und Zuleitung durch Wassersäulen in freier Ausströmung auf diese Räder ist höchst bemerkenswert. In Fig. 308 finden wir eine andere Lösung derselben Idee; hierbei ist das horizontale Rad mit Kurven- schaufeln versehen. Leider ist die Skizze desselben undeutlich; viel- leicht drückte sie viel mehr aus, als jetzt ersichtlich ist. In Fig. 308 aber führen wir eine Skizze vor, welche dem unbefangenen Beobachter selbst als eine Idee zu einer Turbine (a la Fourneyron) erscheinen möchte. Dieselbe steht auf einem Blatt des Codex Atlanticus, welches fast nur Skizzen hydraulischen Charakters enthält, unter anderm mehrere Skizzen von Wasserrädern (fol. 283). Wir enthalten uns, wie gesagt, jeder positiven Behauptung hierüber, da ein Aufschluss geben- der Text in dem Manuskript fehlt.
Seine Theorie der Flamme und der Luft gehören auch zu den Prophetenblicken des grossen Physikers, die unbeachtet in den folgen- den Jahrhunderten durch falsche Theorieen verdunkelt, erst durch Lavoisier wieder entdeckt und zu Ehren gebracht wurde. Er kon- struierte Schwimmgürtel, einen Helm für Perlentaucher und eine Lieblingsidee von ihm -- er liebte kaum irgend etwas so sehr wie den Flug der Vögel zu beobachten -- war, eine Flugmaschine zu kon- struieren. Er ging hierbei von der Konstruktion der Vogelflügel aus und brachte es so weit, dass er fliegende Wachsfiguren anfertigte. Auch die Erfindung des Fallschirmes gebührt Leonardo. Für uns ist von grösserm Interesse, dass er sich eifrig mit der Anwendung künstlicher Gebläse für Schmiedefeuer und Schmelzöfen beschäftigte. In Rom 1) konstruierte er ein solches in einer Schmiede, welches so gewaltig blies und stöhnte, dass die Anwesenden sich angsterfüllt in eine Ecke zurück- zogen und teils entflohen. Dass Leonardo sich eingehend mit den Gesetzen der Akustik beschäftigte, kann nicht Wunder nehmen, da er ein Meister auf der Violine war. Noch näher lagen ihm als Maler Untersuchungen über die Gesetze der Optik. Über Brechung und Reflexion des Lichtes, wie über die Farben, giebt er einen Schatz von Mitteilungen. Auch muss er als Erfinder der Camera obscura angesehen werden, wie er auch die erste Idee zur Konstruktion von Fernröhren gab, beides Ent- deckungen, die man in eine viel spätere Zeit zu setzen pflegt.
Leonardos Untersuchungen über die Wärme sind von hohem Interesse. Er konstruierte eine Dampfkanone (architronito), mittels der er schwere Kugeln fortschleuderte. Er bezeichnet dieselbe als eine Erfindung des Archimedes, ohne dass in den Schriften des letztern
1) Grothe a. a. O. 51.
Leonardo da Vinci.
und Zuleitung durch Wassersäulen in freier Ausströmung auf diese Räder ist höchst bemerkenswert. In Fig. 308 finden wir eine andere Lösung derselben Idee; hierbei ist das horizontale Rad mit Kurven- schaufeln versehen. Leider ist die Skizze desſelben undeutlich; viel- leicht drückte sie viel mehr aus, als jetzt ersichtlich ist. In Fig. 308 aber führen wir eine Skizze vor, welche dem unbefangenen Beobachter selbst als eine Idee zu einer Turbine (à la Fourneyron) erscheinen möchte. Dieselbe steht auf einem Blatt des Codex Atlanticus, welches fast nur Skizzen hydraulischen Charakters enthält, unter anderm mehrere Skizzen von Wasserrädern (fol. 283). Wir enthalten uns, wie gesagt, jeder positiven Behauptung hierüber, da ein Aufschluſs geben- der Text in dem Manuskript fehlt.
Seine Theorie der Flamme und der Luft gehören auch zu den Prophetenblicken des groſsen Physikers, die unbeachtet in den folgen- den Jahrhunderten durch falsche Theorieen verdunkelt, erst durch Lavoisier wieder entdeckt und zu Ehren gebracht wurde. Er kon- struierte Schwimmgürtel, einen Helm für Perlentaucher und eine Lieblingsidee von ihm — er liebte kaum irgend etwas so sehr wie den Flug der Vögel zu beobachten — war, eine Flugmaschine zu kon- struieren. Er ging hierbei von der Konstruktion der Vogelflügel aus und brachte es so weit, daſs er fliegende Wachsfiguren anfertigte. Auch die Erfindung des Fallschirmes gebührt Leonardo. Für uns ist von gröſserm Interesse, daſs er sich eifrig mit der Anwendung künstlicher Gebläse für Schmiedefeuer und Schmelzöfen beschäftigte. In Rom 1) konstruierte er ein solches in einer Schmiede, welches so gewaltig blies und stöhnte, daſs die Anwesenden sich angsterfüllt in eine Ecke zurück- zogen und teils entflohen. Daſs Leonardo sich eingehend mit den Gesetzen der Akustik beschäftigte, kann nicht Wunder nehmen, da er ein Meister auf der Violine war. Noch näher lagen ihm als Maler Untersuchungen über die Gesetze der Optik. Über Brechung und Reflexion des Lichtes, wie über die Farben, giebt er einen Schatz von Mitteilungen. Auch muſs er als Erfinder der Camera obscura angesehen werden, wie er auch die erste Idee zur Konstruktion von Fernröhren gab, beides Ent- deckungen, die man in eine viel spätere Zeit zu setzen pflegt.
Leonardos Untersuchungen über die Wärme sind von hohem Interesse. Er konstruierte eine Dampfkanone (architronito), mittels der er schwere Kugeln fortschleuderte. Er bezeichnet dieselbe als eine Erfindung des Archimedes, ohne daſs in den Schriften des letztern
1) Grothe a. a. O. 51.
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Leonardo da Vinci.
und Zuleitung durch Wassersäulen in freier Ausströmung auf diese
Räder ist höchst bemerkenswert. In Fig. 308 finden wir eine andere
Lösung derselben Idee; hierbei ist das horizontale Rad mit Kurven-
schaufeln versehen. Leider ist die Skizze desſelben undeutlich; viel-
leicht drückte sie viel mehr aus, als jetzt ersichtlich ist. In Fig. 308
aber führen wir eine Skizze vor, welche dem unbefangenen Beobachter
selbst als eine Idee zu einer Turbine (à la Fourneyron) erscheinen
möchte. Dieselbe steht auf einem Blatt des Codex Atlanticus, welches
fast nur Skizzen hydraulischen Charakters enthält, unter anderm
mehrere Skizzen von Wasserrädern (fol. 283). Wir enthalten uns, wie
gesagt, jeder positiven Behauptung hierüber, da ein Aufschluſs geben-
der Text in dem Manuskript fehlt.
Seine Theorie der Flamme und der Luft gehören auch zu den
Prophetenblicken des groſsen Physikers, die unbeachtet in den folgen-
den Jahrhunderten durch falsche Theorieen verdunkelt, erst durch
Lavoisier wieder entdeckt und zu Ehren gebracht wurde. Er kon-
struierte Schwimmgürtel, einen Helm für Perlentaucher und eine
Lieblingsidee von ihm — er liebte kaum irgend etwas so sehr wie den
Flug der Vögel zu beobachten — war, eine Flugmaschine zu kon-
struieren. Er ging hierbei von der Konstruktion der Vogelflügel aus
und brachte es so weit, daſs er fliegende Wachsfiguren anfertigte. Auch
die Erfindung des Fallschirmes gebührt Leonardo. Für uns ist von
gröſserm Interesse, daſs er sich eifrig mit der Anwendung künstlicher
Gebläse für Schmiedefeuer und Schmelzöfen beschäftigte. In Rom 1)
konstruierte er ein solches in einer Schmiede, welches so gewaltig blies
und stöhnte, daſs die Anwesenden sich angsterfüllt in eine Ecke zurück-
zogen und teils entflohen. Daſs Leonardo sich eingehend mit den Gesetzen
der Akustik beschäftigte, kann nicht Wunder nehmen, da er ein Meister
auf der Violine war. Noch näher lagen ihm als Maler Untersuchungen
über die Gesetze der Optik. Über Brechung und Reflexion des Lichtes,
wie über die Farben, giebt er einen Schatz von Mitteilungen. Auch
muſs er als Erfinder der Camera obscura angesehen werden, wie er
auch die erste Idee zur Konstruktion von Fernröhren gab, beides Ent-
deckungen, die man in eine viel spätere Zeit zu setzen pflegt.
Leonardos Untersuchungen über die Wärme sind von hohem
Interesse. Er konstruierte eine Dampfkanone (architronito), mittels
der er schwere Kugeln fortschleuderte. Er bezeichnet dieselbe als eine
Erfindung des Archimedes, ohne daſs in den Schriften des letztern
1) Grothe a. a. O. 51.
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Beck, Ludwig: Die Geschichte des Eisens. Bd. 1: Von der ältesten Zeit bis um das Jahr 1500 n. Chr. Braunschweig, 1884, S. 989. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/beck_eisen01_1884/1011>, abgerufen am 22.11.2024.
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