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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Griechenland.
während bei grösseren sie von Holz, welches mit eisernen Schienen um-
klammert war, also ganz, wie bei den Pulvergeschützen des Mittelalters
angefertigt war. Noch eingehendere Beschreibungen des Geschützwesens
der Griechen hat uns Philon hinterlassen, der im Dienste der Ptolemäer,
welche auf die Verbesserung der Kriegsmaschinen hohen Wert legten
und grossartige, technische Experimente anstellen liessen, gestanden
zu haben scheint. Seine Bemerkungen werfen so viel Licht auf das
sonst so dunkele Gebiet sowohl der Maschinentechnik, als der tech-
nischen Verwendung von Eisen und Stahl, dass wir uns nicht versagen
können, ausführliche Auszüge aus Philons Schrift über den Geschütz-
bau zu geben. Philon aus Byzanz war wie Heron ein Schüler des
Ktesibios. Dieser Ktesibios war eines der grössten, mechanischen Genies
aller Zeiten. Von Haus aus ein armer Barbier aus Alexandria, trieb
ihn sein Interesse an der Mechanik zum Studium der Mathematik, die
ihn bald zu einer Reihe glänzender Erfindungen, namentlich auf dem
Gebiete der Hydraulik führten. Ihm wird die Erfindung der Wasserorgel,
der Wasseruhr, des Hebers, des Heronsballes, der Feuerspritze, sowie
verschiedener hydraulischer Druckapparate zugeschrieben. Philon, sein
begabter Schüler, schrieb ein Buch über Mechanik, wovon leider nur
noch das vierte Buch und Fragmente des siebenten und achten Buches
erhalten sind. Die Verbesserung der Kriegsmaschinen war eine seiner
wichtigsten Bestrebungen und sein Erfolg hierin beruht hauptsächlich
auf einer ausgedehnten Anwendung von Eisen und Stahl als Konstruk-
tionsmittel. Das erhaltene vierte Buch seiner Mechanik handelt vom
Geschützbau. Unser Auszug kann nur einen fragmentarischen Cha-
rakter haben, da wir nur die Stellen ausziehen, die sich auf die
Anwendung von Eisen und Stahl beziehen. Philon hebt wiederholt die
Wichtigkeit dieses Metalls als Material für die Konstruktion der Kriegs-
maschinen hervor. Er giebt an (Buch IV, §. 12), dass eine gehörig zu-
gerichtete Balliste, eingerechnet Spannbolzen und Unterlage, das 25 fache
Gewicht des Wurfgeschosses von bearbeitetem Eisen enthalten müsse.
Er ersetzt die von Ktesibios angegebenen Erzspanner durch solche von
Eisen oder Stahl. Er verlangt für stärkere Geschütze im Gegensatz
der alten Konstruktion eiserne Schienen und eiserne Beschläge. Am
meisten Wert legt er aber auf seine starken, gerundeten Spannbolzen
von Eisen, im Gegensatz zu den alten des Ktesibios aus Erz oder
schwachem, kantigem Eisen, die leicht brachen und die Spannnerven
rasch durchrieben. Er erwähnt "eiserner oder kupferner Bolzen mit
Rundköpfen"; "Leiteisen" u. s. w. Wichtig sind auch seine Angaben
über die Konstruktion der Doppelfedern von Erz für die mehrarmigen

Griechenland.
während bei gröſseren sie von Holz, welches mit eisernen Schienen um-
klammert war, also ganz, wie bei den Pulvergeschützen des Mittelalters
angefertigt war. Noch eingehendere Beschreibungen des Geschützwesens
der Griechen hat uns Philon hinterlassen, der im Dienste der Ptolemäer,
welche auf die Verbesserung der Kriegsmaschinen hohen Wert legten
und groſsartige, technische Experimente anstellen lieſsen, gestanden
zu haben scheint. Seine Bemerkungen werfen so viel Licht auf das
sonst so dunkele Gebiet sowohl der Maschinentechnik, als der tech-
nischen Verwendung von Eisen und Stahl, daſs wir uns nicht versagen
können, ausführliche Auszüge aus Philons Schrift über den Geschütz-
bau zu geben. Philon aus Byzanz war wie Heron ein Schüler des
Ktesibios. Dieser Ktesibios war eines der gröſsten, mechanischen Genies
aller Zeiten. Von Haus aus ein armer Barbier aus Alexandria, trieb
ihn sein Interesse an der Mechanik zum Studium der Mathematik, die
ihn bald zu einer Reihe glänzender Erfindungen, namentlich auf dem
Gebiete der Hydraulik führten. Ihm wird die Erfindung der Wasserorgel,
der Wasseruhr, des Hebers, des Heronsballes, der Feuerspritze, sowie
verschiedener hydraulischer Druckapparate zugeschrieben. Philon, sein
begabter Schüler, schrieb ein Buch über Mechanik, wovon leider nur
noch das vierte Buch und Fragmente des siebenten und achten Buches
erhalten sind. Die Verbesserung der Kriegsmaschinen war eine seiner
wichtigsten Bestrebungen und sein Erfolg hierin beruht hauptsächlich
auf einer ausgedehnten Anwendung von Eisen und Stahl als Konstruk-
tionsmittel. Das erhaltene vierte Buch seiner Mechanik handelt vom
Geschützbau. Unser Auszug kann nur einen fragmentarischen Cha-
rakter haben, da wir nur die Stellen ausziehen, die sich auf die
Anwendung von Eisen und Stahl beziehen. Philon hebt wiederholt die
Wichtigkeit dieses Metalls als Material für die Konstruktion der Kriegs-
maschinen hervor. Er giebt an (Buch IV, §. 12), daſs eine gehörig zu-
gerichtete Balliste, eingerechnet Spannbolzen und Unterlage, das 25 fache
Gewicht des Wurfgeschosses von bearbeitetem Eisen enthalten müsse.
Er ersetzt die von Ktesibios angegebenen Erzspanner durch solche von
Eisen oder Stahl. Er verlangt für stärkere Geschütze im Gegensatz
der alten Konstruktion eiserne Schienen und eiserne Beschläge. Am
meisten Wert legt er aber auf seine starken, gerundeten Spannbolzen
von Eisen, im Gegensatz zu den alten des Ktesibios aus Erz oder
schwachem, kantigem Eisen, die leicht brachen und die Spannnerven
rasch durchrieben. Er erwähnt „eiserner oder kupferner Bolzen mit
Rundköpfen“; „Leiteisen“ u. s. w. Wichtig sind auch seine Angaben
über die Konstruktion der Doppelfedern von Erz für die mehrarmigen

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[448/0470] Griechenland. während bei gröſseren sie von Holz, welches mit eisernen Schienen um- klammert war, also ganz, wie bei den Pulvergeschützen des Mittelalters angefertigt war. Noch eingehendere Beschreibungen des Geschützwesens der Griechen hat uns Philon hinterlassen, der im Dienste der Ptolemäer, welche auf die Verbesserung der Kriegsmaschinen hohen Wert legten und groſsartige, technische Experimente anstellen lieſsen, gestanden zu haben scheint. Seine Bemerkungen werfen so viel Licht auf das sonst so dunkele Gebiet sowohl der Maschinentechnik, als der tech- nischen Verwendung von Eisen und Stahl, daſs wir uns nicht versagen können, ausführliche Auszüge aus Philons Schrift über den Geschütz- bau zu geben. Philon aus Byzanz war wie Heron ein Schüler des Ktesibios. Dieser Ktesibios war eines der gröſsten, mechanischen Genies aller Zeiten. Von Haus aus ein armer Barbier aus Alexandria, trieb ihn sein Interesse an der Mechanik zum Studium der Mathematik, die ihn bald zu einer Reihe glänzender Erfindungen, namentlich auf dem Gebiete der Hydraulik führten. Ihm wird die Erfindung der Wasserorgel, der Wasseruhr, des Hebers, des Heronsballes, der Feuerspritze, sowie verschiedener hydraulischer Druckapparate zugeschrieben. Philon, sein begabter Schüler, schrieb ein Buch über Mechanik, wovon leider nur noch das vierte Buch und Fragmente des siebenten und achten Buches erhalten sind. Die Verbesserung der Kriegsmaschinen war eine seiner wichtigsten Bestrebungen und sein Erfolg hierin beruht hauptsächlich auf einer ausgedehnten Anwendung von Eisen und Stahl als Konstruk- tionsmittel. Das erhaltene vierte Buch seiner Mechanik handelt vom Geschützbau. Unser Auszug kann nur einen fragmentarischen Cha- rakter haben, da wir nur die Stellen ausziehen, die sich auf die Anwendung von Eisen und Stahl beziehen. Philon hebt wiederholt die Wichtigkeit dieses Metalls als Material für die Konstruktion der Kriegs- maschinen hervor. Er giebt an (Buch IV, §. 12), daſs eine gehörig zu- gerichtete Balliste, eingerechnet Spannbolzen und Unterlage, das 25 fache Gewicht des Wurfgeschosses von bearbeitetem Eisen enthalten müsse. Er ersetzt die von Ktesibios angegebenen Erzspanner durch solche von Eisen oder Stahl. Er verlangt für stärkere Geschütze im Gegensatz der alten Konstruktion eiserne Schienen und eiserne Beschläge. Am meisten Wert legt er aber auf seine starken, gerundeten Spannbolzen von Eisen, im Gegensatz zu den alten des Ktesibios aus Erz oder schwachem, kantigem Eisen, die leicht brachen und die Spannnerven rasch durchrieben. Er erwähnt „eiserner oder kupferner Bolzen mit Rundköpfen“; „Leiteisen“ u. s. w. Wichtig sind auch seine Angaben über die Konstruktion der Doppelfedern von Erz für die mehrarmigen

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/470>, abgerufen am 22.11.2024.