Trotz der von dem Dichter geschilderten mannigfachen Verwendung des Kupfers stand dieses Metall doch in hohem Werte und wurde gewissermassen als Edelmetall angesehen. Thersites wirft dem Aga- memnon seine Pracht und seinen Reichtum vor, indem er sagt, seine Zelte seien über sein Verdienst voll Kupfer 1). Überhaupt wird Kupfer neben Gold, Sklavinnen, Vieh, Pferden und Kleidern wiederholt als der Reichtum der Grossen genannt 2). Die Phäaken beschenken Odysseus mit Gold, Kupfer und Gewändern. Das Kupfer war neben dem Golde der Wertmesser im Handel und Verkehr. Kupfer wird öfter neben dem Golde als Lösegeld genannt 3). Für Kupfer, Eisen, Stier- häute, lebende Tiere und Kriegsgefangene tauschen die Achäer sich Wein ein 4). Kupfern, ehern, als fest, unvergänglich, wird oft bildlich gebraucht, so sagt Homer der eherne Schlaf 5), die eherne Stimme 6), eherne Herzen 7), der eherne (unvergängliche) Himmel, eherne Hufe (feste Hufe) u. s. w.
Fragen wir nach der Herkunft des Kupfers, das nach Homers Schilderung im heroischen Zeitalter so reichlich vorhanden war und zu so mannigfachen Zwecken verwendet wurde, so deuten alle An- gaben, die der Dichter macht, meist auf Import aus dem Auslande und zwar zumeist aus dem Osten. Vom Kupferbergbau weiss Homer nichts, aber auch von einer einheimischen Kupferindustrie erzählt er uns nichts. Die Gegenden, aus denen seine Metallkunstwerke kommen, sind Phönizien, Ägypten, Lybien, Cypern und Thrazien. Von diesen werden die Phönizier, oder was damit identisch ist, die Sidonier am häufigsten genannt und am höchsten gepriesen. Euböa, welches uralten Kupferbergbau und Kupferindustrie besass, der aller Wahr- scheinlichkeit in vorhomerische Zeit zurückreicht, wie wir später sehen werden, wird von Homer nicht erwähnt. Die bemerkenswerteste Stelle über den Bezug von Kupfer ist die Erzählung der Athene 8), die in die Gestalt des Taphierkönigs Mentes verkleidet, dem Telemachos verkündet, sie fahre auf dunkler Flut zu anders redenden Männern, dass sie in Temesa Erz (Kupfer) eintausch' um blinkendes Eisen. Dieses Temesa war keinenfalls, wie einige behauptet haben, die von den Ausonern ge- gründete Stadt Temesa in Bruttium in Unteritalien, sondern es war das spätere Tamassos auf Cypern, das noch zu Strabos Zeit durch seinen Kupferhandel 9) berühmt war. Temesa war ein phönizischer Name und eine phönizische Ansiedelung, wie Movers ausdrücklich bestätigt.
1) Ilias 2, 226.
2) Ilias 23, 549; Odyssee 2, 339.
3) Ilias 22, 339; 6, 46.
4) Ilias 7, 472.
5) Ilias 11, 241.
6) Ilias 2, 481.
7) Ilias 2, 481.
8) Odyssee I, 182.
9) Strabo XIV, 6 etc.
Griechenland.
Trotz der von dem Dichter geschilderten mannigfachen Verwendung des Kupfers stand dieses Metall doch in hohem Werte und wurde gewissermaſsen als Edelmetall angesehen. Thersites wirft dem Aga- memnon seine Pracht und seinen Reichtum vor, indem er sagt, seine Zelte seien über sein Verdienst voll Kupfer 1). Überhaupt wird Kupfer neben Gold, Sklavinnen, Vieh, Pferden und Kleidern wiederholt als der Reichtum der Groſsen genannt 2). Die Phäaken beschenken Odysseus mit Gold, Kupfer und Gewändern. Das Kupfer war neben dem Golde der Wertmesser im Handel und Verkehr. Kupfer wird öfter neben dem Golde als Lösegeld genannt 3). Für Kupfer, Eisen, Stier- häute, lebende Tiere und Kriegsgefangene tauschen die Achäer sich Wein ein 4). Kupfern, ehern, als fest, unvergänglich, wird oft bildlich gebraucht, so sagt Homer der eherne Schlaf 5), die eherne Stimme 6), eherne Herzen 7), der eherne (unvergängliche) Himmel, eherne Hufe (feste Hufe) u. s. w.
Fragen wir nach der Herkunft des Kupfers, das nach Homers Schilderung im heroischen Zeitalter so reichlich vorhanden war und zu so mannigfachen Zwecken verwendet wurde, so deuten alle An- gaben, die der Dichter macht, meist auf Import aus dem Auslande und zwar zumeist aus dem Osten. Vom Kupferbergbau weiſs Homer nichts, aber auch von einer einheimischen Kupferindustrie erzählt er uns nichts. Die Gegenden, aus denen seine Metallkunstwerke kommen, sind Phönizien, Ägypten, Lybien, Cypern und Thrazien. Von diesen werden die Phönizier, oder was damit identisch ist, die Sidonier am häufigsten genannt und am höchsten gepriesen. Euböa, welches uralten Kupferbergbau und Kupferindustrie besaſs, der aller Wahr- scheinlichkeit in vorhomerische Zeit zurückreicht, wie wir später sehen werden, wird von Homer nicht erwähnt. Die bemerkenswerteste Stelle über den Bezug von Kupfer ist die Erzählung der Athene 8), die in die Gestalt des Taphierkönigs Mentes verkleidet, dem Telemachos verkündet, sie fahre auf dunkler Flut zu anders redenden Männern, daſs sie in Temesa Erz (Kupfer) eintausch’ um blinkendes Eisen. Dieses Temesa war keinenfalls, wie einige behauptet haben, die von den Ausonern ge- gründete Stadt Temesa in Bruttium in Unteritalien, sondern es war das spätere Tamassos auf Cypern, das noch zu Strabos Zeit durch seinen Kupferhandel 9) berühmt war. Temesa war ein phönizischer Name und eine phönizische Ansiedelung, wie Movers ausdrücklich bestätigt.
1) Ilias 2, 226.
2) Ilias 23, 549; Odyssee 2, 339.
3) Ilias 22, 339; 6, 46.
4) Ilias 7, 472.
5) Ilias 11, 241.
6) Ilias 2, 481.
7) Ilias 2, 481.
8) Odyssee I, 182.
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Griechenland.
Trotz der von dem Dichter geschilderten mannigfachen Verwendung
des Kupfers stand dieses Metall doch in hohem Werte und wurde
gewissermaſsen als Edelmetall angesehen. Thersites wirft dem Aga-
memnon seine Pracht und seinen Reichtum vor, indem er sagt, seine
Zelte seien über sein Verdienst voll Kupfer 1). Überhaupt wird
Kupfer neben Gold, Sklavinnen, Vieh, Pferden und Kleidern wiederholt
als der Reichtum der Groſsen genannt 2). Die Phäaken beschenken
Odysseus mit Gold, Kupfer und Gewändern. Das Kupfer war neben
dem Golde der Wertmesser im Handel und Verkehr. Kupfer wird öfter
neben dem Golde als Lösegeld genannt 3). Für Kupfer, Eisen, Stier-
häute, lebende Tiere und Kriegsgefangene tauschen die Achäer sich
Wein ein 4). Kupfern, ehern, als fest, unvergänglich, wird oft bildlich
gebraucht, so sagt Homer der eherne Schlaf 5), die eherne Stimme 6),
eherne Herzen 7), der eherne (unvergängliche) Himmel, eherne Hufe
(feste Hufe) u. s. w.
Fragen wir nach der Herkunft des Kupfers, das nach Homers
Schilderung im heroischen Zeitalter so reichlich vorhanden war und
zu so mannigfachen Zwecken verwendet wurde, so deuten alle An-
gaben, die der Dichter macht, meist auf Import aus dem Auslande
und zwar zumeist aus dem Osten. Vom Kupferbergbau weiſs Homer
nichts, aber auch von einer einheimischen Kupferindustrie erzählt er
uns nichts. Die Gegenden, aus denen seine Metallkunstwerke kommen,
sind Phönizien, Ägypten, Lybien, Cypern und Thrazien. Von diesen
werden die Phönizier, oder was damit identisch ist, die Sidonier am
häufigsten genannt und am höchsten gepriesen. Euböa, welches
uralten Kupferbergbau und Kupferindustrie besaſs, der aller Wahr-
scheinlichkeit in vorhomerische Zeit zurückreicht, wie wir später sehen
werden, wird von Homer nicht erwähnt. Die bemerkenswerteste Stelle
über den Bezug von Kupfer ist die Erzählung der Athene 8), die in die
Gestalt des Taphierkönigs Mentes verkleidet, dem Telemachos verkündet,
sie fahre auf dunkler Flut zu anders redenden Männern, daſs sie in
Temesa Erz (Kupfer) eintausch’ um blinkendes Eisen. Dieses Temesa
war keinenfalls, wie einige behauptet haben, die von den Ausonern ge-
gründete Stadt Temesa in Bruttium in Unteritalien, sondern es war
das spätere Tamassos auf Cypern, das noch zu Strabos Zeit durch
seinen Kupferhandel 9) berühmt war. Temesa war ein phönizischer Name
und eine phönizische Ansiedelung, wie Movers ausdrücklich bestätigt.
1) Ilias 2, 226.
2) Ilias 23, 549; Odyssee 2, 339.
3) Ilias 22, 339; 6, 46.
4) Ilias 7, 472.
5) Ilias 11, 241.
6) Ilias 2, 481.
7) Ilias 2, 481.
8) Odyssee
I, 182.
9) Strabo XIV, 6 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 398. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/420>, abgerufen am 22.11.2024.
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