Gesenius, Stahl bedeuten soll 1). Wir erlauben uns über diesen Gegen- stand, statt jeder eigenen Bemerkung, einen Brief des Herrn Dr. Bär in Biebrich, eines der gründlichsten Kenner der hebräischen Sprache, mitzuteilen.
". . . . Nach nochmaliger genauer Prüfung ergab sich als Resultat, dass ein Wort p'al@dah gar nicht existiert. In Nahum 2, 4 heisst es in Pluralform bsh p'@ladvt hdnb, von diesem Plural p'@ladvt einen nicht vorkommenden Singular p'al@dah zu bilden ist an sich schon gewagt. Aber ihm die Bedeutung "Stahl" beizulegen ist eine von Gesenius in seinem Wörterbuche angenommene Be- deutung, von welcher keiner von allen alten Nationalgram- matikern etwas weis. Auch dass im Arabischen Phalud ähnlich p'al@dah Stahl heisse ist unrichtig. Das arabische Wort dafür ist Baulad mit B, nicht P. Wieder auf die Stelle in Nahum zurückkommend ist dieselbe zu übersetzen: "mit funken- sprühendem Gespann", p'@ladvkh, vom Stamme lpd = pld "feurig sein, flammen"; so übersetzen auch Septuaginta und Vulgata, so auch Luther: "seine Wagen leuchten wie Feuer".
Die wirkliche hebräische Bezeichnung für Stahl aber findet sich Ezechiel 27, 19: b'ad@zel tsashvt (Barsel aschoth) d. h. wörtlich: "gehärtetes Eisen" = Stahl. Der Grammatiker David Kimchi erklärt dazu unzweideutig: tsshvt tvd lbdzl vhv hnqd bltsz tsvvr. "Das Wort tsashvt ist das Adjektiv zu b'ad@zel und ist dessen Bedeutung gleich dem Französischen acier." -- Auch die syrische Übersetzung gibt dafür: [fremdsprachliches Material - 11 Zeichen fehlen] ebenso die Vulgata ferrum fabrefactum. Aus jener Ezechielstelle er- fahren wir zugleich, woher den alten Israeliten der Stahl zu- kam, aus Arabien her mittels der Phönizier. Es hat gewiss für Sie Interesse, noch zu wissen, wie im Rabbinischen Stahl heisst. Die rabbinische Benennung ist is@tama (Istama) Talmud Berachoth, p. 62 b, vom Griechischen stomoo "stählen".
Wir ersehen hieraus, dass die Israeliten nicht nur aus dem Norden, sondern auch aus dem Süden, nämlich aus Usal in Jemen Stahl bezogen.
Das Eisen war das verbreitetste und billigste Metall in Israel, des-
1) Siehe auch Wiener, Bibl. Realwörterbuch II, S. 595; Rougemont, Bronze- zeit, S. 195.
Syrien.
Gesenius, Stahl bedeuten soll 1). Wir erlauben uns über diesen Gegen- stand, statt jeder eigenen Bemerkung, einen Brief des Herrn Dr. Bär in Biebrich, eines der gründlichsten Kenner der hebräischen Sprache, mitzuteilen.
„. . . . Nach nochmaliger genauer Prüfung ergab sich als Resultat, daſs ein Wort פַּלְדָה gar nicht existiert. In Nahum 2, 4 heiſst es in Pluralform באש פְּלָדוׁת הדנב, von diesem Plural פְּלָדוׁת einen nicht vorkommenden Singular פַּלְדָה zu bilden ist an sich schon gewagt. Aber ihm die Bedeutung „Stahl“ beizulegen ist eine von Gesenius in seinem Wörterbuche angenommene Be- deutung, von welcher keiner von allen alten Nationalgram- matikern etwas weis. Auch daſs im Arabischen Phalud ähnlich פַּלְדָה Stahl heiſse ist unrichtig. Das arabische Wort dafür ist Bûlâd mit B, nicht P. Wieder auf die Stelle in Nahum zurückkommend ist dieselbe zu übersetzen: „mit funken- sprühendem Gespann“, פְּלָדוׁח, vom Stamme לפד = פלד „feurig sein, flammen“; so übersetzen auch Septuaginta und Vulgata, so auch Luther: „seine Wagen leuchten wie Feuer“.
Die wirkliche hebräische Bezeichnung für Stahl aber findet sich Ezechiel 27, 19: בַּדְזֶל צָשׁוׁת (Barsel aschoth) d. h. wörtlich: „gehärtetes Eisen“ = Stahl. Der Grammatiker David Kimchi erklärt dazu unzweideutig: צשות תואד לבדזל והוא הנקדא בלצז אצוור. „Das Wort צָשׁוׁת ist das Adjektiv zu בַּדְזֶל und ist dessen Bedeutung gleich dem Französischen acier.“ — Auch die syrische Übersetzung gibt dafür: [fremdsprachliches Material – 11 Zeichen fehlen] ebenso die Vulgata ferrum fabrefactum. Aus jener Ezechielstelle er- fahren wir zugleich, woher den alten Israeliten der Stahl zu- kam, aus Arabien her mittels der Phönizier. Es hat gewiſs für Sie Interesse, noch zu wissen, wie im Rabbinischen Stahl heiſst. Die rabbinische Benennung ist אִסְטָמָא (Istama) Talmud Berachoth, p. 62 b, vom Griechischen στομόω „stählen“.
Wir ersehen hieraus, daſs die Israeliten nicht nur aus dem Norden, sondern auch aus dem Süden, nämlich aus Usal in Jemen Stahl bezogen.
Das Eisen war das verbreitetste und billigste Metall in Israel, des-
1) Siehe auch Wiener, Bibl. Realwörterbuch II, S. 595; Rougemont, Bronze- zeit, S. 195.
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Syrien.
Gesenius, Stahl bedeuten soll 1). Wir erlauben uns über diesen Gegen-
stand, statt jeder eigenen Bemerkung, einen Brief des Herrn Dr. Bär
in Biebrich, eines der gründlichsten Kenner der hebräischen Sprache,
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„. . . . Nach nochmaliger genauer Prüfung ergab sich als
Resultat, daſs ein Wort פַּלְדָה gar nicht existiert. In Nahum 2, 4
heiſst es in Pluralform באש פְּלָדוׁת הדנב, von diesem Plural פְּלָדוׁת
einen nicht vorkommenden Singular פַּלְדָה zu bilden ist an sich
schon gewagt. Aber ihm die Bedeutung „Stahl“ beizulegen ist
eine von Gesenius in seinem Wörterbuche angenommene Be-
deutung, von welcher keiner von allen alten Nationalgram-
matikern etwas weis. Auch daſs im Arabischen Phalud ähnlich
פַּלְדָה Stahl heiſse ist unrichtig. Das arabische Wort dafür ist
Bûlâd mit B, nicht P. Wieder auf die Stelle in Nahum
zurückkommend ist dieselbe zu übersetzen: „mit funken-
sprühendem Gespann“, פְּלָדוׁח, vom Stamme לפד = פלד „feurig
sein, flammen“; so übersetzen auch Septuaginta und Vulgata, so
auch Luther: „seine Wagen leuchten wie Feuer“.
Die wirkliche hebräische Bezeichnung für Stahl aber findet
sich Ezechiel 27, 19: בַּדְזֶל צָשׁוׁת (Barsel aschoth) d. h. wörtlich:
„gehärtetes Eisen“ = Stahl. Der Grammatiker David
Kimchi erklärt dazu unzweideutig: צשות תואד לבדזל והוא הנקדא
בלצז אצוור. „Das Wort צָשׁוׁת ist das Adjektiv zu בַּדְזֶל und ist dessen
Bedeutung gleich dem Französischen acier.“ — Auch die
syrische Übersetzung gibt dafür: ___________ ebenso
die Vulgata ferrum fabrefactum. Aus jener Ezechielstelle er-
fahren wir zugleich, woher den alten Israeliten der Stahl zu-
kam, aus Arabien her mittels der Phönizier. Es hat gewiſs
für Sie Interesse, noch zu wissen, wie im Rabbinischen Stahl
heiſst. Die rabbinische Benennung ist אִסְטָמָא (Istama) Talmud
Berachoth, p. 62 b, vom Griechischen στομόω „stählen“.
Wir ersehen hieraus, daſs die Israeliten nicht nur aus dem Norden,
sondern auch aus dem Süden, nämlich aus Usal in Jemen Stahl bezogen.
Das Eisen war das verbreitetste und billigste Metall in Israel, des-
1) Siehe auch Wiener, Bibl. Realwörterbuch II, S. 595; Rougemont, Bronze-
zeit, S. 195.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/192>, abgerufen am 28.11.2024.
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