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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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zuletzt dem Spott, dem Hohn und dem Jammer ausgesetzt sein für sechsunddreißigjährige Dienste."

Wie, sollte Windt Noth leiden? rief Sophie mit Bestürzung. Das dürfen wir nicht zugeben. Ich bitte Sie, Herr Graf, sorgen Sie für den braven Mann, der so treu an Ihnen hängt.

Wie erfreut und rührt mich Ihr schönes Gefühl, entgegnete Ludwig bewegt. Ich werde das Meine thun, obschon es mir kaum glaublich ist, daß Windt so blosgestellt sein sollte. Hören wir weiter, was er mittheilt:

"Das Münzkabinet hat seinen Erben gefunden; warum die Hochselige es Ihnen, Herr Graf, nicht vermacht hat, ist mir ein großes Räthsel, das sie noch nach ihrem Tode mir zu lösen aufgibt, wie sie's im Leben so oft gethan hat. Die herrliche Bibliothek muß unter den Hammer, der Buchhändler Perthes will so gut sein und die Anzeige der Auction verbreiten, sowie auch den Catalog drucken. Das Porzellan, Glas, die Leuchter, Spiegel u. dgl. kommt Alles unter den Hammer, auch ein Theil der Bilder. Soll ich nicht die Ansichten der drei Schlösser für Sie, Herr Graf, ersteigern? Ich gönnte Ihnen die Besitzungen freilich lieber alle drei in natura. Das Silber, über sechshundert Pfund, hat die hochselige Excellenz sammt und sonders einer Jugendfreundin in Sachsen vermacht, ein hübsches Andenken, die Herren Grafen sind wüthend darüber, können aber nichts dagegen machen, höchstens es zurückkaufen."

Habeant sibi! sprach Graf Ludwig: was nützt aller Reichthum, wenn der Mensch nicht innerlich beglückt ist? Ich will dem braven Windt eine lebenslängliche Rente sichern; verdient irgend ein Mensch auf der Welt Dank, Lohn und Anerkennung, so ist er es; es wäre himmelschreiend, wenn er sich über Undank beklagen müßte!

Ein anderer Brief Windt's, in Doorwerth geschrieben, den Ludwig allein las, begann:

"Ich sitze hier am Orte meiner Qual, und inventire, registrire, katastrire wie närrisch darauf los, damit der Herr General-Erbe, der Herr Vice-Admiral, welcher Doorwerth übernimmt, Alles im besten Stande finde; dann heißt es bei mir: fahr' zu, Kutscher, dann gehe ich nach Stadthagen, setze mich endlich zur Ruhe, und will nichts mehr hören und sehen von Doorwerth, Kniphausen, Varel und Hamburg.

zuletzt dem Spott, dem Hohn und dem Jammer ausgesetzt sein für sechsunddreißigjährige Dienste.“

Wie, sollte Windt Noth leiden? rief Sophie mit Bestürzung. Das dürfen wir nicht zugeben. Ich bitte Sie, Herr Graf, sorgen Sie für den braven Mann, der so treu an Ihnen hängt.

Wie erfreut und rührt mich Ihr schönes Gefühl, entgegnete Ludwig bewegt. Ich werde das Meine thun, obschon es mir kaum glaublich ist, daß Windt so blosgestellt sein sollte. Hören wir weiter, was er mittheilt:

„Das Münzkabinet hat seinen Erben gefunden; warum die Hochselige es Ihnen, Herr Graf, nicht vermacht hat, ist mir ein großes Räthsel, das sie noch nach ihrem Tode mir zu lösen aufgibt, wie sie’s im Leben so oft gethan hat. Die herrliche Bibliothek muß unter den Hammer, der Buchhändler Perthes will so gut sein und die Anzeige der Auction verbreiten, sowie auch den Catalog drucken. Das Porzellan, Glas, die Leuchter, Spiegel u. dgl. kommt Alles unter den Hammer, auch ein Theil der Bilder. Soll ich nicht die Ansichten der drei Schlösser für Sie, Herr Graf, ersteigern? Ich gönnte Ihnen die Besitzungen freilich lieber alle drei in natura. Das Silber, über sechshundert Pfund, hat die hochselige Excellenz sammt und sonders einer Jugendfreundin in Sachsen vermacht, ein hübsches Andenken, die Herren Grafen sind wüthend darüber, können aber nichts dagegen machen, höchstens es zurückkaufen.“

Habeant sibi! sprach Graf Ludwig: was nützt aller Reichthum, wenn der Mensch nicht innerlich beglückt ist? Ich will dem braven Windt eine lebenslängliche Rente sichern; verdient irgend ein Mensch auf der Welt Dank, Lohn und Anerkennung, so ist er es; es wäre himmelschreiend, wenn er sich über Undank beklagen müßte!

Ein anderer Brief Windt’s, in Doorwerth geschrieben, den Ludwig allein las, begann:

„Ich sitze hier am Orte meiner Qual, und inventire, registrire, katastrire wie närrisch darauf los, damit der Herr General-Erbe, der Herr Vice-Admiral, welcher Doorwerth übernimmt, Alles im besten Stande finde; dann heißt es bei mir: fahr’ zu, Kutscher, dann gehe ich nach Stadthagen, setze mich endlich zur Ruhe, und will nichts mehr hören und sehen von Doorwerth, Kniphausen, Varel und Hamburg.

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[381/0385] zuletzt dem Spott, dem Hohn und dem Jammer ausgesetzt sein für sechsunddreißigjährige Dienste.“ Wie, sollte Windt Noth leiden? rief Sophie mit Bestürzung. Das dürfen wir nicht zugeben. Ich bitte Sie, Herr Graf, sorgen Sie für den braven Mann, der so treu an Ihnen hängt. Wie erfreut und rührt mich Ihr schönes Gefühl, entgegnete Ludwig bewegt. Ich werde das Meine thun, obschon es mir kaum glaublich ist, daß Windt so blosgestellt sein sollte. Hören wir weiter, was er mittheilt: „Das Münzkabinet hat seinen Erben gefunden; warum die Hochselige es Ihnen, Herr Graf, nicht vermacht hat, ist mir ein großes Räthsel, das sie noch nach ihrem Tode mir zu lösen aufgibt, wie sie’s im Leben so oft gethan hat. Die herrliche Bibliothek muß unter den Hammer, der Buchhändler Perthes will so gut sein und die Anzeige der Auction verbreiten, sowie auch den Catalog drucken. Das Porzellan, Glas, die Leuchter, Spiegel u. dgl. kommt Alles unter den Hammer, auch ein Theil der Bilder. Soll ich nicht die Ansichten der drei Schlösser für Sie, Herr Graf, ersteigern? Ich gönnte Ihnen die Besitzungen freilich lieber alle drei in natura. Das Silber, über sechshundert Pfund, hat die hochselige Excellenz sammt und sonders einer Jugendfreundin in Sachsen vermacht, ein hübsches Andenken, die Herren Grafen sind wüthend darüber, können aber nichts dagegen machen, höchstens es zurückkaufen.“ Habeant sibi! sprach Graf Ludwig: was nützt aller Reichthum, wenn der Mensch nicht innerlich beglückt ist? Ich will dem braven Windt eine lebenslängliche Rente sichern; verdient irgend ein Mensch auf der Welt Dank, Lohn und Anerkennung, so ist er es; es wäre himmelschreiend, wenn er sich über Undank beklagen müßte! Ein anderer Brief Windt’s, in Doorwerth geschrieben, den Ludwig allein las, begann: „Ich sitze hier am Orte meiner Qual, und inventire, registrire, katastrire wie närrisch darauf los, damit der Herr General-Erbe, der Herr Vice-Admiral, welcher Doorwerth übernimmt, Alles im besten Stande finde; dann heißt es bei mir: fahr’ zu, Kutscher, dann gehe ich nach Stadthagen, setze mich endlich zur Ruhe, und will nichts mehr hören und sehen von Doorwerth, Kniphausen, Varel und Hamburg.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/385>, abgerufen am 22.11.2024.