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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Hause. Nachdem ich die fürchterlichen Durchzüge und Einquartierungen der Alliirten, dann alle möglichen Freicorps, Emigrantencorps, lumpigen Andenkens, dann den schleunigen Rückzug, auf welchem ganze Colonnen zur Nachtzeit hier einfielen, darauf die heftige, fast unerträgliche Kälte, darauf wieder den Durchgang und die Einquartierung der Nordarmee, welcher die Sambre- und Maas-Armee auf dem Fuße folgte -- nachdem ich dies Alles vertragen und überstanden habe, kämpfe ich jetzt mit einer Wassersnoth, wie sie seit hundert Jahren nicht erlebt wurde. Ich habe in Helsum Brücken schlagen lassen, zu denen ich, um Holz zu bekommen, ein Paar Scheuern abbrechen ließ, damit die Armee nur weiter konnte, sonst hätte sie sich hier gestauet, wie ein überschwellender Krötendeich, und uns vollends mit Haut und Haar aufgefressen."

"Ich hoffe und bitte, Excellenz werden nun auch für mich Etwas thun, um meine alten Tage zu sichern und mir darüber eine Beruhigung ertheilen, die dem Gefühl von Menschlichkeit, Billigkeit und Rechtschaffenheit entspricht, das ich Excellenz zutraue. Ich muß ganz nothwendig eine durchgreifende Kur im Sommer brauchen, wenn ich nicht ganz zu Grunde gehen soll. Auch muß ich endlich wieder an einem andern Orte wohnen, denn hier kann und will ich mit meiner Frau, welche sich der Wirthschaft auf das Allertreueste annimmt, meine mir noch vergönnten Tage nicht beschließen. Excellenz haben das große Haus in Hamburg, haben bedeutende Allodialgüter, auch Bau- und Weideland genug, um einen alten wahrhaft treuen Diener lebenslänglich zu versorgen. Eine Pension in Geld wirft Doorwerth nicht ab, und für den hiesigen Rentmeisterdienst müßte ich danken."

"Heute wird unter großen Feierlichkeiten zu Arnhem der Freiheitsbaum aufgepflanzt; die Stadt ist so voll Freiheitsglück, daß sie die ganze Besatzung mit Wein bewirthen wollte; der Commandant aber, General Lefebre, der ein eben so kluger als tapfrer Mann ist, hat den Wein zwar angenommen, aber ihn zur Stärkung der Kranken und Verwundeten bestimmt. Auch rings um die Herrlichkeit her, in Wageningen, Husum, Deventer, und ebenso in Doesburg und Zuitphen, auf Voorst, auf Rhoon und überall sind Freiheitsbäume gepflanzt worden; ich meinestheils habe es zur Zeit noch unterlassen. So viel ich Laie von Forstkultur verstehe, schlagen Bäume, die man ohne Wurzeln

Hause. Nachdem ich die fürchterlichen Durchzüge und Einquartierungen der Alliirten, dann alle möglichen Freicorps, Emigrantencorps, lumpigen Andenkens, dann den schleunigen Rückzug, auf welchem ganze Colonnen zur Nachtzeit hier einfielen, darauf die heftige, fast unerträgliche Kälte, darauf wieder den Durchgang und die Einquartierung der Nordarmee, welcher die Sambre- und Maas-Armee auf dem Fuße folgte — nachdem ich dies Alles vertragen und überstanden habe, kämpfe ich jetzt mit einer Wassersnoth, wie sie seit hundert Jahren nicht erlebt wurde. Ich habe in Helsum Brücken schlagen lassen, zu denen ich, um Holz zu bekommen, ein Paar Scheuern abbrechen ließ, damit die Armee nur weiter konnte, sonst hätte sie sich hier gestauet, wie ein überschwellender Krötendeich, und uns vollends mit Haut und Haar aufgefressen.“

„Ich hoffe und bitte, Excellenz werden nun auch für mich Etwas thun, um meine alten Tage zu sichern und mir darüber eine Beruhigung ertheilen, die dem Gefühl von Menschlichkeit, Billigkeit und Rechtschaffenheit entspricht, das ich Excellenz zutraue. Ich muß ganz nothwendig eine durchgreifende Kur im Sommer brauchen, wenn ich nicht ganz zu Grunde gehen soll. Auch muß ich endlich wieder an einem andern Orte wohnen, denn hier kann und will ich mit meiner Frau, welche sich der Wirthschaft auf das Allertreueste annimmt, meine mir noch vergönnten Tage nicht beschließen. Excellenz haben das große Haus in Hamburg, haben bedeutende Allodialgüter, auch Bau- und Weideland genug, um einen alten wahrhaft treuen Diener lebenslänglich zu versorgen. Eine Pension in Geld wirft Doorwerth nicht ab, und für den hiesigen Rentmeisterdienst müßte ich danken.“

„Heute wird unter großen Feierlichkeiten zu Arnhem der Freiheitsbaum aufgepflanzt; die Stadt ist so voll Freiheitsglück, daß sie die ganze Besatzung mit Wein bewirthen wollte; der Commandant aber, General Lefebre, der ein eben so kluger als tapfrer Mann ist, hat den Wein zwar angenommen, aber ihn zur Stärkung der Kranken und Verwundeten bestimmt. Auch rings um die Herrlichkeit her, in Wageningen, Husum, Deventer, und ebenso in Doesburg und Zuitphen, auf Voorst, auf Rhoon und überall sind Freiheitsbäume gepflanzt worden; ich meinestheils habe es zur Zeit noch unterlassen. So viel ich Laie von Forstkultur verstehe, schlagen Bäume, die man ohne Wurzeln

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[261/0265] Hause. Nachdem ich die fürchterlichen Durchzüge und Einquartierungen der Alliirten, dann alle möglichen Freicorps, Emigrantencorps, lumpigen Andenkens, dann den schleunigen Rückzug, auf welchem ganze Colonnen zur Nachtzeit hier einfielen, darauf die heftige, fast unerträgliche Kälte, darauf wieder den Durchgang und die Einquartierung der Nordarmee, welcher die Sambre- und Maas-Armee auf dem Fuße folgte — nachdem ich dies Alles vertragen und überstanden habe, kämpfe ich jetzt mit einer Wassersnoth, wie sie seit hundert Jahren nicht erlebt wurde. Ich habe in Helsum Brücken schlagen lassen, zu denen ich, um Holz zu bekommen, ein Paar Scheuern abbrechen ließ, damit die Armee nur weiter konnte, sonst hätte sie sich hier gestauet, wie ein überschwellender Krötendeich, und uns vollends mit Haut und Haar aufgefressen.“ „Ich hoffe und bitte, Excellenz werden nun auch für mich Etwas thun, um meine alten Tage zu sichern und mir darüber eine Beruhigung ertheilen, die dem Gefühl von Menschlichkeit, Billigkeit und Rechtschaffenheit entspricht, das ich Excellenz zutraue. Ich muß ganz nothwendig eine durchgreifende Kur im Sommer brauchen, wenn ich nicht ganz zu Grunde gehen soll. Auch muß ich endlich wieder an einem andern Orte wohnen, denn hier kann und will ich mit meiner Frau, welche sich der Wirthschaft auf das Allertreueste annimmt, meine mir noch vergönnten Tage nicht beschließen. Excellenz haben das große Haus in Hamburg, haben bedeutende Allodialgüter, auch Bau- und Weideland genug, um einen alten wahrhaft treuen Diener lebenslänglich zu versorgen. Eine Pension in Geld wirft Doorwerth nicht ab, und für den hiesigen Rentmeisterdienst müßte ich danken.“ „Heute wird unter großen Feierlichkeiten zu Arnhem der Freiheitsbaum aufgepflanzt; die Stadt ist so voll Freiheitsglück, daß sie die ganze Besatzung mit Wein bewirthen wollte; der Commandant aber, General Lefebre, der ein eben so kluger als tapfrer Mann ist, hat den Wein zwar angenommen, aber ihn zur Stärkung der Kranken und Verwundeten bestimmt. Auch rings um die Herrlichkeit her, in Wageningen, Husum, Deventer, und ebenso in Doesburg und Zuitphen, auf Voorst, auf Rhoon und überall sind Freiheitsbäume gepflanzt worden; ich meinestheils habe es zur Zeit noch unterlassen. So viel ich Laie von Forstkultur verstehe, schlagen Bäume, die man ohne Wurzeln

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/265>, abgerufen am 28.11.2024.