Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.Da Leonardus nur den Freunden gelebt und mit Ludwig jede Gesellschaft gemieden hatte, so war sein wahrer Name nie genannt worden. Der fremde Paß genügte, und das in aller Rechtsform aufgesetzte und gehörig besiegelte Testament in holländischer Sprache, welches den Grafen und Baronet Ludwig Carl Varel de Versay als Universalerben einsetzte, machte jede Weitläufigkeit einer Versiegelung überflüssig. In früher, nebeltrüber Morgenstunde eines Herbsttages wurde Leonardus eingesenkt. Windt hatte zwei Gräber nebeneinander gekauft. Philipp fragte: Für wen das zweite Grab? -- Windt gab keine Antwort. In stiller Stunde saßen dann Ludwig und der Haushofmeister beim Ordnen von des Freundes nachgelassenen Papieren. Leonardus war weit reicher gewesen, als Jene geglaubt hatten. Es fanden sich mehrere Tausende in vollgültigen holländischen Staatsobligationen und in Noten der englischen Bank, mehrere Tausende in noch zu erhebenden Wechseln und Anweisungen auf auswärtige Handlungshäuser, alle in der besten Form, es fand sich eine Obligation im Werthe von fünftausend holländischen Gulden mit der Bestimmung, daß sie Windt's Frau als Witthum verbleiben sollten, wenn ihr Mann vor ihr stürbe. Philipp empfing als Andenken ein Kapital von eintausend Gulden. Es fand sich ferner eine kleine Schachtel voll großer brasilianischer Diamanten, die Leonardus die Freunde nie hatte sehen lassen, deren Werth geradezu unschätzbar war. Von dem Gelde, welches er in Amsterdam stehen hatte, lagen Uebersichten vor, es ergab dasselbe eine Jahresrente von fünftausend Gulden; diese hatte Leonardus dadurch erworben, daß er sein einst zu erhoffendes Muttererbe an seine Verwandten mit Zustimmung seiner Mutter käuflich abgetreten hatte -- um nach ihrem Tode, falls er denselben erlebte, aller Geschäfte dort überhoben zu sein. Von dem Tode der Frau van der Valck an aber vermehrte sich dieser Rentenbezug um abermals fünftausend Gulden. Ludwig überließ es Windt, das vom Freund überkommene Vermögen geeignet anzulegen und zu sichern, und dieser war so gerührt von Leonardus Großmuth, daß er ausrief: Sie müssen Herr von Doorwerth und der ganzen Herrlichkeit werden! Aus dem Kaufe des Erbherrn wird in Ewigkeit nichts! Die fünfzigtausend Gulden, darüber Da Leonardus nur den Freunden gelebt und mit Ludwig jede Gesellschaft gemieden hatte, so war sein wahrer Name nie genannt worden. Der fremde Paß genügte, und das in aller Rechtsform aufgesetzte und gehörig besiegelte Testament in holländischer Sprache, welches den Grafen und Baronet Ludwig Carl Varel de Versay als Universalerben einsetzte, machte jede Weitläufigkeit einer Versiegelung überflüssig. In früher, nebeltrüber Morgenstunde eines Herbsttages wurde Leonardus eingesenkt. Windt hatte zwei Gräber nebeneinander gekauft. Philipp fragte: Für wen das zweite Grab? — Windt gab keine Antwort. In stiller Stunde saßen dann Ludwig und der Haushofmeister beim Ordnen von des Freundes nachgelassenen Papieren. Leonardus war weit reicher gewesen, als Jene geglaubt hatten. Es fanden sich mehrere Tausende in vollgültigen holländischen Staatsobligationen und in Noten der englischen Bank, mehrere Tausende in noch zu erhebenden Wechseln und Anweisungen auf auswärtige Handlungshäuser, alle in der besten Form, es fand sich eine Obligation im Werthe von fünftausend holländischen Gulden mit der Bestimmung, daß sie Windt’s Frau als Witthum verbleiben sollten, wenn ihr Mann vor ihr stürbe. Philipp empfing als Andenken ein Kapital von eintausend Gulden. Es fand sich ferner eine kleine Schachtel voll großer brasilianischer Diamanten, die Leonardus die Freunde nie hatte sehen lassen, deren Werth geradezu unschätzbar war. Von dem Gelde, welches er in Amsterdam stehen hatte, lagen Uebersichten vor, es ergab dasselbe eine Jahresrente von fünftausend Gulden; diese hatte Leonardus dadurch erworben, daß er sein einst zu erhoffendes Muttererbe an seine Verwandten mit Zustimmung seiner Mutter käuflich abgetreten hatte — um nach ihrem Tode, falls er denselben erlebte, aller Geschäfte dort überhoben zu sein. Von dem Tode der Frau van der Valck an aber vermehrte sich dieser Rentenbezug um abermals fünftausend Gulden. Ludwig überließ es Windt, das vom Freund überkommene Vermögen geeignet anzulegen und zu sichern, und dieser war so gerührt von Leonardus Großmuth, daß er ausrief: Sie müssen Herr von Doorwerth und der ganzen Herrlichkeit werden! Aus dem Kaufe des Erbherrn wird in Ewigkeit nichts! 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Es fanden sich mehrere Tausende in vollgültigen holländischen Staatsobligationen und in Noten der englischen Bank, mehrere Tausende in noch zu erhebenden Wechseln und Anweisungen auf auswärtige Handlungshäuser, alle in der besten Form, es fand sich eine Obligation im Werthe von fünftausend holländischen Gulden mit der Bestimmung, daß sie Windt’s Frau als Witthum verbleiben sollten, wenn ihr Mann vor ihr stürbe. Philipp empfing als Andenken ein Kapital von eintausend Gulden. Es fand sich ferner eine kleine Schachtel voll großer brasilianischer Diamanten, die Leonardus die Freunde nie hatte sehen lassen, deren Werth geradezu unschätzbar war. Von dem Gelde, welches er in Amsterdam stehen hatte, lagen Uebersichten vor, es ergab dasselbe eine Jahresrente von fünftausend Gulden; diese hatte Leonardus dadurch erworben, daß er sein einst zu erhoffendes Muttererbe an seine Verwandten mit Zustimmung seiner Mutter käuflich abgetreten hatte — um nach ihrem Tode, falls er denselben erlebte, aller Geschäfte dort überhoben zu sein. Von dem Tode der Frau van der Valck an aber vermehrte sich dieser Rentenbezug um abermals fünftausend Gulden.</p> <p>Ludwig überließ es Windt, das vom Freund überkommene Vermögen geeignet anzulegen und zu sichern, und dieser war so gerührt von Leonardus Großmuth, daß er ausrief: Sie müssen Herr von Doorwerth und der ganzen Herrlichkeit werden! Aus dem Kaufe des Erbherrn wird in Ewigkeit nichts! Die fünfzigtausend Gulden, darüber </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [307/0311]
Da Leonardus nur den Freunden gelebt und mit Ludwig jede Gesellschaft gemieden hatte, so war sein wahrer Name nie genannt worden. Der fremde Paß genügte, und das in aller Rechtsform aufgesetzte und gehörig besiegelte Testament in holländischer Sprache, welches den Grafen und Baronet Ludwig Carl Varel de Versay als Universalerben einsetzte, machte jede Weitläufigkeit einer Versiegelung überflüssig.
In früher, nebeltrüber Morgenstunde eines Herbsttages wurde Leonardus eingesenkt. Windt hatte zwei Gräber nebeneinander gekauft. Philipp fragte: Für wen das zweite Grab? — Windt gab keine Antwort.
In stiller Stunde saßen dann Ludwig und der Haushofmeister beim Ordnen von des Freundes nachgelassenen Papieren.
Leonardus war weit reicher gewesen, als Jene geglaubt hatten. Es fanden sich mehrere Tausende in vollgültigen holländischen Staatsobligationen und in Noten der englischen Bank, mehrere Tausende in noch zu erhebenden Wechseln und Anweisungen auf auswärtige Handlungshäuser, alle in der besten Form, es fand sich eine Obligation im Werthe von fünftausend holländischen Gulden mit der Bestimmung, daß sie Windt’s Frau als Witthum verbleiben sollten, wenn ihr Mann vor ihr stürbe. Philipp empfing als Andenken ein Kapital von eintausend Gulden. Es fand sich ferner eine kleine Schachtel voll großer brasilianischer Diamanten, die Leonardus die Freunde nie hatte sehen lassen, deren Werth geradezu unschätzbar war. Von dem Gelde, welches er in Amsterdam stehen hatte, lagen Uebersichten vor, es ergab dasselbe eine Jahresrente von fünftausend Gulden; diese hatte Leonardus dadurch erworben, daß er sein einst zu erhoffendes Muttererbe an seine Verwandten mit Zustimmung seiner Mutter käuflich abgetreten hatte — um nach ihrem Tode, falls er denselben erlebte, aller Geschäfte dort überhoben zu sein. Von dem Tode der Frau van der Valck an aber vermehrte sich dieser Rentenbezug um abermals fünftausend Gulden.
Ludwig überließ es Windt, das vom Freund überkommene Vermögen geeignet anzulegen und zu sichern, und dieser war so gerührt von Leonardus Großmuth, daß er ausrief: Sie müssen Herr von Doorwerth und der ganzen Herrlichkeit werden! Aus dem Kaufe des Erbherrn wird in Ewigkeit nichts! Die fünfzigtausend Gulden, darüber
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/311>, abgerufen am 16.07.2024. |