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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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nicht mehr in Woerden, sondern ist nach Muiden gebracht worden. Mir ist noch gar nicht wohl bei der Sache; die Untersuchung wird streng geführt, der Rathspensionär van der Spiegel, der tapfere Admiral van Kinsbergen und unser Erbherr sind Leidensgenossen, und wir haben Terroristen im Rathe der Generalstaaten sitzen. Ich habe Nachricht, daß die Gefangenen entweder nach Amsterdam oder nach dem Haag gebracht werden, wir wollen uns darüber bald Entscheidung verschaffen, nur kann ich hier nicht gut abkommen, so lange noch französische Einquartierung hier liegt, denn es ist in der ganzen Herrlichkeit kein Mensch, der Französisch spricht, und Niemand kommt so gut als ich mit den Franzosen zurecht.

Sie erwähnten vorhin Pyrmont, lieber Herr Windt, was ist das für ein Kurort? fragte Leonardus.

Einer der besten, die ich kenne, belehrte ihn der Haushofmeister. Dieser Badeort vereinigt Stahl- und Soolquellen, die Ersteren übertreffen alle Stahlbrunnen Deutschlands, das wäre auch gut für unseren jungen Freund, Graf Ludwig. Der Brunnen wirkt nervenstärkend und belebend, er verjüngt, deshalb wollte ich hin, und Sie sehen mir gerade darnach aus, als ob Pyrmonts Quellen auch Ihnen Stärkung und Genesung wieder geben könnten!

Die Freunde beriethen lange und reiflich ihren Reiseplan, und als sie ihn gefaßt hatten, erhielt Ludwig von ihnen Nachricht, mit der Bitte, gegen die Mitte des Monats Juni im Haag einzutreffen, dort werde er Einen von ihnen oder Beide, und im schlimmsten Fall, bei Verhinderung wider alles Verhoffen, wenigstens Briefe vorfinden.



Es war ein schmerzliches Scheiden zwischen Mutter und Sohn. Georgine fühlte um ihrer Ruhe, um ihrer Stellung in der Welt willen die Nothwendigkeit, daß ihr Geheimniß verschleiert, ja begraben bleibe, sie konnte den geliebten Verwandten nicht auf die Dauer bei sich behalten, sie mußte ihn von sich lassen, mußte den bitteren Kampf kämpfen und ihr Mutterherz stark machen. Sie sprach nicht viel zu Ludwig, als die letzte verschwiegene Stunde nahte, in welcher Mutter und Sohn noch einmal weinend ihre theuersten Gefühle aussprachen.

nicht mehr in Woerden, sondern ist nach Muiden gebracht worden. Mir ist noch gar nicht wohl bei der Sache; die Untersuchung wird streng geführt, der Rathspensionär van der Spiegel, der tapfere Admiral van Kinsbergen und unser Erbherr sind Leidensgenossen, und wir haben Terroristen im Rathe der Generalstaaten sitzen. Ich habe Nachricht, daß die Gefangenen entweder nach Amsterdam oder nach dem Haag gebracht werden, wir wollen uns darüber bald Entscheidung verschaffen, nur kann ich hier nicht gut abkommen, so lange noch französische Einquartierung hier liegt, denn es ist in der ganzen Herrlichkeit kein Mensch, der Französisch spricht, und Niemand kommt so gut als ich mit den Franzosen zurecht.

Sie erwähnten vorhin Pyrmont, lieber Herr Windt, was ist das für ein Kurort? fragte Leonardus.

Einer der besten, die ich kenne, belehrte ihn der Haushofmeister. Dieser Badeort vereinigt Stahl- und Soolquellen, die Ersteren übertreffen alle Stahlbrunnen Deutschlands, das wäre auch gut für unseren jungen Freund, Graf Ludwig. Der Brunnen wirkt nervenstärkend und belebend, er verjüngt, deshalb wollte ich hin, und Sie sehen mir gerade darnach aus, als ob Pyrmonts Quellen auch Ihnen Stärkung und Genesung wieder geben könnten!

Die Freunde beriethen lange und reiflich ihren Reiseplan, und als sie ihn gefaßt hatten, erhielt Ludwig von ihnen Nachricht, mit der Bitte, gegen die Mitte des Monats Juni im Haag einzutreffen, dort werde er Einen von ihnen oder Beide, und im schlimmsten Fall, bei Verhinderung wider alles Verhoffen, wenigstens Briefe vorfinden.



Es war ein schmerzliches Scheiden zwischen Mutter und Sohn. Georgine fühlte um ihrer Ruhe, um ihrer Stellung in der Welt willen die Nothwendigkeit, daß ihr Geheimniß verschleiert, ja begraben bleibe, sie konnte den geliebten Verwandten nicht auf die Dauer bei sich behalten, sie mußte ihn von sich lassen, mußte den bitteren Kampf kämpfen und ihr Mutterherz stark machen. Sie sprach nicht viel zu Ludwig, als die letzte verschwiegene Stunde nahte, in welcher Mutter und Sohn noch einmal weinend ihre theuersten Gefühle aussprachen.

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nicht mehr in Woerden, sondern ist nach Muiden gebracht worden. Mir ist noch gar nicht wohl bei der Sache; die Untersuchung wird streng geführt, der Rathspensionär van der Spiegel, der tapfere Admiral van Kinsbergen und unser Erbherr sind Leidensgenossen, und wir haben Terroristen im Rathe der Generalstaaten sitzen. Ich habe Nachricht, daß die Gefangenen entweder nach Amsterdam oder nach dem Haag gebracht werden, wir wollen uns darüber bald Entscheidung verschaffen, nur kann ich hier nicht gut abkommen, so lange noch französische Einquartierung hier liegt, denn es ist in der ganzen Herrlichkeit kein Mensch, der Französisch spricht, und Niemand kommt so gut als ich mit den Franzosen zurecht.</p>
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[271/0275] nicht mehr in Woerden, sondern ist nach Muiden gebracht worden. Mir ist noch gar nicht wohl bei der Sache; die Untersuchung wird streng geführt, der Rathspensionär van der Spiegel, der tapfere Admiral van Kinsbergen und unser Erbherr sind Leidensgenossen, und wir haben Terroristen im Rathe der Generalstaaten sitzen. Ich habe Nachricht, daß die Gefangenen entweder nach Amsterdam oder nach dem Haag gebracht werden, wir wollen uns darüber bald Entscheidung verschaffen, nur kann ich hier nicht gut abkommen, so lange noch französische Einquartierung hier liegt, denn es ist in der ganzen Herrlichkeit kein Mensch, der Französisch spricht, und Niemand kommt so gut als ich mit den Franzosen zurecht. Sie erwähnten vorhin Pyrmont, lieber Herr Windt, was ist das für ein Kurort? fragte Leonardus. Einer der besten, die ich kenne, belehrte ihn der Haushofmeister. Dieser Badeort vereinigt Stahl- und Soolquellen, die Ersteren übertreffen alle Stahlbrunnen Deutschlands, das wäre auch gut für unseren jungen Freund, Graf Ludwig. Der Brunnen wirkt nervenstärkend und belebend, er verjüngt, deshalb wollte ich hin, und Sie sehen mir gerade darnach aus, als ob Pyrmonts Quellen auch Ihnen Stärkung und Genesung wieder geben könnten! Die Freunde beriethen lange und reiflich ihren Reiseplan, und als sie ihn gefaßt hatten, erhielt Ludwig von ihnen Nachricht, mit der Bitte, gegen die Mitte des Monats Juni im Haag einzutreffen, dort werde er Einen von ihnen oder Beide, und im schlimmsten Fall, bei Verhinderung wider alles Verhoffen, wenigstens Briefe vorfinden. Es war ein schmerzliches Scheiden zwischen Mutter und Sohn. Georgine fühlte um ihrer Ruhe, um ihrer Stellung in der Welt willen die Nothwendigkeit, daß ihr Geheimniß verschleiert, ja begraben bleibe, sie konnte den geliebten Verwandten nicht auf die Dauer bei sich behalten, sie mußte ihn von sich lassen, mußte den bitteren Kampf kämpfen und ihr Mutterherz stark machen. Sie sprach nicht viel zu Ludwig, als die letzte verschwiegene Stunde nahte, in welcher Mutter und Sohn noch einmal weinend ihre theuersten Gefühle aussprachen.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/275>, abgerufen am 24.11.2024.