Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.auch; er antwortete: Dummer Junge! Das kann man so eigentlich nicht wissen! Du bist ein Schalk, Mann! Immer bringst du neue Schnurren mit heim, wenn du draußen herum gereist bist. Und immer finde ich, Gott sei Dank, zu Hause meine liebste alte Schnurre wieder. -- Das war eine lange, mitunter doch etwas beschwerliche und ermüdende Reise gewesen, die Reise von Paris bis in das Geldernland, doch hatte der Himmel seinen Schutz und gutes Wetter verliehen, und die Herzen der Freunde waren nur um so inniger in einander verwachsen und verschmolzen, je mehr sich Jeder bemühte, dem Anderen gefällig und hülfreich zu sein, und je mehr sich jedes Einzelnen eigene Vergangenheit erschloß; ja auf Leonardus eigenes Verlangen war zwischen Ludwig und Anges das geschwisterliche Du an die Stelle des förmlichen Sie getreten. Gern und freudig ward als freundlicher Schirmvogt, wegekundiger Geleitsmann, sparsamer Haushalter und durch und durch von Gefälligkeit und Redlichkeit erfüllter Mensch, Herr Windt als Dritter im Bunde der Freunde aufgenommen, und so hatte die Unterhaltung nie gestockt und man war endlich doch, ohne allzugroße Beschwerde und Langeweile zu fühlen, welche die große Einförmigkeit mancher Wegstrecken wohl hätte hervorrufen können, dem vorläufigen Ziele nahe gekommen. Anges, stets liebevoll um das Kind besorgt, das sie gleich dem Stern in ihren Augen hielt und mit der mütterlichsten Zärtlichkeit überwachte, und mit dem sie sich viel unterhielt, was auch die Freunde thaten und sich an seinen klugen und treffenden Antworten ergötzten, hatte Manches von ihrer Heimath erzählt, an welche sie bisweilen mit einem schmerzlichen Sehnsuchtsgefühl dachte, besonders wenn der Anblick der endlosen Flächen, welche durchfahren wurden, sie drückte. O wie schön, wie zauberschön, rief sie einmal aus, ist doch gegen dieses Land mein Heimathland, die rebenreiche grüne Pfalz! Ein Land voll lieblicher Höhen, rauschender Wälder, durchklungen von heiteren Sängern der Haine. Hier zu Lande rauscht nichts als Schilf und Wasser und Windmühlen, und Vögel sehe ich keine anderen, als langbeinige Störche, Strandläufer und Wassergeflügel -- es singt nichts, auch; er antwortete: Dummer Junge! Das kann man so eigentlich nicht wissen! Du bist ein Schalk, Mann! Immer bringst du neue Schnurren mit heim, wenn du draußen herum gereist bist. Und immer finde ich, Gott sei Dank, zu Hause meine liebste alte Schnurre wieder. — Das war eine lange, mitunter doch etwas beschwerliche und ermüdende Reise gewesen, die Reise von Paris bis in das Geldernland, doch hatte der Himmel seinen Schutz und gutes Wetter verliehen, und die Herzen der Freunde waren nur um so inniger in einander verwachsen und verschmolzen, je mehr sich Jeder bemühte, dem Anderen gefällig und hülfreich zu sein, und je mehr sich jedes Einzelnen eigene Vergangenheit erschloß; ja auf Leonardus eigenes Verlangen war zwischen Ludwig und Angés das geschwisterliche Du an die Stelle des förmlichen Sie getreten. Gern und freudig ward als freundlicher Schirmvogt, wegekundiger Geleitsmann, sparsamer Haushalter und durch und durch von Gefälligkeit und Redlichkeit erfüllter Mensch, Herr Windt als Dritter im Bunde der Freunde aufgenommen, und so hatte die Unterhaltung nie gestockt und man war endlich doch, ohne allzugroße Beschwerde und Langeweile zu fühlen, welche die große Einförmigkeit mancher Wegstrecken wohl hätte hervorrufen können, dem vorläufigen Ziele nahe gekommen. Angés, stets liebevoll um das Kind besorgt, das sie gleich dem Stern in ihren Augen hielt und mit der mütterlichsten Zärtlichkeit überwachte, und mit dem sie sich viel unterhielt, was auch die Freunde thaten und sich an seinen klugen und treffenden Antworten ergötzten, hatte Manches von ihrer Heimath erzählt, an welche sie bisweilen mit einem schmerzlichen Sehnsuchtsgefühl dachte, besonders wenn der Anblick der endlosen Flächen, welche durchfahren wurden, sie drückte. O wie schön, wie zauberschön, rief sie einmal aus, ist doch gegen dieses Land mein Heimathland, die rebenreiche grüne Pfalz! Ein Land voll lieblicher Höhen, rauschender Wälder, durchklungen von heiteren Sängern der Haine. Hier zu Lande rauscht nichts als Schilf und Wasser und Windmühlen, und Vögel sehe ich keine anderen, als langbeinige Störche, Strandläufer und Wassergeflügel — es singt nichts, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0149" n="145"/> auch; er antwortete: Dummer Junge! Das kann man so eigentlich nicht wissen!</p> <p>Du bist ein Schalk, Mann! 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Gern und freudig ward als freundlicher Schirmvogt, wegekundiger Geleitsmann, sparsamer Haushalter und durch und durch von Gefälligkeit und Redlichkeit erfüllter Mensch, Herr Windt als Dritter im Bunde der Freunde aufgenommen, und so hatte die Unterhaltung nie gestockt und man war endlich doch, ohne allzugroße Beschwerde und Langeweile zu fühlen, welche die große Einförmigkeit mancher Wegstrecken wohl hätte hervorrufen können, dem vorläufigen Ziele nahe gekommen. Angés, stets liebevoll um das Kind besorgt, das sie gleich dem Stern in ihren Augen hielt und mit der mütterlichsten Zärtlichkeit überwachte, und mit dem sie sich viel unterhielt, was auch die Freunde thaten und sich an seinen klugen und treffenden Antworten ergötzten, hatte Manches von ihrer Heimath erzählt, an welche sie bisweilen mit einem schmerzlichen Sehnsuchtsgefühl dachte, besonders wenn der Anblick der endlosen Flächen, welche durchfahren wurden, sie drückte.</p> <p>O wie schön, wie zauberschön, rief sie einmal aus, ist doch gegen dieses Land mein Heimathland, die rebenreiche grüne Pfalz! Ein Land voll lieblicher Höhen, rauschender Wälder, durchklungen von heiteren Sängern der Haine. Hier zu Lande rauscht nichts als Schilf und Wasser und Windmühlen, und Vögel sehe ich keine anderen, als langbeinige Störche, Strandläufer und Wassergeflügel — es singt nichts, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [145/0149]
auch; er antwortete: Dummer Junge! Das kann man so eigentlich nicht wissen!
Du bist ein Schalk, Mann! Immer bringst du neue Schnurren mit heim, wenn du draußen herum gereist bist.
Und immer finde ich, Gott sei Dank, zu Hause meine liebste alte Schnurre wieder. —
Das war eine lange, mitunter doch etwas beschwerliche und ermüdende Reise gewesen, die Reise von Paris bis in das Geldernland, doch hatte der Himmel seinen Schutz und gutes Wetter verliehen, und die Herzen der Freunde waren nur um so inniger in einander verwachsen und verschmolzen, je mehr sich Jeder bemühte, dem Anderen gefällig und hülfreich zu sein, und je mehr sich jedes Einzelnen eigene Vergangenheit erschloß; ja auf Leonardus eigenes Verlangen war zwischen Ludwig und Angés das geschwisterliche Du an die Stelle des förmlichen Sie getreten. Gern und freudig ward als freundlicher Schirmvogt, wegekundiger Geleitsmann, sparsamer Haushalter und durch und durch von Gefälligkeit und Redlichkeit erfüllter Mensch, Herr Windt als Dritter im Bunde der Freunde aufgenommen, und so hatte die Unterhaltung nie gestockt und man war endlich doch, ohne allzugroße Beschwerde und Langeweile zu fühlen, welche die große Einförmigkeit mancher Wegstrecken wohl hätte hervorrufen können, dem vorläufigen Ziele nahe gekommen. Angés, stets liebevoll um das Kind besorgt, das sie gleich dem Stern in ihren Augen hielt und mit der mütterlichsten Zärtlichkeit überwachte, und mit dem sie sich viel unterhielt, was auch die Freunde thaten und sich an seinen klugen und treffenden Antworten ergötzten, hatte Manches von ihrer Heimath erzählt, an welche sie bisweilen mit einem schmerzlichen Sehnsuchtsgefühl dachte, besonders wenn der Anblick der endlosen Flächen, welche durchfahren wurden, sie drückte.
O wie schön, wie zauberschön, rief sie einmal aus, ist doch gegen dieses Land mein Heimathland, die rebenreiche grüne Pfalz! Ein Land voll lieblicher Höhen, rauschender Wälder, durchklungen von heiteren Sängern der Haine. Hier zu Lande rauscht nichts als Schilf und Wasser und Windmühlen, und Vögel sehe ich keine anderen, als langbeinige Störche, Strandläufer und Wassergeflügel — es singt nichts,
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