und
des Theodoros. Bekannt ist der groſse aeolische Krater, den die
Samier wegen einer gewinnbringenden Fahrt nach Tartessos in das
Heraion zu Samos weihten 2). Die lesbischen Becher rühmt bereits
Herodot 3). Rhodos war mit am frühesten berühmt durch seine Metall-
arbeiten. Dort war einer der frühesten Sitze der Telchinen. Die
Fabriken für Waffen, Kriegsmaterial und Kriegsmaschinen waren die
bedeutendsten des Altertums. Auf die Wichtigkeit Kretas und Cyperns
für die Entwickelung der Metallurgie haben wir schon wiederholt hin-
gewiesen.
Wenden wir uns zu dem Festlande, so war im Norden Thrazien
durch seine Waffenschmiede bekannt. Thrazische Schwerter und thra-
zische Beile (πέλεκυς Θρᾴκιος) werden früh genannt.
Später waren groſse kaiserliche Waffenfabriken daselbst, nämlich
zu Hadrianopolis und zu Marianopolis in Mösien. Erstere war in den
ersten Jahrhunderten unserer Zeitrechnung sehr bedeutend, wie
Ammianus Marcellinus bestätigt 4).
In Mittelgriechenland haben wir die uralte Eisenindustrie von
Euböa, Böotien und Akarnanien schon erwähnt. Auch der Kureten in
Ätolien haben wir gedacht und Plinius lobt die ätolischen Waffen 5).
Aonisches Eisen, aonische Waffen sind die alten Bezeichnungen des
Eisens von Böotien, deren Waffenfabrikation schon in die Zeit vor den
Myniern verlegt wird. Der Schild war das alte Wappenzeichen der
Böotier und man schrieb ihnen die Erfindung der metallenen Schilde
zu, wie auch böotische Helme allbekannt waren 6). Theben war berühmt
durch seine Wagen, deren Erfindung es sich zuschrieb.
Später scheint die böotische Schmiedekunst zurückgegangen zu
sein und galt böotische Arbeit fast identisch mit schlechter, plumper,
geschmackloser Arbeit. Dagegen trat Athen mit seiner steigenden
Entwickelung bezüglich seiner Eisen- und Metallwaren an die Stelle
1) Strabo XIV, 653.
2) Herodot IV, 152.
3) Herodot IV, 61.
4) Amm.
Marcell. XXXI, 6 etc. istam plebem omnem cum fabricensibus, quorum illis
ampla est multitudo, productam in eorum armavit exercitum.
5) Plin. hist.
nat. VII, 201.
6) Xenophon de re. equ. 12, 3.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 455. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/477>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.