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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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Amerika.
dieser Beziehung den alten Bauwerken Indiens und Ägyptens durch-
aus nicht nachstehen. Es sei hier nur in aller Kürze hingewiesen auf
die 380 Fuss hohe abgestumpfte Pyramide von Xochilcalco, die, nach
Humboldt, auf einer Basis von Basalt, aus sehr regelmässig geschnittenen
Granitblöcken besteht, deren Wände mit Hieroglyphen von vollkommen
sauberem Stil bedeckt sind (Dupaix); auf die in der Mitte des 15. Jahr-
hunderts von Nezahualcoyotl in Tezcotzinco aufgeführten Prachtbauten
mit ihren weiten, aus Marmorsäulen errichteten Hallen, ihren gross-
artigen Bildwerken, einem meilenlangen Aquadukt, und Treppen, deren
520 Stufen zum grössten Teil in den lebendigen Porphyr eingehauen
waren; ferner auf die weltbekannten Ruinen von Mitla, Palenque und
Ytzalane in Yucatan, die nach Antonio del Rio aus Porphyr bestehen
und mit Skulpturarbeit von bewundernswürdiger Ausführung förmlich
überladen sind; oder auf die Tempelbauten von Uxmal, in deren
Ruinen von wahrhaft kolossalem Charakter sich unter anderm ein mit
43660 Porphyrsteinen gepflasterter Hof befindet, deren sechs Zoll im
Quadrat haltende Oberfläche eine vortrefflich skulptierte Schildkröte
(exquisitely cut in demi-relief) zeigt; auf die Trümmer von Copan in
Honduras, mit ihren Kolossalstatuen, Skulpturen, Hieroglyphen, Obelis-
ken u. s. w., die, wie Stephens versichert, "die leichteste Hand verraten
in der Führung des Meissels und mit den besten Stahlinstrumenten
nicht vollendeter hergestellt werden konnten". Zu allen Statuen in
Nicaragua ist stets, nach Squier's Beobachtung (Centr. Amer. II, 68), ein
schwarzer Basalt von solcher Härte verwendet, dass er sich nur schwer
mit den besten Stahlwerkzeugen der Neuzeit schneiden lässt.

Ich erinnere weiter an die staunenswerten, aus dem härtesten
Granit (Tschudi, Reisen V, 290) bestehenden Ruinen von Tiahuanaco,
die, wenn man den Peruanern glauben darf, aus einer Zeit stammten,
"ehe noch die Sonne den Himmel erleuchtete"; an die Festungen von
Cannar und Callo, erbaut aus schwarzen Steinblöcken, härter, wie Ulloa
versichert, als Flintstein, und doch so scharf und künstlich behauen
und gerändelt, dass die Fugen kaum wahrnehmbar sind; an die Ruinen
der Kaiserpaläste in Cuzco und Palca, und endlich an die, erst neuer-
dings durch Charles Wiener, dem französischen Konsul in Guayaquil,
bekannt gewordenen, erstaunlichen Tempelruinen bei Colpa, mit ihren
aus Granit und Porphyr bestehenden grossen Sälen und Galerieen,
Brunnenmonolithen und Skulpturwerken von Menschen und Tieren.

Und vielleicht wird dies Alles noch übertroffen durch die merk-
würdigste, kühnste Gebirgsstrasse der Welt, die sogen. Incastrasse,
welche von Quito über Cuzco bis Chile in einer Längenausdehnung

Amerika.
dieser Beziehung den alten Bauwerken Indiens und Ägyptens durch-
aus nicht nachstehen. Es sei hier nur in aller Kürze hingewiesen auf
die 380 Fuſs hohe abgestumpfte Pyramide von Xochilcalco, die, nach
Humboldt, auf einer Basis von Basalt, aus sehr regelmäſsig geschnittenen
Granitblöcken besteht, deren Wände mit Hieroglyphen von vollkommen
sauberem Stil bedeckt sind (Dupaix); auf die in der Mitte des 15. Jahr-
hunderts von Nezahualcoyotl in Tezcotzinco aufgeführten Prachtbauten
mit ihren weiten, aus Marmorsäulen errichteten Hallen, ihren groſs-
artigen Bildwerken, einem meilenlangen Aquadukt, und Treppen, deren
520 Stufen zum gröſsten Teil in den lebendigen Porphyr eingehauen
waren; ferner auf die weltbekannten Ruinen von Mitla, Palenque und
Ytzalane in Yucatan, die nach Antonio del Rio aus Porphyr bestehen
und mit Skulpturarbeit von bewundernswürdiger Ausführung förmlich
überladen sind; oder auf die Tempelbauten von Uxmal, in deren
Ruinen von wahrhaft kolossalem Charakter sich unter anderm ein mit
43660 Porphyrsteinen gepflasterter Hof befindet, deren sechs Zoll im
Quadrat haltende Oberfläche eine vortrefflich skulptierte Schildkröte
(exquisitely cut in demi-relief) zeigt; auf die Trümmer von Copan in
Honduras, mit ihren Kolossalstatuen, Skulpturen, Hieroglyphen, Obelis-
ken u. s. w., die, wie Stephens versichert, „die leichteste Hand verraten
in der Führung des Meiſsels und mit den besten Stahlinstrumenten
nicht vollendeter hergestellt werden konnten“. Zu allen Statuen in
Nicaragua ist stets, nach Squier’s Beobachtung (Centr. Amer. II, 68), ein
schwarzer Basalt von solcher Härte verwendet, daſs er sich nur schwer
mit den besten Stahlwerkzeugen der Neuzeit schneiden läſst.

Ich erinnere weiter an die staunenswerten, aus dem härtesten
Granit (Tschudi, Reisen V, 290) bestehenden Ruinen von Tiahuanaco,
die, wenn man den Peruanern glauben darf, aus einer Zeit stammten,
„ehe noch die Sonne den Himmel erleuchtete“; an die Festungen von
Cañar und Callo, erbaut aus schwarzen Steinblöcken, härter, wie Ulloa
versichert, als Flintstein, und doch so scharf und künstlich behauen
und gerändelt, daſs die Fugen kaum wahrnehmbar sind; an die Ruinen
der Kaiserpaläste in Cuzco und Palca, und endlich an die, erst neuer-
dings durch Charles Wiener, dem französischen Konsul in Guayaquil,
bekannt gewordenen, erstaunlichen Tempelruinen bei Colpa, mit ihren
aus Granit und Porphyr bestehenden groſsen Sälen und Galerieen,
Brunnenmonolithen und Skulpturwerken von Menschen und Tieren.

Und vielleicht wird dies Alles noch übertroffen durch die merk-
würdigste, kühnste Gebirgsstraſse der Welt, die sogen. Incastraſse,
welche von Quito über Cuzco bis Chile in einer Längenausdehnung

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[356/0378] Amerika. dieser Beziehung den alten Bauwerken Indiens und Ägyptens durch- aus nicht nachstehen. Es sei hier nur in aller Kürze hingewiesen auf die 380 Fuſs hohe abgestumpfte Pyramide von Xochilcalco, die, nach Humboldt, auf einer Basis von Basalt, aus sehr regelmäſsig geschnittenen Granitblöcken besteht, deren Wände mit Hieroglyphen von vollkommen sauberem Stil bedeckt sind (Dupaix); auf die in der Mitte des 15. Jahr- hunderts von Nezahualcoyotl in Tezcotzinco aufgeführten Prachtbauten mit ihren weiten, aus Marmorsäulen errichteten Hallen, ihren groſs- artigen Bildwerken, einem meilenlangen Aquadukt, und Treppen, deren 520 Stufen zum gröſsten Teil in den lebendigen Porphyr eingehauen waren; ferner auf die weltbekannten Ruinen von Mitla, Palenque und Ytzalane in Yucatan, die nach Antonio del Rio aus Porphyr bestehen und mit Skulpturarbeit von bewundernswürdiger Ausführung förmlich überladen sind; oder auf die Tempelbauten von Uxmal, in deren Ruinen von wahrhaft kolossalem Charakter sich unter anderm ein mit 43660 Porphyrsteinen gepflasterter Hof befindet, deren sechs Zoll im Quadrat haltende Oberfläche eine vortrefflich skulptierte Schildkröte (exquisitely cut in demi-relief) zeigt; auf die Trümmer von Copan in Honduras, mit ihren Kolossalstatuen, Skulpturen, Hieroglyphen, Obelis- ken u. s. w., die, wie Stephens versichert, „die leichteste Hand verraten in der Führung des Meiſsels und mit den besten Stahlinstrumenten nicht vollendeter hergestellt werden konnten“. Zu allen Statuen in Nicaragua ist stets, nach Squier’s Beobachtung (Centr. Amer. II, 68), ein schwarzer Basalt von solcher Härte verwendet, daſs er sich nur schwer mit den besten Stahlwerkzeugen der Neuzeit schneiden läſst. Ich erinnere weiter an die staunenswerten, aus dem härtesten Granit (Tschudi, Reisen V, 290) bestehenden Ruinen von Tiahuanaco, die, wenn man den Peruanern glauben darf, aus einer Zeit stammten, „ehe noch die Sonne den Himmel erleuchtete“; an die Festungen von Cañar und Callo, erbaut aus schwarzen Steinblöcken, härter, wie Ulloa versichert, als Flintstein, und doch so scharf und künstlich behauen und gerändelt, daſs die Fugen kaum wahrnehmbar sind; an die Ruinen der Kaiserpaläste in Cuzco und Palca, und endlich an die, erst neuer- dings durch Charles Wiener, dem französischen Konsul in Guayaquil, bekannt gewordenen, erstaunlichen Tempelruinen bei Colpa, mit ihren aus Granit und Porphyr bestehenden groſsen Sälen und Galerieen, Brunnenmonolithen und Skulpturwerken von Menschen und Tieren. Und vielleicht wird dies Alles noch übertroffen durch die merk- würdigste, kühnste Gebirgsstraſse der Welt, die sogen. Incastraſse, welche von Quito über Cuzco bis Chile in einer Längenausdehnung

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/378>, abgerufen am 22.11.2024.