dass die Routine der schwarzen Eisenschmiede eine durch viele Genera- tionen überkommene ist. Dafür sprechen auch die ungeheuren Schlacken- halden, die sich in vielen Gegenden Indiens finden. Eine Schilderung der originellen und interessanten Eisendarstellungsweisen der heutigen Indier dürfte daher auch ein ziemlich richtiges Bild von der Fabrikation im Altertume geben.
Heutzutage sind es fast ausschliesslich die dunkelfarbigen Ein- geborenen mit krausem Wollhaar, welche den Negern am nächsten zu stehen scheinen, die das Eisenhandwerk betreiben. Im Nilgerrhigebirge (den blauen Bergen) ist es z. B. der Stamm der Kohata, der fast aus- schliesslich sich mit der Eisengewinnung abgiebt und daraus seinen ganzen Unterhalt zieht 1). Die Kohata sind wandernde Leute im Gebiete der Tudas und der Buddagur. Sie haben die Gewohnheit jede Toten- feier der Tudas zu besuchen, wobei ihnen die Gerippe der Opfertiere überlassen werden. Für Eisen, das ihre Schmiede gewinnen und das viele Vorzüge vor dem Mysoreeisen hat, tauschen sie viele Bedürfnisse, zumal Häute, von den Buddagur und Tudas ein, die sie zu kunstvollen Lederwaren verarbeiten. Die Schmiede nehmen in diesem Stamme die vornehmste Stellung ein. Es sind meistens Eisenschmiede, doch giebt es auch Gold- und Silberschmiede. An gewissen Festtagen im Monate März schmieden sie bei Vollmond in ihren Tempelhallen. Jeder muss sich seine eigene kleine Esse errichten und den Göttern ein beliebiges Stück schmieden, um sie für das kommende Jahr gnädig zu stimmen. Die Weiber, die meist Töpferei betreiben, bringen in ähnlicher Weise ein Stück Geschirr im Tempel dar. Die Gewerbe scheinen in den Familien erblich zu sein. Dieser eine Stamm, der nur noch aus wenigen tausend Köpfen besteht, betreibt alle Handwerke für die Nachbarstämme. Da- gegen tragen die Kohata keine Lasten und geben sich nicht zu Hand- langern beim Häuserbau her. Ausser mit der Schmiedekunst beschäftigen sie sich etwas mit Ackerbau und sind zugleich die Musikanten des Berglandes. Horn, Pfeife und Tamtam sind ihre Instrumente und sie begleiten ihre nicht unschönen Tänze mit Gesang. Sie sind indes wie die meisten Eingeborenen Indiens dem Opiumgenuss im höchsten Grade ergeben. Die übrigen Stämme der "blauen Berge" geben ihnen durch Vertrag Abgaben an Cerealien, wofür die Kohata ihre Acker- geräte im Stande halten. So zahlt jede Buddagurgemeinde für diese Leistung den Kohata ihres Distriktes 80 Mass Gerste.
Der Eisensteinbergbau der Indier ist durchgehends sehr primitiv.
1) Ritter a. a. O. V, 1021 etc.
Die Arier in Asien.
daſs die Routine der schwarzen Eisenschmiede eine durch viele Genera- tionen überkommene ist. Dafür sprechen auch die ungeheuren Schlacken- halden, die sich in vielen Gegenden Indiens finden. Eine Schilderung der originellen und interessanten Eisendarstellungsweisen der heutigen Indier dürfte daher auch ein ziemlich richtiges Bild von der Fabrikation im Altertume geben.
Heutzutage sind es fast ausschlieſslich die dunkelfarbigen Ein- geborenen mit krausem Wollhaar, welche den Negern am nächsten zu stehen scheinen, die das Eisenhandwerk betreiben. Im Nilgerrhigebirge (den blauen Bergen) ist es z. B. der Stamm der Kohata, der fast aus- schlieſslich sich mit der Eisengewinnung abgiebt und daraus seinen ganzen Unterhalt zieht 1). Die Kohata sind wandernde Leute im Gebiete der Tudas und der Buddagur. Sie haben die Gewohnheit jede Toten- feier der Tudas zu besuchen, wobei ihnen die Gerippe der Opfertiere überlassen werden. Für Eisen, das ihre Schmiede gewinnen und das viele Vorzüge vor dem Mysoreeisen hat, tauschen sie viele Bedürfnisse, zumal Häute, von den Buddagur und Tudas ein, die sie zu kunstvollen Lederwaren verarbeiten. Die Schmiede nehmen in diesem Stamme die vornehmste Stellung ein. Es sind meistens Eisenschmiede, doch giebt es auch Gold- und Silberschmiede. An gewissen Festtagen im Monate März schmieden sie bei Vollmond in ihren Tempelhallen. Jeder muſs sich seine eigene kleine Esse errichten und den Göttern ein beliebiges Stück schmieden, um sie für das kommende Jahr gnädig zu stimmen. Die Weiber, die meist Töpferei betreiben, bringen in ähnlicher Weise ein Stück Geschirr im Tempel dar. Die Gewerbe scheinen in den Familien erblich zu sein. Dieser eine Stamm, der nur noch aus wenigen tausend Köpfen besteht, betreibt alle Handwerke für die Nachbarstämme. Da- gegen tragen die Kohata keine Lasten und geben sich nicht zu Hand- langern beim Häuserbau her. Auſser mit der Schmiedekunst beschäftigen sie sich etwas mit Ackerbau und sind zugleich die Musikanten des Berglandes. Horn, Pfeife und Tamtam sind ihre Instrumente und sie begleiten ihre nicht unschönen Tänze mit Gesang. Sie sind indes wie die meisten Eingeborenen Indiens dem Opiumgenuſs im höchsten Grade ergeben. Die übrigen Stämme der „blauen Berge“ geben ihnen durch Vertrag Abgaben an Cerealien, wofür die Kohata ihre Acker- geräte im Stande halten. So zahlt jede Buddagurgemeinde für diese Leistung den Kohata ihres Distriktes 80 Maſs Gerste.
Der Eisensteinbergbau der Indier ist durchgehends sehr primitiv.
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Die Arier in Asien.
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tionen überkommene ist. Dafür sprechen auch die ungeheuren Schlacken-
halden, die sich in vielen Gegenden Indiens finden. Eine Schilderung
der originellen und interessanten Eisendarstellungsweisen der heutigen
Indier dürfte daher auch ein ziemlich richtiges Bild von der Fabrikation
im Altertume geben.
Heutzutage sind es fast ausschlieſslich die dunkelfarbigen Ein-
geborenen mit krausem Wollhaar, welche den Negern am nächsten zu
stehen scheinen, die das Eisenhandwerk betreiben. Im Nilgerrhigebirge
(den blauen Bergen) ist es z. B. der Stamm der Kohata, der fast aus-
schlieſslich sich mit der Eisengewinnung abgiebt und daraus seinen
ganzen Unterhalt zieht 1). Die Kohata sind wandernde Leute im Gebiete
der Tudas und der Buddagur. Sie haben die Gewohnheit jede Toten-
feier der Tudas zu besuchen, wobei ihnen die Gerippe der Opfertiere
überlassen werden. Für Eisen, das ihre Schmiede gewinnen und das
viele Vorzüge vor dem Mysoreeisen hat, tauschen sie viele Bedürfnisse,
zumal Häute, von den Buddagur und Tudas ein, die sie zu kunstvollen
Lederwaren verarbeiten. Die Schmiede nehmen in diesem Stamme die
vornehmste Stellung ein. Es sind meistens Eisenschmiede, doch giebt es
auch Gold- und Silberschmiede. An gewissen Festtagen im Monate
März schmieden sie bei Vollmond in ihren Tempelhallen. Jeder muſs sich
seine eigene kleine Esse errichten und den Göttern ein beliebiges Stück
schmieden, um sie für das kommende Jahr gnädig zu stimmen. Die
Weiber, die meist Töpferei betreiben, bringen in ähnlicher Weise ein
Stück Geschirr im Tempel dar. Die Gewerbe scheinen in den Familien
erblich zu sein. Dieser eine Stamm, der nur noch aus wenigen tausend
Köpfen besteht, betreibt alle Handwerke für die Nachbarstämme. Da-
gegen tragen die Kohata keine Lasten und geben sich nicht zu Hand-
langern beim Häuserbau her. Auſser mit der Schmiedekunst beschäftigen
sie sich etwas mit Ackerbau und sind zugleich die Musikanten des
Berglandes. Horn, Pfeife und Tamtam sind ihre Instrumente und
sie begleiten ihre nicht unschönen Tänze mit Gesang. Sie sind indes
wie die meisten Eingeborenen Indiens dem Opiumgenuſs im höchsten
Grade ergeben. Die übrigen Stämme der „blauen Berge“ geben ihnen
durch Vertrag Abgaben an Cerealien, wofür die Kohata ihre Acker-
geräte im Stande halten. So zahlt jede Buddagurgemeinde für diese
Leistung den Kohata ihres Distriktes 80 Maſs Gerste.
Der Eisensteinbergbau der Indier ist durchgehends sehr primitiv.
1) Ritter a. a. O. V, 1021 etc.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/252>, abgerufen am 22.11.2024.
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