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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Griechenland.
Götter trinken aus goldenen Bechern. Es ist das edelste Metall, der
Götter am würdigsten, deshalb nennt es Homer zumeist in Verbindung
mit den Unsterblichen, doch auch auffallend oft da, wo er den Reich-
tum der Könige und Helden schildern will. Ob Curtius recht hat, dass
diese Vorliebe für Gold ein spezifisch ionischer Zug des Homer war,
indem die Ionier das Gold zuerst in den griechischen Verkehr gebracht
und in ihrer Prachtliebe die Bewunderung seines Glanzes und Zaubers,
wovon die homerischen Gedichte voll sind, gepflegt hätten 1), wollen
wir nicht entscheiden, doch scheint uns die Vorliebe der Griechen für
das Gold eher von den Phöniziern ausgegangen zu sein, die, wie wir wissen,
gerade an der griechischen Küste bedeutende Goldbergwerke betrieben,
wie die am Pangäos in Thracien, zu Thasos und in Bithynien 2).

Mykenä wird "die Goldschimmernde" genannt und nach den Ent-
deckungen von Schliemann mit vollem Rechte. Dagegen war nach
dem Berichte späterer Schriftsteller das Festland von Hellas durchaus
nicht reich an Gold. Nach Theopompos' Bericht enthielt das Schatz-
haus des Heiligtumes zu Delphi vor dem 6. Jahrhundert, d. h. vor der
Zeit des Königs Gyges, noch keine goldenen und silbernen, sondern nur
kupferne Weihgeschenke 3). Auch Homer führt den Besitz der Helden
an goldenen Gefässen meist auf Geschenke asiatischer, namentlich
sidonischer Fürsten zurück. Wir müssen bei den Schilderungen Homers
über die Goldschätze seiner Helden der poetischen Übertreibung einiges
zu gut halten.

Homer nennt das Gold timeeis (times) das von den Menschen
hochgeehrte und eritimos, das geschätzte, hochgeehrte. Das Wert-
verhältnis des Goldes zu den übrigen Metallen zur heroischen Zeit lässt
sich nicht mehr bestimmen, denn die Schätzung der goldenen Rüstung
des Glaukos, die auf 100 Rinder gegenüber der kupfernen des Diomedes,
die nur auf 9 Rinder veranschlagt wird, giebt hierfür keinen Massstab 4).
Gold war schon zu Homers Zeiten Wertmesser und wird namentlich
als Lösegeld öfters erwähnt, doch wurde es noch in Stücken von be-
stimmter Form, talanton, zugewogen. Das homerische Goldtalent
muss indes weit kleiner gewesen sein, als das später gebräuchliche,
babylonische, Talent (= 7500 Mark), -- oder übertreibt Homer bei seinen
Wertberechnungen 5). Agamemnon bietet dem zürnenden Achill zur Ver-
söhnung 10 Talente Goldes, ebensoviel Priamos dem Achill für die Leiche
des Hektor. Der Wächter, der den Agamemnon zuerst erspäht, erhält

1) Curtius, Griech. Geschichte I, 126.
2) Phönizien p. 181.
3) Herodot I, 69;
Theopomp. 6; Athen. VI, 231.
4) Ilias 6, 235; das Wertverhältnis der genann-
ten Metalle ist etwa 1000/1.
5) Homer 18, 507; 23, 269.

Griechenland.
Götter trinken aus goldenen Bechern. Es ist das edelste Metall, der
Götter am würdigsten, deshalb nennt es Homer zumeist in Verbindung
mit den Unsterblichen, doch auch auffallend oft da, wo er den Reich-
tum der Könige und Helden schildern will. Ob Curtius recht hat, daſs
diese Vorliebe für Gold ein spezifisch ionischer Zug des Homer war,
indem die Ionier das Gold zuerst in den griechischen Verkehr gebracht
und in ihrer Prachtliebe die Bewunderung seines Glanzes und Zaubers,
wovon die homerischen Gedichte voll sind, gepflegt hätten 1), wollen
wir nicht entscheiden, doch scheint uns die Vorliebe der Griechen für
das Gold eher von den Phöniziern ausgegangen zu sein, die, wie wir wissen,
gerade an der griechischen Küste bedeutende Goldbergwerke betrieben,
wie die am Pangäos in Thracien, zu Thasos und in Bithynien 2).

Mykenä wird „die Goldschimmernde“ genannt und nach den Ent-
deckungen von Schliemann mit vollem Rechte. Dagegen war nach
dem Berichte späterer Schriftsteller das Festland von Hellas durchaus
nicht reich an Gold. Nach Theopompos’ Bericht enthielt das Schatz-
haus des Heiligtumes zu Delphi vor dem 6. Jahrhundert, d. h. vor der
Zeit des Königs Gyges, noch keine goldenen und silbernen, sondern nur
kupferne Weihgeschenke 3). Auch Homer führt den Besitz der Helden
an goldenen Gefäſsen meist auf Geschenke asiatischer, namentlich
sidonischer Fürsten zurück. Wir müssen bei den Schilderungen Homers
über die Goldschätze seiner Helden der poetischen Übertreibung einiges
zu gut halten.

Homer nennt das Gold τίμήεις (τιμῆς) das von den Menschen
hochgeehrte und ἐρίτιμος, das geschätzte, hochgeehrte. Das Wert-
verhältnis des Goldes zu den übrigen Metallen zur heroischen Zeit läſst
sich nicht mehr bestimmen, denn die Schätzung der goldenen Rüstung
des Glaukos, die auf 100 Rinder gegenüber der kupfernen des Diomedes,
die nur auf 9 Rinder veranschlagt wird, giebt hierfür keinen Maſsstab 4).
Gold war schon zu Homers Zeiten Wertmesser und wird namentlich
als Lösegeld öfters erwähnt, doch wurde es noch in Stücken von be-
stimmter Form, τάλαντον, zugewogen. Das homerische Goldtalent
muſs indes weit kleiner gewesen sein, als das später gebräuchliche,
babylonische, Talent (= 7500 Mark), — oder übertreibt Homer bei seinen
Wertberechnungen 5). Agamemnon bietet dem zürnenden Achill zur Ver-
söhnung 10 Talente Goldes, ebensoviel Priamos dem Achill für die Leiche
des Hektor. Der Wächter, der den Agamemnon zuerst erspäht, erhält

1) Curtius, Griech. Geschichte I, 126.
2) Phönizien p. 181.
3) Herodot I, 69;
Theopomp. 6; Athen. VI, 231.
4) Ilias 6, 235; das Wertverhältnis der genann-
ten Metalle ist etwa 1000/1.
5) Homer 18, 507; 23, 269.
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[386/0408] Griechenland. Götter trinken aus goldenen Bechern. Es ist das edelste Metall, der Götter am würdigsten, deshalb nennt es Homer zumeist in Verbindung mit den Unsterblichen, doch auch auffallend oft da, wo er den Reich- tum der Könige und Helden schildern will. Ob Curtius recht hat, daſs diese Vorliebe für Gold ein spezifisch ionischer Zug des Homer war, indem die Ionier das Gold zuerst in den griechischen Verkehr gebracht und in ihrer Prachtliebe die Bewunderung seines Glanzes und Zaubers, wovon die homerischen Gedichte voll sind, gepflegt hätten 1), wollen wir nicht entscheiden, doch scheint uns die Vorliebe der Griechen für das Gold eher von den Phöniziern ausgegangen zu sein, die, wie wir wissen, gerade an der griechischen Küste bedeutende Goldbergwerke betrieben, wie die am Pangäos in Thracien, zu Thasos und in Bithynien 2). Mykenä wird „die Goldschimmernde“ genannt und nach den Ent- deckungen von Schliemann mit vollem Rechte. Dagegen war nach dem Berichte späterer Schriftsteller das Festland von Hellas durchaus nicht reich an Gold. Nach Theopompos’ Bericht enthielt das Schatz- haus des Heiligtumes zu Delphi vor dem 6. Jahrhundert, d. h. vor der Zeit des Königs Gyges, noch keine goldenen und silbernen, sondern nur kupferne Weihgeschenke 3). Auch Homer führt den Besitz der Helden an goldenen Gefäſsen meist auf Geschenke asiatischer, namentlich sidonischer Fürsten zurück. Wir müssen bei den Schilderungen Homers über die Goldschätze seiner Helden der poetischen Übertreibung einiges zu gut halten. Homer nennt das Gold τίμήεις (τιμῆς) das von den Menschen hochgeehrte und ἐρίτιμος, das geschätzte, hochgeehrte. Das Wert- verhältnis des Goldes zu den übrigen Metallen zur heroischen Zeit läſst sich nicht mehr bestimmen, denn die Schätzung der goldenen Rüstung des Glaukos, die auf 100 Rinder gegenüber der kupfernen des Diomedes, die nur auf 9 Rinder veranschlagt wird, giebt hierfür keinen Maſsstab 4). Gold war schon zu Homers Zeiten Wertmesser und wird namentlich als Lösegeld öfters erwähnt, doch wurde es noch in Stücken von be- stimmter Form, τάλαντον, zugewogen. Das homerische Goldtalent muſs indes weit kleiner gewesen sein, als das später gebräuchliche, babylonische, Talent (= 7500 Mark), — oder übertreibt Homer bei seinen Wertberechnungen 5). Agamemnon bietet dem zürnenden Achill zur Ver- söhnung 10 Talente Goldes, ebensoviel Priamos dem Achill für die Leiche des Hektor. Der Wächter, der den Agamemnon zuerst erspäht, erhält 1) Curtius, Griech. Geschichte I, 126. 2) Phönizien p. 181. 3) Herodot I, 69; Theopomp. 6; Athen. VI, 231. 4) Ilias 6, 235; das Wertverhältnis der genann- ten Metalle ist etwa 1000/1. 5) Homer 18, 507; 23, 269.

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 386. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/408>, abgerufen am 22.11.2024.