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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Da am Orte ein kleines Bad sich befand, so lebte Graf Ludwig mit seinem Diener, der sich nie von ihm trennte, als Badegast daselbst und beschäftigte sich mit anziehenden Studien über die Geschichte dieser Landestheile; er nahte Anges nur, um sie in Gesellschaft von Jacques und ihrer kleinen holden Schutzbefohlenen auf Spaziergängen zu begleiten, die aber niemals wieder nach jenem Orte schaurigen Andenkens, sondern meist in der Richtung nach dem Städtchen und dessen Umgebungen unternommen wurden. Hier begegneten sie bisweilen einer schönen verschleierten Dame, die das fürstbischöfliche Schloß bewohnte und eine Nichte des Fürstbischofs war; dies fiel Niemand auf, und ebensowenig konnte Jemand ein Arges dabei denken, oder gar das wahre Verhältniß ahnen, das diese Personen in mannichfacher Weise miteinander verband. Außer Jacques folgte auch stets Philipp gut bewaffnet seinem Gebieter, und spähte sorglich nach irgend einer drohenden Gefahr umher.

Jener liebenswürdige junge Herzog hatte, während er von Allem was er liebte getrennt war, und nachdem er sein Heer wieder nach Deutschland zurückgeführt, mit wechselndem Kriegsglück gekämpft, bald sah er seine Brust von der Hand des Kaisers von Rußland mit dem Großkreuz des Maltheserordens geschmückt; endlich aber hemmte ihn mitten in ruhm- und ehrenvoller kriegerischer Laufbahn der lüneviller Friedensschluß. Dieser führte die völlige Auflösung des Condeischen Corps herbei. Einer der Prinzen dieses Hauses hatte sich bereits im Jahre 1795 nach England begeben, und es ward lebhaft gewünscht, daß ihm sein Vater und sein Sohn jetzt dorthin folgen sollten, denn England war es, das diese Prinzen schützte und unterstützte. Den Vater zog es dem Sohne nach, aber den Sohnessohn fesselte die Liebe, die mächtige, starke Liebe oder -- sein Verhängniß, und er lebte nun in dem neu gewonnenen Asyle seines Lebens glücklichste Zeit, füllte die Stunden einer schönen Muße mit dem Vergnügen der Jagd aus, die er leidenschaftlich liebte, gab sich der Lust am Gartenbau hin, unternahm auch wohl kleine Reisen und Ausflüge, kehrte aber stets mit neuer Sehnsucht zu ihr zurück, der alle sein Denken und Empfinden geweiht war.

Das Landesgebiet, das diese reizenden Asyle bot, war an Baden gekommen, dessen Kurfürst nicht nur dauernden Schutz Allen vergönnte,

Da am Orte ein kleines Bad sich befand, so lebte Graf Ludwig mit seinem Diener, der sich nie von ihm trennte, als Badegast daselbst und beschäftigte sich mit anziehenden Studien über die Geschichte dieser Landestheile; er nahte Angés nur, um sie in Gesellschaft von Jacques und ihrer kleinen holden Schutzbefohlenen auf Spaziergängen zu begleiten, die aber niemals wieder nach jenem Orte schaurigen Andenkens, sondern meist in der Richtung nach dem Städtchen und dessen Umgebungen unternommen wurden. Hier begegneten sie bisweilen einer schönen verschleierten Dame, die das fürstbischöfliche Schloß bewohnte und eine Nichte des Fürstbischofs war; dies fiel Niemand auf, und ebensowenig konnte Jemand ein Arges dabei denken, oder gar das wahre Verhältniß ahnen, das diese Personen in mannichfacher Weise miteinander verband. Außer Jacques folgte auch stets Philipp gut bewaffnet seinem Gebieter, und spähte sorglich nach irgend einer drohenden Gefahr umher.

Jener liebenswürdige junge Herzog hatte, während er von Allem was er liebte getrennt war, und nachdem er sein Heer wieder nach Deutschland zurückgeführt, mit wechselndem Kriegsglück gekämpft, bald sah er seine Brust von der Hand des Kaisers von Rußland mit dem Großkreuz des Maltheserordens geschmückt; endlich aber hemmte ihn mitten in ruhm- und ehrenvoller kriegerischer Laufbahn der lüneviller Friedensschluß. Dieser führte die völlige Auflösung des Condéischen Corps herbei. Einer der Prinzen dieses Hauses hatte sich bereits im Jahre 1795 nach England begeben, und es ward lebhaft gewünscht, daß ihm sein Vater und sein Sohn jetzt dorthin folgen sollten, denn England war es, das diese Prinzen schützte und unterstützte. Den Vater zog es dem Sohne nach, aber den Sohnessohn fesselte die Liebe, die mächtige, starke Liebe oder — sein Verhängniß, und er lebte nun in dem neu gewonnenen Asyle seines Lebens glücklichste Zeit, füllte die Stunden einer schönen Muße mit dem Vergnügen der Jagd aus, die er leidenschaftlich liebte, gab sich der Lust am Gartenbau hin, unternahm auch wohl kleine Reisen und Ausflüge, kehrte aber stets mit neuer Sehnsucht zu ihr zurück, der alle sein Denken und Empfinden geweiht war.

Das Landesgebiet, das diese reizenden Asyle bot, war an Baden gekommen, dessen Kurfürst nicht nur dauernden Schutz Allen vergönnte,

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Da am Orte ein kleines Bad sich befand, so lebte Graf Ludwig mit seinem Diener, der sich nie von ihm trennte, als Badegast daselbst und beschäftigte sich mit anziehenden Studien über die Geschichte dieser Landestheile; er nahte Angés nur, um sie in Gesellschaft von Jacques und ihrer kleinen holden Schutzbefohlenen auf Spaziergängen zu begleiten, die aber niemals wieder nach jenem Orte schaurigen Andenkens, sondern meist in der Richtung nach dem Städtchen und dessen Umgebungen unternommen wurden. Hier begegneten sie bisweilen einer schönen verschleierten Dame, die das fürstbischöfliche Schloß bewohnte und eine Nichte des Fürstbischofs war; dies fiel Niemand auf, und ebensowenig konnte Jemand ein Arges dabei denken, oder gar das wahre Verhältniß ahnen, das diese Personen in mannichfacher Weise miteinander verband. Außer Jacques folgte auch stets Philipp gut bewaffnet seinem Gebieter, und spähte sorglich nach irgend einer drohenden Gefahr umher.</p>
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[361/0365] Da am Orte ein kleines Bad sich befand, so lebte Graf Ludwig mit seinem Diener, der sich nie von ihm trennte, als Badegast daselbst und beschäftigte sich mit anziehenden Studien über die Geschichte dieser Landestheile; er nahte Angés nur, um sie in Gesellschaft von Jacques und ihrer kleinen holden Schutzbefohlenen auf Spaziergängen zu begleiten, die aber niemals wieder nach jenem Orte schaurigen Andenkens, sondern meist in der Richtung nach dem Städtchen und dessen Umgebungen unternommen wurden. Hier begegneten sie bisweilen einer schönen verschleierten Dame, die das fürstbischöfliche Schloß bewohnte und eine Nichte des Fürstbischofs war; dies fiel Niemand auf, und ebensowenig konnte Jemand ein Arges dabei denken, oder gar das wahre Verhältniß ahnen, das diese Personen in mannichfacher Weise miteinander verband. Außer Jacques folgte auch stets Philipp gut bewaffnet seinem Gebieter, und spähte sorglich nach irgend einer drohenden Gefahr umher. Jener liebenswürdige junge Herzog hatte, während er von Allem was er liebte getrennt war, und nachdem er sein Heer wieder nach Deutschland zurückgeführt, mit wechselndem Kriegsglück gekämpft, bald sah er seine Brust von der Hand des Kaisers von Rußland mit dem Großkreuz des Maltheserordens geschmückt; endlich aber hemmte ihn mitten in ruhm- und ehrenvoller kriegerischer Laufbahn der lüneviller Friedensschluß. Dieser führte die völlige Auflösung des Condéischen Corps herbei. Einer der Prinzen dieses Hauses hatte sich bereits im Jahre 1795 nach England begeben, und es ward lebhaft gewünscht, daß ihm sein Vater und sein Sohn jetzt dorthin folgen sollten, denn England war es, das diese Prinzen schützte und unterstützte. Den Vater zog es dem Sohne nach, aber den Sohnessohn fesselte die Liebe, die mächtige, starke Liebe oder — sein Verhängniß, und er lebte nun in dem neu gewonnenen Asyle seines Lebens glücklichste Zeit, füllte die Stunden einer schönen Muße mit dem Vergnügen der Jagd aus, die er leidenschaftlich liebte, gab sich der Lust am Gartenbau hin, unternahm auch wohl kleine Reisen und Ausflüge, kehrte aber stets mit neuer Sehnsucht zu ihr zurück, der alle sein Denken und Empfinden geweiht war. Das Landesgebiet, das diese reizenden Asyle bot, war an Baden gekommen, dessen Kurfürst nicht nur dauernden Schutz Allen vergönnte,

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/365>, abgerufen am 22.11.2024.