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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884.

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der Hinterlassenschaft jener Völker vorläge als allein die beiden unter
Montezuma I. hergestellten, durch Humboldt als Calender- und Opfer-
stein in weiteren Kreisen bekannt gewordenen, in Basalt mit unüber-
trefflicher Sauberkeit und Schärfe ausgeführten Skulpturen; oder jene,
zuerst von La Condamine in altperuanischen Bauten entdeckten, sonder-
baren Tierköpfe, die nebst einem in ihren durchbohrten Nasenlöchern
hängenden, beweglichen Ringe aus einem einzigen Porphyrblocke ge-
meisselt sind, würde die Technik mit aller Entschiedenheit erklären,
dass in dem Lande, wo diese Skulpturwerke hergestellt wurden, der
Stahlmeissel in Gebrauch gewesen sein müsse.

Wir besitzen im ganzen Mineralreiche keinen Körper und in der
Industrie keine künstliche Legierung, womit man im stande wäre den
Stahl zu ersetzen, der dadurch ausgezeichnet ist, dass er mit der
grössten Härte auch die möglichste Zähigkeit verbindet, und daneben
ohne Mühe sich in jede wünschenswerte Form bringen lässt. Und als
Beweis, dass nicht nur der gewöhnliche, sondern der vorzüglichste
Stahl erforderlich wird, wenn es gilt, die harten Gesteinsarten zu
bewältigen, möge besonders für jene Gelehrten, denen die Arbeitsräume
unserer Handwerker eine terra incognita sind, folgende historisch gut
beglaubigte Thatsache hier Platz finden: Als Papst Julius II. die schöne,
jetzt im Museo Pio-Clementino aufgestellte, aus rotem Porphyr ge-
arbeitete antike Schale restaurieren lassen wollte und damit den Michel
Angelo beauftragte, war dieser nicht dazu im stande, weil seine Stahl-
werkzeuge den Dienst versagten. Die Arbeit gelang nachher dem
Francesco del Tadda, der sich zum Härten des Stahles eines aus Kräu-
tern destillierten Wassers bediente, welches der Grossherzog Cosmus
erfunden hatte (Vasari, Le vite de pitt. I, 11; Bunsen, Rom I, 354).
Übrigens bemerkte hierzu schon Beckmann sehr richtig, dass es weniger
auf das leicht angesäuerte Härtewasser, als auf die besondere Güte des
Stahls ankommen konnte.

Nun handelt es sich aber nicht nur um die oben erwähnten, ver-
hältnismässig unbedeutenden Steinarbeiten; auch nicht, wie Bancroft
(II, 480) sehr reserviert sich ausdrückt, um "einige Idole und Statuen",
die aus dem härtesten Gestein skulptiert wären, sondern um Hoch-
bauten, Tempel, Befestigungen, Strassen- und Tunnelanlagen in so
unglaublicher Menge und Ausdehnung, wie kein zweites Land der
Erde sie in seinen Altertümern nachzuweisen vermag, Bauten, die alle
aus Steinen der härtesten Gattung, aus Grünstein, rotem Porphyr,
Basalt, Syenit, Granit u. s. w., und zum Teil in solch technischer Voll-
endung, Regelmässigkeit und Schönheit hergestellt sind, dass sie in

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der Hinterlassenschaft jener Völker vorläge als allein die beiden unter
Montezuma I. hergestellten, durch Humboldt als Calender- und Opfer-
stein in weiteren Kreisen bekannt gewordenen, in Basalt mit unüber-
trefflicher Sauberkeit und Schärfe ausgeführten Skulpturen; oder jene,
zuerst von La Condamine in altperuanischen Bauten entdeckten, sonder-
baren Tierköpfe, die nebst einem in ihren durchbohrten Nasenlöchern
hängenden, beweglichen Ringe aus einem einzigen Porphyrblocke ge-
meiſselt sind, würde die Technik mit aller Entschiedenheit erklären,
daſs in dem Lande, wo diese Skulpturwerke hergestellt wurden, der
Stahlmeiſsel in Gebrauch gewesen sein müsse.

Wir besitzen im ganzen Mineralreiche keinen Körper und in der
Industrie keine künstliche Legierung, womit man im stande wäre den
Stahl zu ersetzen, der dadurch ausgezeichnet ist, daſs er mit der
gröſsten Härte auch die möglichste Zähigkeit verbindet, und daneben
ohne Mühe sich in jede wünschenswerte Form bringen läſst. Und als
Beweis, daſs nicht nur der gewöhnliche, sondern der vorzüglichste
Stahl erforderlich wird, wenn es gilt, die harten Gesteinsarten zu
bewältigen, möge besonders für jene Gelehrten, denen die Arbeitsräume
unserer Handwerker eine terra incognita sind, folgende historisch gut
beglaubigte Thatsache hier Platz finden: Als Papst Julius II. die schöne,
jetzt im Museo Pio-Clementino aufgestellte, aus rotem Porphyr ge-
arbeitete antike Schale restaurieren lassen wollte und damit den Michel
Angelo beauftragte, war dieser nicht dazu im stande, weil seine Stahl-
werkzeuge den Dienst versagten. Die Arbeit gelang nachher dem
Francesco del Tadda, der sich zum Härten des Stahles eines aus Kräu-
tern destillierten Wassers bediente, welches der Groſsherzog Cosmus
erfunden hatte (Vasari, Le vite de pitt. I, 11; Bunsen, Rom I, 354).
Übrigens bemerkte hierzu schon Beckmann sehr richtig, daſs es weniger
auf das leicht angesäuerte Härtewasser, als auf die besondere Güte des
Stahls ankommen konnte.

Nun handelt es sich aber nicht nur um die oben erwähnten, ver-
hältnismäſsig unbedeutenden Steinarbeiten; auch nicht, wie Bancroft
(II, 480) sehr reserviert sich ausdrückt, um „einige Idole und Statuen“,
die aus dem härtesten Gestein skulptiert wären, sondern um Hoch-
bauten, Tempel, Befestigungen, Straſsen- und Tunnelanlagen in so
unglaublicher Menge und Ausdehnung, wie kein zweites Land der
Erde sie in seinen Altertümern nachzuweisen vermag, Bauten, die alle
aus Steinen der härtesten Gattung, aus Grünstein, rotem Porphyr,
Basalt, Syenit, Granit u. s. w., und zum Teil in solch technischer Voll-
endung, Regelmäſsigkeit und Schönheit hergestellt sind, daſs sie in

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[355/0377] Amerika. der Hinterlassenschaft jener Völker vorläge als allein die beiden unter Montezuma I. hergestellten, durch Humboldt als Calender- und Opfer- stein in weiteren Kreisen bekannt gewordenen, in Basalt mit unüber- trefflicher Sauberkeit und Schärfe ausgeführten Skulpturen; oder jene, zuerst von La Condamine in altperuanischen Bauten entdeckten, sonder- baren Tierköpfe, die nebst einem in ihren durchbohrten Nasenlöchern hängenden, beweglichen Ringe aus einem einzigen Porphyrblocke ge- meiſselt sind, würde die Technik mit aller Entschiedenheit erklären, daſs in dem Lande, wo diese Skulpturwerke hergestellt wurden, der Stahlmeiſsel in Gebrauch gewesen sein müsse. Wir besitzen im ganzen Mineralreiche keinen Körper und in der Industrie keine künstliche Legierung, womit man im stande wäre den Stahl zu ersetzen, der dadurch ausgezeichnet ist, daſs er mit der gröſsten Härte auch die möglichste Zähigkeit verbindet, und daneben ohne Mühe sich in jede wünschenswerte Form bringen läſst. Und als Beweis, daſs nicht nur der gewöhnliche, sondern der vorzüglichste Stahl erforderlich wird, wenn es gilt, die harten Gesteinsarten zu bewältigen, möge besonders für jene Gelehrten, denen die Arbeitsräume unserer Handwerker eine terra incognita sind, folgende historisch gut beglaubigte Thatsache hier Platz finden: Als Papst Julius II. die schöne, jetzt im Museo Pio-Clementino aufgestellte, aus rotem Porphyr ge- arbeitete antike Schale restaurieren lassen wollte und damit den Michel Angelo beauftragte, war dieser nicht dazu im stande, weil seine Stahl- werkzeuge den Dienst versagten. Die Arbeit gelang nachher dem Francesco del Tadda, der sich zum Härten des Stahles eines aus Kräu- tern destillierten Wassers bediente, welches der Groſsherzog Cosmus erfunden hatte (Vasari, Le vite de pitt. I, 11; Bunsen, Rom I, 354). Übrigens bemerkte hierzu schon Beckmann sehr richtig, daſs es weniger auf das leicht angesäuerte Härtewasser, als auf die besondere Güte des Stahls ankommen konnte. Nun handelt es sich aber nicht nur um die oben erwähnten, ver- hältnismäſsig unbedeutenden Steinarbeiten; auch nicht, wie Bancroft (II, 480) sehr reserviert sich ausdrückt, um „einige Idole und Statuen“, die aus dem härtesten Gestein skulptiert wären, sondern um Hoch- bauten, Tempel, Befestigungen, Straſsen- und Tunnelanlagen in so unglaublicher Menge und Ausdehnung, wie kein zweites Land der Erde sie in seinen Altertümern nachzuweisen vermag, Bauten, die alle aus Steinen der härtesten Gattung, aus Grünstein, rotem Porphyr, Basalt, Syenit, Granit u. s. w., und zum Teil in solch technischer Voll- endung, Regelmäſsigkeit und Schönheit hergestellt sind, daſs sie in 23*

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Zitationshilfe: Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/377>, abgerufen am 22.11.2024.