Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.daß wir diesseit des Rheines noch einige Zeit von den Franken befreit bleiben, obgleich General Pichegru darauf gewettet haben soll, den Winter in Nimwegen zuzubringen und seine Armee diesseits des Rheines Winterquartiere aufschlagen zu lassen." "Heute habe ich den holländischen General-Quartiermeister von hier aus bis auf den halben Weg nach Nimwegen gebracht, es sieht übel aus auf den Straßen, es ist eine bitterböse Zeit; wo man hin hört und sieht, vernimmt man nichts und hört man nichts, als von Raub und Plünderung, Mord und Brand, Krankheit und Theurung. Das Pfund Butter kostet in diesem so butterreichen Lande 1 Gulden." "Gestern ist die Frau Landgräfin zu Hessen-Philippsthal, Ulrike Eleonore, welche die Belagerung von Hertogenbosch treulich mit ihrem tapferen Gemahle ausgehalten, durch Arnhem gekommen. Sie wird mit dem Landgrafen nach Bückeburg gehen, zur gnädigen Frau Schwägerin, der trefflichen Fürstin Juliane." Diesen Brief konnte Windt erst Abends vollenden. Er schrieb: "Rundum uns her ist ein fürchterliches Getümmel; so eben komme ich, 7 Uhr Abends, aus einer Bataille mit Irländern zu Pferde nach Hause, die in Wolfsheese und längst der Doorwerth marodirten und ein Zetergeschrei unter dem armen Volke erregten. Ich jagte ihnen aber, unterstützt von meinen Leuten, ihre Beute wieder ab; allein es wird zu arg mit dem Rauben der sauberen Alliirten; Bauern, die ihre Habe vertheidigen, werden aufgehenkt und ihre Häuser werden in Brand gesteckt. Die Irländer namentlich haben stets Hunger wie die Pierrots in der Pantomime. Und wenn diese Feinde der Ordnung aus dem Lande sind, dann wird dasselbe Spiel von den Carmagnolen begonnen werden, wobei, wie eben auch in der Pantomime, höchst wahrscheinlich die Pierrots von den Harlekinen Prügel bekommen." "Ueberall ist der Teufel los; Gott lasse mich nur jetzt nicht krank werden, sonst ist hier Alles verloren! Fort und fort Kanonendonner auch jetzt, indem ich dies schreibe, in der Richtung nach Nimwegen hin. Vorgestern kam der Herzog von York nach Arnhem; Prinz Friedrich zu Hessen lag mit seinem Regiment in Rosendael und wohnte wahrscheinlich dem gestrigen Treffen bei. Ich ritt stracks nach Arnhem, um beim Herzoge Schutz zu suchen; er war aber nicht zu sprechen; gestern ritt ich wieder hinüber und war so glücklich, Sauvegarden für die daß wir diesseit des Rheines noch einige Zeit von den Franken befreit bleiben, obgleich General Pichegru darauf gewettet haben soll, den Winter in Nimwegen zuzubringen und seine Armee diesseits des Rheines Winterquartiere aufschlagen zu lassen.“ „Heute habe ich den holländischen General-Quartiermeister von hier aus bis auf den halben Weg nach Nimwegen gebracht, es sieht übel aus auf den Straßen, es ist eine bitterböse Zeit; wo man hin hört und sieht, vernimmt man nichts und hört man nichts, als von Raub und Plünderung, Mord und Brand, Krankheit und Theurung. Das Pfund Butter kostet in diesem so butterreichen Lande 1 Gulden.“ „Gestern ist die Frau Landgräfin zu Hessen-Philippsthal, Ulrike Eleonore, welche die Belagerung von Hertogenbosch treulich mit ihrem tapferen Gemahle ausgehalten, durch Arnhem gekommen. Sie wird mit dem Landgrafen nach Bückeburg gehen, zur gnädigen Frau Schwägerin, der trefflichen Fürstin Juliane.“ Diesen Brief konnte Windt erst Abends vollenden. Er schrieb: „Rundum uns her ist ein fürchterliches Getümmel; so eben komme ich, 7 Uhr Abends, aus einer Bataille mit Irländern zu Pferde nach Hause, die in Wolfsheese und längst der Doorwerth marodirten und ein Zetergeschrei unter dem armen Volke erregten. Ich jagte ihnen aber, unterstützt von meinen Leuten, ihre Beute wieder ab; allein es wird zu arg mit dem Rauben der sauberen Alliirten; Bauern, die ihre Habe vertheidigen, werden aufgehenkt und ihre Häuser werden in Brand gesteckt. Die Irländer namentlich haben stets Hunger wie die Pierrots in der Pantomime. Und wenn diese Feinde der Ordnung aus dem Lande sind, dann wird dasselbe Spiel von den Carmagnolen begonnen werden, wobei, wie eben auch in der Pantomime, höchst wahrscheinlich die Pierrots von den Harlekinen Prügel bekommen.“ „Ueberall ist der Teufel los; Gott lasse mich nur jetzt nicht krank werden, sonst ist hier Alles verloren! Fort und fort Kanonendonner auch jetzt, indem ich dies schreibe, in der Richtung nach Nimwegen hin. Vorgestern kam der Herzog von York nach Arnhem; Prinz Friedrich zu Hessen lag mit seinem Regiment in Rosendael und wohnte wahrscheinlich dem gestrigen Treffen bei. Ich ritt stracks nach Arnhem, um beim Herzoge Schutz zu suchen; er war aber nicht zu sprechen; gestern ritt ich wieder hinüber und war so glücklich, Sauvegarden für die <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0180" n="176"/> daß wir diesseit des Rheines noch einige Zeit von den Franken befreit bleiben, obgleich General Pichegru darauf gewettet haben soll, den Winter in Nimwegen zuzubringen und seine Armee diesseits des Rheines Winterquartiere aufschlagen zu lassen.“ </p> <p>„Heute habe ich den holländischen General-Quartiermeister von hier aus bis auf den halben Weg nach Nimwegen gebracht, es sieht übel aus auf den Straßen, es ist eine bitterböse Zeit; wo man hin hört und sieht, vernimmt man nichts und hört man nichts, als von Raub und Plünderung, Mord und Brand, Krankheit und Theurung. Das Pfund Butter kostet in diesem so butterreichen Lande 1 Gulden.“ </p> <p>„Gestern ist die Frau Landgräfin zu Hessen-Philippsthal, Ulrike Eleonore, welche die Belagerung von Hertogenbosch treulich mit ihrem tapferen Gemahle ausgehalten, durch Arnhem gekommen. Sie wird mit dem Landgrafen nach Bückeburg gehen, zur gnädigen Frau Schwägerin, der trefflichen Fürstin Juliane.“ </p> <p>Diesen Brief konnte Windt erst Abends vollenden. Er schrieb: „Rundum uns her ist ein fürchterliches Getümmel; so eben komme ich, 7 Uhr Abends, aus einer Bataille mit Irländern zu Pferde nach Hause, die in Wolfsheese und längst der Doorwerth marodirten und ein Zetergeschrei unter dem armen Volke erregten. Ich jagte ihnen aber, unterstützt von meinen Leuten, ihre Beute wieder ab; allein es wird zu arg mit dem Rauben der sauberen Alliirten; Bauern, die ihre Habe vertheidigen, werden aufgehenkt und ihre Häuser werden in Brand gesteckt. Die Irländer namentlich haben stets Hunger wie die Pierrots in der Pantomime. Und wenn diese Feinde der Ordnung aus dem Lande sind, dann wird dasselbe Spiel von den Carmagnolen begonnen werden, wobei, wie eben auch in der Pantomime, höchst wahrscheinlich die Pierrots von den Harlekinen Prügel bekommen.“ </p> <p>„Ueberall ist der Teufel los; Gott lasse mich nur jetzt nicht krank werden, sonst ist hier Alles verloren! Fort und fort Kanonendonner auch jetzt, indem ich dies schreibe, in der Richtung nach Nimwegen hin. Vorgestern kam der Herzog von York nach Arnhem; Prinz Friedrich zu Hessen lag mit seinem Regiment in Rosendael und wohnte wahrscheinlich dem gestrigen Treffen bei. Ich ritt stracks nach Arnhem, um beim Herzoge Schutz zu suchen; er war aber nicht zu sprechen; gestern ritt ich wieder hinüber und war so glücklich, Sauvegarden für die </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [176/0180]
daß wir diesseit des Rheines noch einige Zeit von den Franken befreit bleiben, obgleich General Pichegru darauf gewettet haben soll, den Winter in Nimwegen zuzubringen und seine Armee diesseits des Rheines Winterquartiere aufschlagen zu lassen.“
„Heute habe ich den holländischen General-Quartiermeister von hier aus bis auf den halben Weg nach Nimwegen gebracht, es sieht übel aus auf den Straßen, es ist eine bitterböse Zeit; wo man hin hört und sieht, vernimmt man nichts und hört man nichts, als von Raub und Plünderung, Mord und Brand, Krankheit und Theurung. Das Pfund Butter kostet in diesem so butterreichen Lande 1 Gulden.“
„Gestern ist die Frau Landgräfin zu Hessen-Philippsthal, Ulrike Eleonore, welche die Belagerung von Hertogenbosch treulich mit ihrem tapferen Gemahle ausgehalten, durch Arnhem gekommen. Sie wird mit dem Landgrafen nach Bückeburg gehen, zur gnädigen Frau Schwägerin, der trefflichen Fürstin Juliane.“
Diesen Brief konnte Windt erst Abends vollenden. Er schrieb: „Rundum uns her ist ein fürchterliches Getümmel; so eben komme ich, 7 Uhr Abends, aus einer Bataille mit Irländern zu Pferde nach Hause, die in Wolfsheese und längst der Doorwerth marodirten und ein Zetergeschrei unter dem armen Volke erregten. Ich jagte ihnen aber, unterstützt von meinen Leuten, ihre Beute wieder ab; allein es wird zu arg mit dem Rauben der sauberen Alliirten; Bauern, die ihre Habe vertheidigen, werden aufgehenkt und ihre Häuser werden in Brand gesteckt. Die Irländer namentlich haben stets Hunger wie die Pierrots in der Pantomime. Und wenn diese Feinde der Ordnung aus dem Lande sind, dann wird dasselbe Spiel von den Carmagnolen begonnen werden, wobei, wie eben auch in der Pantomime, höchst wahrscheinlich die Pierrots von den Harlekinen Prügel bekommen.“
„Ueberall ist der Teufel los; Gott lasse mich nur jetzt nicht krank werden, sonst ist hier Alles verloren! Fort und fort Kanonendonner auch jetzt, indem ich dies schreibe, in der Richtung nach Nimwegen hin. Vorgestern kam der Herzog von York nach Arnhem; Prinz Friedrich zu Hessen lag mit seinem Regiment in Rosendael und wohnte wahrscheinlich dem gestrigen Treffen bei. Ich ritt stracks nach Arnhem, um beim Herzoge Schutz zu suchen; er war aber nicht zu sprechen; gestern ritt ich wieder hinüber und war so glücklich, Sauvegarden für die
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Zitationshilfe: | Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/180>, abgerufen am 18.07.2024. |