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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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die Marodeurs, an deren Spitze ich ohnlängst der Ehre theilhaft wurde, Ihnen, sehr geehrte Herren, zu begegnen, um die Ausreißer unsers Heeres wo möglich an den Galgen zu liefern. Mir fiel, bei meiner Ehre sei es geschworen, nicht ein, zu plündern, ich war der Unschuldige unter jenen Schuldigen, ich mußte nur so thun, wie ich that, um im Vertrauen jenes Gesindels zu bleiben, und ich sehe in der That nicht ein, weshalb jener Herr sich so darauf steift, mich in alle möglichen Flüsse Europas zu werfen, da ich doch ein Franzose bin, der gern auf dem Trocknen ist und der in diesem Lande verbreiteten Secte der Wiedertäufer ganz und gar nicht angehört.

Dieser mit kläglichem und beweglichem Geberdenspiel von Seiten des Spions gehaltene Vortrag belustigte die Zuhörer und benahm jedem Einzelnen derselben den etwaigen Gedanken irgend einer gegen den gefangenen Mann zu übenden Grausamkeit. Ihn unschädlich zu machen, mindestens für die Sache Hollands, konnte genügend erscheinen, doch wollte Windt die Habhaftwerdung der nichtsnutzen Person des Spions mindestens dadurch nutzbar machen, daß Clement Aboncourt nun offen und haarklein Alles sagen sollte, was ihm vom Stande der französischen Armee oder sonst von seinen Landsleuten bekannt sei. Unter dieser Bedingung sollte Aboncourt das Leben geschenkt und er nur so lange im Kastell in Haft gehalten werden, bis entweder der Feind über den Rhein und die Yssel in's Land brechen oder ein Friedensschluß zu Stande kommen würde, dem die hartmitgenommenen Länder sehnlich entgegenhofften.

Nun denn, was ich weiß, will ich sagen, begann Clement Aboncourt seine Mittheilung: Schaden bringt es Niemand und mir bringt es Nutzen, wenn ich offen rede, denn ich bin ein Mensch, der einen Hals besitzt, welchen ich zu ganz anderen Verrichtungen bestimmt glaube, als der, durch einen Strick zugeschnürt zu werden. Eine Abtheilung der französischen Armee, etwa viertausend Mann, bewerkstelligte zur Nachtzeit eine Landung auf den Bommeler Waard oder Weerd; sie wurden aber mit so großer Höflichkeit empfangen und ihnen mit so vieler Artigkeit zurückgeleuchtet, daß nur wenige von ihnen das jenseitige Ufer der Maas, die sie überschritten hatten, wieder gewannen. Das Fort Sanct Andre, das die große Insel zwischen Maas und Wahl, welche beide Ströme vor ihrem Zusammenfluß bilden, an der

die Marodeurs, an deren Spitze ich ohnlängst der Ehre theilhaft wurde, Ihnen, sehr geehrte Herren, zu begegnen, um die Ausreißer unsers Heeres wo möglich an den Galgen zu liefern. Mir fiel, bei meiner Ehre sei es geschworen, nicht ein, zu plündern, ich war der Unschuldige unter jenen Schuldigen, ich mußte nur so thun, wie ich that, um im Vertrauen jenes Gesindels zu bleiben, und ich sehe in der That nicht ein, weshalb jener Herr sich so darauf steift, mich in alle möglichen Flüsse Europas zu werfen, da ich doch ein Franzose bin, der gern auf dem Trocknen ist und der in diesem Lande verbreiteten Secte der Wiedertäufer ganz und gar nicht angehört.

Dieser mit kläglichem und beweglichem Geberdenspiel von Seiten des Spions gehaltene Vortrag belustigte die Zuhörer und benahm jedem Einzelnen derselben den etwaigen Gedanken irgend einer gegen den gefangenen Mann zu übenden Grausamkeit. Ihn unschädlich zu machen, mindestens für die Sache Hollands, konnte genügend erscheinen, doch wollte Windt die Habhaftwerdung der nichtsnutzen Person des Spions mindestens dadurch nutzbar machen, daß Clement Aboncourt nun offen und haarklein Alles sagen sollte, was ihm vom Stande der französischen Armee oder sonst von seinen Landsleuten bekannt sei. Unter dieser Bedingung sollte Aboncourt das Leben geschenkt und er nur so lange im Kastell in Haft gehalten werden, bis entweder der Feind über den Rhein und die Yssel in’s Land brechen oder ein Friedensschluß zu Stande kommen würde, dem die hartmitgenommenen Länder sehnlich entgegenhofften.

Nun denn, was ich weiß, will ich sagen, begann Clement Aboncourt seine Mittheilung: Schaden bringt es Niemand und mir bringt es Nutzen, wenn ich offen rede, denn ich bin ein Mensch, der einen Hals besitzt, welchen ich zu ganz anderen Verrichtungen bestimmt glaube, als der, durch einen Strick zugeschnürt zu werden. Eine Abtheilung der französischen Armee, etwa viertausend Mann, bewerkstelligte zur Nachtzeit eine Landung auf den Bommeler Waard oder Weerd; sie wurden aber mit so großer Höflichkeit empfangen und ihnen mit so vieler Artigkeit zurückgeleuchtet, daß nur wenige von ihnen das jenseitige Ufer der Maas, die sie überschritten hatten, wieder gewannen. Das Fort Sanct André, das die große Insel zwischen Maas und Wahl, welche beide Ströme vor ihrem Zusammenfluß bilden, an der

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die Marodeurs, an deren Spitze ich ohnlängst der Ehre theilhaft wurde, Ihnen, sehr geehrte Herren, zu begegnen, um die Ausreißer unsers Heeres wo möglich an den Galgen zu liefern. Mir fiel, bei meiner Ehre sei es geschworen, nicht ein, zu plündern, ich war der Unschuldige unter jenen Schuldigen, ich mußte nur so thun, wie ich that, um im Vertrauen jenes Gesindels zu bleiben, und ich sehe in der That nicht ein, weshalb jener Herr sich so darauf steift, mich in alle möglichen Flüsse Europas zu werfen, da ich doch ein Franzose bin, der gern auf dem Trocknen ist und der in diesem Lande verbreiteten Secte der Wiedertäufer ganz und gar nicht angehört.</p>
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[205/0209] die Marodeurs, an deren Spitze ich ohnlängst der Ehre theilhaft wurde, Ihnen, sehr geehrte Herren, zu begegnen, um die Ausreißer unsers Heeres wo möglich an den Galgen zu liefern. Mir fiel, bei meiner Ehre sei es geschworen, nicht ein, zu plündern, ich war der Unschuldige unter jenen Schuldigen, ich mußte nur so thun, wie ich that, um im Vertrauen jenes Gesindels zu bleiben, und ich sehe in der That nicht ein, weshalb jener Herr sich so darauf steift, mich in alle möglichen Flüsse Europas zu werfen, da ich doch ein Franzose bin, der gern auf dem Trocknen ist und der in diesem Lande verbreiteten Secte der Wiedertäufer ganz und gar nicht angehört. Dieser mit kläglichem und beweglichem Geberdenspiel von Seiten des Spions gehaltene Vortrag belustigte die Zuhörer und benahm jedem Einzelnen derselben den etwaigen Gedanken irgend einer gegen den gefangenen Mann zu übenden Grausamkeit. Ihn unschädlich zu machen, mindestens für die Sache Hollands, konnte genügend erscheinen, doch wollte Windt die Habhaftwerdung der nichtsnutzen Person des Spions mindestens dadurch nutzbar machen, daß Clement Aboncourt nun offen und haarklein Alles sagen sollte, was ihm vom Stande der französischen Armee oder sonst von seinen Landsleuten bekannt sei. Unter dieser Bedingung sollte Aboncourt das Leben geschenkt und er nur so lange im Kastell in Haft gehalten werden, bis entweder der Feind über den Rhein und die Yssel in’s Land brechen oder ein Friedensschluß zu Stande kommen würde, dem die hartmitgenommenen Länder sehnlich entgegenhofften. Nun denn, was ich weiß, will ich sagen, begann Clement Aboncourt seine Mittheilung: Schaden bringt es Niemand und mir bringt es Nutzen, wenn ich offen rede, denn ich bin ein Mensch, der einen Hals besitzt, welchen ich zu ganz anderen Verrichtungen bestimmt glaube, als der, durch einen Strick zugeschnürt zu werden. Eine Abtheilung der französischen Armee, etwa viertausend Mann, bewerkstelligte zur Nachtzeit eine Landung auf den Bommeler Waard oder Weerd; sie wurden aber mit so großer Höflichkeit empfangen und ihnen mit so vieler Artigkeit zurückgeleuchtet, daß nur wenige von ihnen das jenseitige Ufer der Maas, die sie überschritten hatten, wieder gewannen. Das Fort Sanct André, das die große Insel zwischen Maas und Wahl, welche beide Ströme vor ihrem Zusammenfluß bilden, an der

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/209>, abgerufen am 27.11.2024.