Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Bist du's, vermaledeiter Satan und Mordgeselle! Ich schau' ihn an, er war's, er verdrehte die Augen, er zappelte und schlug mit krampfhaft geballten Fäusten nach mir. Ich stieß ihn in den brausenden Waldbach, und die Wellen thaten hohe Freudensprünge, als der Hallunke hinabflog, seinen Tornister warf ich gleich hinterdrein ihm auf den Kopf. So hat doch einer seinen Lohn, denn der blieb unten; ich lief eine Stunde dem Mühlenbach entlang, um zu sehen ob er wieder auftauche, aber der wohlverdiente Strick hat ihn daran verhindert. Ludwig wandte sich schaudernd ab. 5. Verschiedene Nachrichten.
In der Weinstube des Apothekers zu Ingelfingen herrschte am 18. März des Jahres 1804 eine ungewöhnliche Bewegung. Der interessante Fremde, den man so gerne in der Gesellschaft gesehen und reden gehört hatte, war mit seiner Begleitung plötzlich abgereist. Er hatte noch am Samstag spät am Abend Extrapostpferde bestellt, und war am frühen Sonntag von dannen gefahren, gar zu gern hätte man gewußt wohin, Niemand aber konnte Auskunft geben. Dem Hausbesitzer war in blankem Golde die Miethe bis zum Ende des Monats bezahlt worden, außerdem hatte ihn noch ein Geschenk gelohnt, dessen er sich gar nicht versehen, und das ihm die größte Freude machte; es war eine nagelneue, in Paris gefertigte Voltaische Säule mit sechzig Plattenpaaren von Laubthalergröße und allem Zubehör. Für den Postmeister, der ein sehr starker Raucher war, war ein kostbarer großer ächter Meerschaumkopf mit Silberbeschlag zurückgelassen worden, und für die übrigen Herren des Weinstübchens Kruggestellgläser mit silbernen Deckeln, auf welchen das Wort "Andenken" stand und die Buchstaben L. C. v. d. V. eingegraben waren. Der Apotheker war eben bemüht, vor seinen Gästen die Säule aufzubauen, die davon noch gar keinen Begriff hatten, als ein neuer Gast eintrat und der Gesellschaft die so eben eingetroffene Nachricht Bist du’s, vermaledeiter Satan und Mordgeselle! Ich schau’ ihn an, er war’s, er verdrehte die Augen, er zappelte und schlug mit krampfhaft geballten Fäusten nach mir. Ich stieß ihn in den brausenden Waldbach, und die Wellen thaten hohe Freudensprünge, als der Hallunke hinabflog, seinen Tornister warf ich gleich hinterdrein ihm auf den Kopf. So hat doch einer seinen Lohn, denn der blieb unten; ich lief eine Stunde dem Mühlenbach entlang, um zu sehen ob er wieder auftauche, aber der wohlverdiente Strick hat ihn daran verhindert. Ludwig wandte sich schaudernd ab. 5. Verschiedene Nachrichten.
In der Weinstube des Apothekers zu Ingelfingen herrschte am 18. März des Jahres 1804 eine ungewöhnliche Bewegung. Der interessante Fremde, den man so gerne in der Gesellschaft gesehen und reden gehört hatte, war mit seiner Begleitung plötzlich abgereist. Er hatte noch am Samstag spät am Abend Extrapostpferde bestellt, und war am frühen Sonntag von dannen gefahren, gar zu gern hätte man gewußt wohin, Niemand aber konnte Auskunft geben. Dem Hausbesitzer war in blankem Golde die Miethe bis zum Ende des Monats bezahlt worden, außerdem hatte ihn noch ein Geschenk gelohnt, dessen er sich gar nicht versehen, und das ihm die größte Freude machte; es war eine nagelneue, in Paris gefertigte Voltaische Säule mit sechzig Plattenpaaren von Laubthalergröße und allem Zubehör. Für den Postmeister, der ein sehr starker Raucher war, war ein kostbarer großer ächter Meerschaumkopf mit Silberbeschlag zurückgelassen worden, und für die übrigen Herren des Weinstübchens Kruggestellgläser mit silbernen Deckeln, auf welchen das Wort „Andenken“ stand und die Buchstaben L. C. v. d. V. eingegraben waren. Der Apotheker war eben bemüht, vor seinen Gästen die Säule aufzubauen, die davon noch gar keinen Begriff hatten, als ein neuer Gast eintrat und der Gesellschaft die so eben eingetroffene Nachricht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0391" n="387"/> Bist du’s, vermaledeiter Satan und Mordgeselle! Ich schau’ ihn an, er war’s, er verdrehte die Augen, er zappelte und schlug mit krampfhaft geballten Fäusten nach mir. Ich stieß ihn in den brausenden Waldbach, und die Wellen thaten hohe Freudensprünge, als der Hallunke hinabflog, seinen Tornister warf ich gleich hinterdrein ihm auf den Kopf. So hat doch einer seinen Lohn, denn der blieb unten; ich lief eine Stunde dem Mühlenbach entlang, um zu sehen ob er wieder auftauche, aber der wohlverdiente Strick hat ihn daran verhindert.</p> <p>Ludwig wandte sich schaudernd ab.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> <div n="2"> <head>5. Verschiedene Nachrichten.<lb/></head> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>In der Weinstube des Apothekers zu Ingelfingen herrschte am 18. März des Jahres 1804 eine ungewöhnliche Bewegung. Der interessante Fremde, den man so gerne in der Gesellschaft gesehen und reden gehört hatte, war mit seiner Begleitung plötzlich abgereist. Er hatte noch am Samstag spät am Abend Extrapostpferde bestellt, und war am frühen Sonntag von dannen gefahren, gar zu gern hätte man gewußt wohin, Niemand aber konnte Auskunft geben. Dem Hausbesitzer war in blankem Golde die Miethe bis zum Ende des Monats bezahlt worden, außerdem hatte ihn noch ein Geschenk gelohnt, dessen er sich gar nicht versehen, und das ihm die größte Freude machte; es war eine nagelneue, in Paris gefertigte Voltaische Säule mit sechzig Plattenpaaren von Laubthalergröße und allem Zubehör. Für den Postmeister, der ein sehr starker Raucher war, war ein kostbarer großer ächter Meerschaumkopf mit Silberbeschlag zurückgelassen worden, und für die übrigen Herren des Weinstübchens Kruggestellgläser mit silbernen Deckeln, auf welchen das Wort „Andenken“ stand und die Buchstaben L. C. v. d. V. eingegraben waren.</p> <p>Der Apotheker war eben bemüht, vor seinen Gästen die Säule aufzubauen, die davon noch gar keinen Begriff hatten, als ein neuer Gast eintrat und der Gesellschaft die so eben eingetroffene Nachricht </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [387/0391]
Bist du’s, vermaledeiter Satan und Mordgeselle! Ich schau’ ihn an, er war’s, er verdrehte die Augen, er zappelte und schlug mit krampfhaft geballten Fäusten nach mir. Ich stieß ihn in den brausenden Waldbach, und die Wellen thaten hohe Freudensprünge, als der Hallunke hinabflog, seinen Tornister warf ich gleich hinterdrein ihm auf den Kopf. So hat doch einer seinen Lohn, denn der blieb unten; ich lief eine Stunde dem Mühlenbach entlang, um zu sehen ob er wieder auftauche, aber der wohlverdiente Strick hat ihn daran verhindert.
Ludwig wandte sich schaudernd ab.
5. Verschiedene Nachrichten.
In der Weinstube des Apothekers zu Ingelfingen herrschte am 18. März des Jahres 1804 eine ungewöhnliche Bewegung. Der interessante Fremde, den man so gerne in der Gesellschaft gesehen und reden gehört hatte, war mit seiner Begleitung plötzlich abgereist. Er hatte noch am Samstag spät am Abend Extrapostpferde bestellt, und war am frühen Sonntag von dannen gefahren, gar zu gern hätte man gewußt wohin, Niemand aber konnte Auskunft geben. Dem Hausbesitzer war in blankem Golde die Miethe bis zum Ende des Monats bezahlt worden, außerdem hatte ihn noch ein Geschenk gelohnt, dessen er sich gar nicht versehen, und das ihm die größte Freude machte; es war eine nagelneue, in Paris gefertigte Voltaische Säule mit sechzig Plattenpaaren von Laubthalergröße und allem Zubehör. Für den Postmeister, der ein sehr starker Raucher war, war ein kostbarer großer ächter Meerschaumkopf mit Silberbeschlag zurückgelassen worden, und für die übrigen Herren des Weinstübchens Kruggestellgläser mit silbernen Deckeln, auf welchen das Wort „Andenken“ stand und die Buchstaben L. C. v. d. V. eingegraben waren.
Der Apotheker war eben bemüht, vor seinen Gästen die Säule aufzubauen, die davon noch gar keinen Begriff hatten, als ein neuer Gast eintrat und der Gesellschaft die so eben eingetroffene Nachricht
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/391>, abgerufen am 16.02.2025. |