Künstler Dädalus herzuleiten ist, oder ob sich, was wahrscheinlicher ist, aus dem alten Worte der Name des mythischen Künstlers gebildet hat, wollen wir nicht entscheiden. Der Ausdruck khrusos poludaidalos, Goldkunstwerk, ist Homer geläufig 1). Solche Kunstwerke waren zahl- reich im Palaste des Alkinoos 2). Goldene und silberne Hunde befanden sich am Eingange, Werke des Hephästos, goldene Jünglinge standen auf schön erfundenen Postamenten, in den Händen brennende Fackeln erhebend, rings den Gästen im Saale bei nächtlichem Schmause zu leuchten. Die Szepter der Fürsten waren Holzstäbe, die mit goldenen Knöpfen (Nägeln) beschlagen waren.
Reich und mannigfach war der Goldschmuck an den Waffen und Kriegsgeräten der Helden von Troja. Mit Gold und Zinn verziert ist der Streitwagen des Diomedes, der des Rhesos mit Gold und Silber 3). Nestors Schild ist ganz von Gold 4). Die Goldbekleidung an Achilles' Schild schützt ihn vor Verwundung 5). An Sarpedons Schild sind goldene Stäbe angebracht 6). Die Rüstungen des Lykierfürsten Glaukos und des Rhesos von Thrakien sind ganz von Gold. Das Schwert des Agamemnon ist mit goldenen Buckeln geschmückt, das Gehenke ist von Gold 7).
Es würde zu weit führen, alle die Verwendungen von Gold bei der heroischen Bewaffnung im Einzelnen aufzuführen. Die Beschreibung des Achillesschildes aber ist für die Kunstgeschichte Griechenlands wie für die Kunstgeschichte überhaupt und für die Behandlung der Metalle als solche von so hervorragender Wichtigkeit, dass die ausführliche Wiedergabe hier wohl am Platze ist:
Nachdem Hephästos Alles zur Arbeit zugerichtet, schildert der Dichter die Darstellung des Schildes 8).
Erst nun formt er den Schild, den ungeheuren und starken, Ganz ausschmückend mit Kunst, und zog die schimmernde Randung Dreifach und blank ringsher; ein Gehenk dann fügt er von Silber. Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben darauf dann Bildet er viel Kunstreiches mit kundigem Geist der Erfindung. Drauf nun schuf er die Erd', und das wogende Meer, und den Himmel, Helios auch, unermüdet im Lauf und die Scheibe Selene's; Drauf auch alle Gestirne, so viel sind Zeichen des Himmels, Auch Plejad' und Hyad' und die grosse Kraft des Orion, Auch die Bärin, die sonst der Himmelswagen genannt wird, Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket, Und sie allein niemals in Okeanos Bad sich hinabtaucht.
1) Odyss. 13, 11.
2) Odyss. 7, 91 u. 100.
3) Ilias 23, 303 bis 310, 438.
4) Ilias 8, 192.
5) Ilias 20, 272.
6) Ilias 12, 296.
7) Il. 11, 23, 30 ff.
8) Ilias 18, 478 etc.
Griechenland.
Künstler Dädalus herzuleiten ist, oder ob sich, was wahrscheinlicher ist, aus dem alten Worte der Name des mythischen Künstlers gebildet hat, wollen wir nicht entscheiden. Der Ausdruck χρυσὸς πολυδαίδαλος, Goldkunstwerk, ist Homer geläufig 1). Solche Kunstwerke waren zahl- reich im Palaste des Alkinoos 2). Goldene und silberne Hunde befanden sich am Eingange, Werke des Hephästos, goldene Jünglinge standen auf schön erfundenen Postamenten, in den Händen brennende Fackeln erhebend, rings den Gästen im Saale bei nächtlichem Schmause zu leuchten. Die Szepter der Fürsten waren Holzstäbe, die mit goldenen Knöpfen (Nägeln) beschlagen waren.
Reich und mannigfach war der Goldschmuck an den Waffen und Kriegsgeräten der Helden von Troja. Mit Gold und Zinn verziert ist der Streitwagen des Diomedes, der des Rhesos mit Gold und Silber 3). Nestors Schild ist ganz von Gold 4). Die Goldbekleidung an Achilles’ Schild schützt ihn vor Verwundung 5). An Sarpedons Schild sind goldene Stäbe angebracht 6). Die Rüstungen des Lykierfürsten Glaukos und des Rhesos von Thrakien sind ganz von Gold. Das Schwert des Agamemnon ist mit goldenen Buckeln geschmückt, das Gehenke ist von Gold 7).
Es würde zu weit führen, alle die Verwendungen von Gold bei der heroischen Bewaffnung im Einzelnen aufzuführen. Die Beschreibung des Achillesschildes aber ist für die Kunstgeschichte Griechenlands wie für die Kunstgeschichte überhaupt und für die Behandlung der Metalle als solche von so hervorragender Wichtigkeit, daſs die ausführliche Wiedergabe hier wohl am Platze ist:
Nachdem Hephästos Alles zur Arbeit zugerichtet, schildert der Dichter die Darstellung des Schildes 8).
Erst nun formt er den Schild, den ungeheuren und starken, Ganz ausschmückend mit Kunst, und zog die schimmernde Randung Dreifach und blank ringsher; ein Gehenk dann fügt er von Silber. Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben darauf dann Bildet er viel Kunstreiches mit kundigem Geist der Erfindung. Drauf nun schuf er die Erd’, und das wogende Meer, und den Himmel, Helios auch, unermüdet im Lauf und die Scheibe Selene’s; Drauf auch alle Gestirne, so viel sind Zeichen des Himmels, Auch Plejad’ und Hyad’ und die groſse Kraft des Orion, Auch die Bärin, die sonst der Himmelswagen genannt wird, Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket, Und sie allein niemals in Okeanos Bad sich hinabtaucht.
1) Odyss. 13, 11.
2) Odyss. 7, 91 u. 100.
3) Ilias 23, 303 bis 310, 438.
4) Ilias 8, 192.
5) Ilias 20, 272.
6) Ilias 12, 296.
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Griechenland.
Künstler Dädalus herzuleiten ist, oder ob sich, was wahrscheinlicher ist,
aus dem alten Worte der Name des mythischen Künstlers gebildet hat,
wollen wir nicht entscheiden. Der Ausdruck χρυσὸς πολυδαίδαλος,
Goldkunstwerk, ist Homer geläufig 1). Solche Kunstwerke waren zahl-
reich im Palaste des Alkinoos 2). Goldene und silberne Hunde befanden
sich am Eingange, Werke des Hephästos, goldene Jünglinge standen
auf schön erfundenen Postamenten, in den Händen brennende Fackeln
erhebend, rings den Gästen im Saale bei nächtlichem Schmause zu
leuchten. Die Szepter der Fürsten waren Holzstäbe, die mit goldenen
Knöpfen (Nägeln) beschlagen waren.
Reich und mannigfach war der Goldschmuck an den Waffen und
Kriegsgeräten der Helden von Troja. Mit Gold und Zinn verziert ist
der Streitwagen des Diomedes, der des Rhesos mit Gold und Silber 3).
Nestors Schild ist ganz von Gold 4). Die Goldbekleidung an Achilles’
Schild schützt ihn vor Verwundung 5). An Sarpedons Schild sind
goldene Stäbe angebracht 6). Die Rüstungen des Lykierfürsten Glaukos
und des Rhesos von Thrakien sind ganz von Gold. Das Schwert des
Agamemnon ist mit goldenen Buckeln geschmückt, das Gehenke ist
von Gold 7).
Es würde zu weit führen, alle die Verwendungen von Gold bei der
heroischen Bewaffnung im Einzelnen aufzuführen. Die Beschreibung
des Achillesschildes aber ist für die Kunstgeschichte Griechenlands wie
für die Kunstgeschichte überhaupt und für die Behandlung der Metalle
als solche von so hervorragender Wichtigkeit, daſs die ausführliche
Wiedergabe hier wohl am Platze ist:
Nachdem Hephästos Alles zur Arbeit zugerichtet, schildert der
Dichter die Darstellung des Schildes 8).
Erst nun formt er den Schild, den ungeheuren und starken,
Ganz ausschmückend mit Kunst, und zog die schimmernde Randung
Dreifach und blank ringsher; ein Gehenk dann fügt er von Silber.
Aus fünf Schichten gedrängt war der Schild selbst; oben darauf dann
Bildet er viel Kunstreiches mit kundigem Geist der Erfindung.
Drauf nun schuf er die Erd’, und das wogende Meer, und den Himmel,
Helios auch, unermüdet im Lauf und die Scheibe Selene’s;
Drauf auch alle Gestirne, so viel sind Zeichen des Himmels,
Auch Plejad’ und Hyad’ und die groſse Kraft des Orion,
Auch die Bärin, die sonst der Himmelswagen genannt wird,
Welche sich dort umdreht, und stets den Orion bemerket,
Und sie allein niemals in Okeanos Bad sich hinabtaucht.
1) Odyss. 13, 11.
2) Odyss. 7, 91 u. 100.
3) Ilias 23, 303 bis 310, 438.
4) Ilias 8, 192.
5) Ilias 20, 272.
6) Ilias 12, 296.
7) Il. 11, 23, 30 ff.
8) Ilias 18, 478 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/410>, abgerufen am 25.11.2024.
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