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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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nicht deines Mannes Großmutter ist? Ist auch so vom Walde herüber geweht, dein Schmidt, wie diese da, -- kein Mensch weiß, wo er eigentlich her ist -- doch will er ja aus dem Zigeunerlande Böhmen sein, aus Hirschberg. -- Wir sind nicht aus Böhmen, Herr, nahm ein junges braunes Weib, das sich nahe bei der Alten hielt, das Wort: Wir stammen aus Aegypten!

Ach, wollt unser einem doch nicht solche Dummheiten aufbinden! rief Grimm. Ich will's euch besser sagen, ihr Diebs- und Lumpengesindel, wo ihr her seid! Aus des Teufels Kotze seid ihr gehüpft! Nun geschwind, geschwind, Schmidtin! Schönes Heldburger Stadtkind! Holdeste weiland Jungfrau Grätzer -- ach, es war das schönste Mädel weit und breit! Laß dir wahrsagen!

Mit großem Widerstreben bot endlich die junge Frau der Alten ihre Hand, und diese murmelte nach einer Pause: Wirst noch Mancherlei durchzumachen haben, schönes junges Weib! Wirst aber stets dabei flink auf deinen Füßen sein! Wirst in einem großen Hause wohnen, aber das Haus wird nicht dein sein! Ein fremder Herr wird kommen, den Niemand kennt, der kann dich glücklich und zufrieden machen! Mußt aber immer treu sein -- treu wie Gold und mußt noch eine große Kunst lernen, die wenig Weiber können, ach, die ist Goldes werth, du liebes Kind!

Und welche Kunst denn? fragte schüchtern die junge Frau.

Ja, umsonst ist der Tod, mein liebstes Herzchen! entgegnete die Alte.

Hier hast du etwas, alte Wetterhexe! rief Kammerdiener Grimm. Aber mach es kurz!

Die Alte richtete sich hoch auf, überflog mit einem flammenden Blick den ganzen Kreis, der sie umgab, und sagte dann mit tiefem und bedeutungsvollen Ausdruck:

Schweig und leid' --
Es kommt die Zeit,
Da schweigen macht Leides queit! --

Der Wagen und der denselben begleitende Reiter hatten jetzt den Endpunkt der Höhe erreicht, die sich auf dieser Seite steilab zum Wiesenthale der Werra niedersenkte, im goldenen Reize des Sommerabends breitete sich zu Füßen die nach einem verheerenden Brande im Jahre 1779 neu erstandene herzogliche Residenzstadt Hildburghausen mit

nicht deines Mannes Großmutter ist? Ist auch so vom Walde herüber geweht, dein Schmidt, wie diese da, — kein Mensch weiß, wo er eigentlich her ist — doch will er ja aus dem Zigeunerlande Böhmen sein, aus Hirschberg. — Wir sind nicht aus Böhmen, Herr, nahm ein junges braunes Weib, das sich nahe bei der Alten hielt, das Wort: Wir stammen aus Aegypten!

Ach, wollt unser einem doch nicht solche Dummheiten aufbinden! rief Grimm. Ich will’s euch besser sagen, ihr Diebs- und Lumpengesindel, wo ihr her seid! Aus des Teufels Kotze seid ihr gehüpft! Nun geschwind, geschwind, Schmidtin! Schönes Heldburger Stadtkind! Holdeste weiland Jungfrau Grätzer — ach, es war das schönste Mädel weit und breit! Laß dir wahrsagen!

Mit großem Widerstreben bot endlich die junge Frau der Alten ihre Hand, und diese murmelte nach einer Pause: Wirst noch Mancherlei durchzumachen haben, schönes junges Weib! Wirst aber stets dabei flink auf deinen Füßen sein! Wirst in einem großen Hause wohnen, aber das Haus wird nicht dein sein! Ein fremder Herr wird kommen, den Niemand kennt, der kann dich glücklich und zufrieden machen! Mußt aber immer treu sein — treu wie Gold und mußt noch eine große Kunst lernen, die wenig Weiber können, ach, die ist Goldes werth, du liebes Kind!

Und welche Kunst denn? fragte schüchtern die junge Frau.

Ja, umsonst ist der Tod, mein liebstes Herzchen! entgegnete die Alte.

Hier hast du etwas, alte Wetterhexe! rief Kammerdiener Grimm. Aber mach es kurz!

Die Alte richtete sich hoch auf, überflog mit einem flammenden Blick den ganzen Kreis, der sie umgab, und sagte dann mit tiefem und bedeutungsvollen Ausdruck:

Schweig und leid’ —
Es kommt die Zeit,
Da schweigen macht Leides queit! —

Der Wagen und der denselben begleitende Reiter hatten jetzt den Endpunkt der Höhe erreicht, die sich auf dieser Seite steilab zum Wiesenthale der Werra niedersenkte, im goldenen Reize des Sommerabends breitete sich zu Füßen die nach einem verheerenden Brande im Jahre 1779 neu erstandene herzogliche Residenzstadt Hildburghausen mit

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[329/0333] nicht deines Mannes Großmutter ist? Ist auch so vom Walde herüber geweht, dein Schmidt, wie diese da, — kein Mensch weiß, wo er eigentlich her ist — doch will er ja aus dem Zigeunerlande Böhmen sein, aus Hirschberg. — Wir sind nicht aus Böhmen, Herr, nahm ein junges braunes Weib, das sich nahe bei der Alten hielt, das Wort: Wir stammen aus Aegypten! Ach, wollt unser einem doch nicht solche Dummheiten aufbinden! rief Grimm. Ich will’s euch besser sagen, ihr Diebs- und Lumpengesindel, wo ihr her seid! Aus des Teufels Kotze seid ihr gehüpft! Nun geschwind, geschwind, Schmidtin! Schönes Heldburger Stadtkind! Holdeste weiland Jungfrau Grätzer — ach, es war das schönste Mädel weit und breit! Laß dir wahrsagen! Mit großem Widerstreben bot endlich die junge Frau der Alten ihre Hand, und diese murmelte nach einer Pause: Wirst noch Mancherlei durchzumachen haben, schönes junges Weib! Wirst aber stets dabei flink auf deinen Füßen sein! Wirst in einem großen Hause wohnen, aber das Haus wird nicht dein sein! Ein fremder Herr wird kommen, den Niemand kennt, der kann dich glücklich und zufrieden machen! Mußt aber immer treu sein — treu wie Gold und mußt noch eine große Kunst lernen, die wenig Weiber können, ach, die ist Goldes werth, du liebes Kind! Und welche Kunst denn? fragte schüchtern die junge Frau. Ja, umsonst ist der Tod, mein liebstes Herzchen! entgegnete die Alte. Hier hast du etwas, alte Wetterhexe! rief Kammerdiener Grimm. Aber mach es kurz! Die Alte richtete sich hoch auf, überflog mit einem flammenden Blick den ganzen Kreis, der sie umgab, und sagte dann mit tiefem und bedeutungsvollen Ausdruck: Schweig und leid’ — Es kommt die Zeit, Da schweigen macht Leides queit! — Der Wagen und der denselben begleitende Reiter hatten jetzt den Endpunkt der Höhe erreicht, die sich auf dieser Seite steilab zum Wiesenthale der Werra niedersenkte, im goldenen Reize des Sommerabends breitete sich zu Füßen die nach einem verheerenden Brande im Jahre 1779 neu erstandene herzogliche Residenzstadt Hildburghausen mit

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/333>, abgerufen am 24.11.2024.