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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Stimme folgten, brauchen dann nicht mehr zu erröthen, fehlt es ihnen doch nicht an Vorbildern in der eigenen Familie. Dir ist bekannt, liebe Anges, daß des Prinzen Vater schon eine Prinzessin, seine nachherige Gemahlin, welche älter war als er, feurig liebte, und in früher Jugend Vaterfreuden sich erblühen sah. Der gleiche Fall trat bei dem Sohne ein, dem Kinde dieser flammenden und daher auch früh verrauchten und verzehrten Leidenschaft und wenn wir Louise Maria Therese Bathilde nicht verdammen, so dürfen wir auch Charlotten nicht richten, welche, hingerissen von der Liebe eines jugendlichen Helden zu ihr und von ihrer heißen Erwiderung dieser Liebe, willenlos der Macht beiderseitiger Leidenschaft folgte und die Mutter des herrlichen Kindes wurde, zu dessen Pflege und Ueberwachung wir uns Beide geweiht haben mit heiligem Eide. Daß du es mit dir hinwegnahmst, nachdem es nur kurze Zeit bei uns verborgen gehalten worden, war sehr gut; Niemand ahnete etwas und konnte etwas ahnen. Jetzt, wenn du wiederkehrst, gilt die kleine Sophie Charlotte als dein Kind, das Kind einer Wittwe oder einer von ihrem Gatten treulos verlassenen Frau. Habe nur Acht, liebe Tochter, bei Allem, was dir heilig und theuer ist, beschwöre ich dich, alle mögliche Sorgfalt anzuwenden, daß das Kind an Leib und Seele wohl erhalten bleibe, und gib mir sobald als möglich Nachricht von deiner Ankunft, auf welche mit aller Macht sehnsuchtvoller Liebe hofft deine treue Mutter."

Hätte es noch irgend eines äußeren Umstandes bedurft, um Leonardus und Ludwig zu überzeugen, daß Sophie nicht das Kind von Anges sei, so würde dieser Brief jedes desfallsige Zeugniß zur Genüge vertreten haben. Verwundert aber rief Ludwig aus: Wie merkwürdig! Also Sophie Charlotte heißt diese Kleine? Gerade wie meine Großmutter!

Jetzt entfaltete auch Leonardus seine Briefe, um Anges und dem Freund aus denselben Mittheilungen zu machen, indem er sprach: Ich habe frohe und schlimme Botschaft zugleich erhalten; zunächst schreibt mir mein Vetter, der Kaplan Vincentius Martinus van der Valck, daß mein Vater Wort gehalten und mich vor Notar und Zeugen so zu sagen enterbte, indem er mich auf die bloße Hälfte des Pflichttheiles gesetzt hat.

Stimme folgten, brauchen dann nicht mehr zu erröthen, fehlt es ihnen doch nicht an Vorbildern in der eigenen Familie. Dir ist bekannt, liebe Angés, daß des Prinzen Vater schon eine Prinzessin, seine nachherige Gemahlin, welche älter war als er, feurig liebte, und in früher Jugend Vaterfreuden sich erblühen sah. Der gleiche Fall trat bei dem Sohne ein, dem Kinde dieser flammenden und daher auch früh verrauchten und verzehrten Leidenschaft und wenn wir Louise Maria Therese Bathilde nicht verdammen, so dürfen wir auch Charlotten nicht richten, welche, hingerissen von der Liebe eines jugendlichen Helden zu ihr und von ihrer heißen Erwiderung dieser Liebe, willenlos der Macht beiderseitiger Leidenschaft folgte und die Mutter des herrlichen Kindes wurde, zu dessen Pflege und Ueberwachung wir uns Beide geweiht haben mit heiligem Eide. Daß du es mit dir hinwegnahmst, nachdem es nur kurze Zeit bei uns verborgen gehalten worden, war sehr gut; Niemand ahnete etwas und konnte etwas ahnen. Jetzt, wenn du wiederkehrst, gilt die kleine Sophie Charlotte als dein Kind, das Kind einer Wittwe oder einer von ihrem Gatten treulos verlassenen Frau. Habe nur Acht, liebe Tochter, bei Allem, was dir heilig und theuer ist, beschwöre ich dich, alle mögliche Sorgfalt anzuwenden, daß das Kind an Leib und Seele wohl erhalten bleibe, und gib mir sobald als möglich Nachricht von deiner Ankunft, auf welche mit aller Macht sehnsuchtvoller Liebe hofft deine treue Mutter.«

Hätte es noch irgend eines äußeren Umstandes bedurft, um Leonardus und Ludwig zu überzeugen, daß Sophie nicht das Kind von Angés sei, so würde dieser Brief jedes desfallsige Zeugniß zur Genüge vertreten haben. Verwundert aber rief Ludwig aus: Wie merkwürdig! Also Sophie Charlotte heißt diese Kleine? Gerade wie meine Großmutter!

Jetzt entfaltete auch Leonardus seine Briefe, um Angés und dem Freund aus denselben Mittheilungen zu machen, indem er sprach: Ich habe frohe und schlimme Botschaft zugleich erhalten; zunächst schreibt mir mein Vetter, der Kaplan Vincentius Martinus van der Valck, daß mein Vater Wort gehalten und mich vor Notar und Zeugen so zu sagen enterbte, indem er mich auf die bloße Hälfte des Pflichttheiles gesetzt hat.

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Stimme folgten, brauchen dann nicht mehr zu erröthen, fehlt es ihnen doch nicht an Vorbildern in der eigenen Familie. Dir ist bekannt, liebe Angés, daß des Prinzen Vater schon eine Prinzessin, seine nachherige Gemahlin, welche älter war als er, feurig liebte, und in früher Jugend Vaterfreuden sich erblühen sah. Der gleiche Fall trat bei dem Sohne ein, dem Kinde dieser flammenden und daher auch früh verrauchten und verzehrten Leidenschaft und wenn wir Louise Maria Therese Bathilde nicht verdammen, so dürfen wir auch Charlotten nicht richten, welche, hingerissen von der Liebe eines jugendlichen Helden zu ihr und von ihrer heißen Erwiderung dieser Liebe, willenlos der Macht beiderseitiger Leidenschaft folgte und die Mutter des herrlichen Kindes wurde, zu dessen Pflege und Ueberwachung wir uns Beide geweiht haben mit heiligem Eide. Daß du es mit dir hinwegnahmst, nachdem es nur kurze Zeit bei uns verborgen gehalten worden, war sehr gut; Niemand ahnete etwas und konnte etwas ahnen. Jetzt, wenn du wiederkehrst, gilt die kleine Sophie Charlotte als dein Kind, das Kind einer Wittwe oder einer von ihrem Gatten treulos verlassenen Frau. Habe nur Acht, liebe Tochter, bei Allem, was dir heilig und theuer ist, beschwöre ich dich, alle mögliche Sorgfalt anzuwenden, daß das Kind an Leib und Seele wohl erhalten bleibe, und gib mir sobald als möglich Nachricht von deiner Ankunft, auf welche mit aller Macht sehnsuchtvoller Liebe hofft deine treue Mutter.« </p>
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[161/0165] Stimme folgten, brauchen dann nicht mehr zu erröthen, fehlt es ihnen doch nicht an Vorbildern in der eigenen Familie. Dir ist bekannt, liebe Angés, daß des Prinzen Vater schon eine Prinzessin, seine nachherige Gemahlin, welche älter war als er, feurig liebte, und in früher Jugend Vaterfreuden sich erblühen sah. Der gleiche Fall trat bei dem Sohne ein, dem Kinde dieser flammenden und daher auch früh verrauchten und verzehrten Leidenschaft und wenn wir Louise Maria Therese Bathilde nicht verdammen, so dürfen wir auch Charlotten nicht richten, welche, hingerissen von der Liebe eines jugendlichen Helden zu ihr und von ihrer heißen Erwiderung dieser Liebe, willenlos der Macht beiderseitiger Leidenschaft folgte und die Mutter des herrlichen Kindes wurde, zu dessen Pflege und Ueberwachung wir uns Beide geweiht haben mit heiligem Eide. Daß du es mit dir hinwegnahmst, nachdem es nur kurze Zeit bei uns verborgen gehalten worden, war sehr gut; Niemand ahnete etwas und konnte etwas ahnen. Jetzt, wenn du wiederkehrst, gilt die kleine Sophie Charlotte als dein Kind, das Kind einer Wittwe oder einer von ihrem Gatten treulos verlassenen Frau. Habe nur Acht, liebe Tochter, bei Allem, was dir heilig und theuer ist, beschwöre ich dich, alle mögliche Sorgfalt anzuwenden, daß das Kind an Leib und Seele wohl erhalten bleibe, und gib mir sobald als möglich Nachricht von deiner Ankunft, auf welche mit aller Macht sehnsuchtvoller Liebe hofft deine treue Mutter.« Hätte es noch irgend eines äußeren Umstandes bedurft, um Leonardus und Ludwig zu überzeugen, daß Sophie nicht das Kind von Angés sei, so würde dieser Brief jedes desfallsige Zeugniß zur Genüge vertreten haben. Verwundert aber rief Ludwig aus: Wie merkwürdig! Also Sophie Charlotte heißt diese Kleine? Gerade wie meine Großmutter! Jetzt entfaltete auch Leonardus seine Briefe, um Angés und dem Freund aus denselben Mittheilungen zu machen, indem er sprach: Ich habe frohe und schlimme Botschaft zugleich erhalten; zunächst schreibt mir mein Vetter, der Kaplan Vincentius Martinus van der Valck, daß mein Vater Wort gehalten und mich vor Notar und Zeugen so zu sagen enterbte, indem er mich auf die bloße Hälfte des Pflichttheiles gesetzt hat.

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/165>, abgerufen am 24.11.2024.