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Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854.

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Trachten der Neuzeit, und manche scheinen sogar einer grauen Vergangenheit anzugehören.

Die Freunde durchfuhren und durchritten mehrere Straßen des nordischen Venedigs, auch die stilleren Viertel, durch die die schiffebelebten Kanäle, die lindenbesetzten Grachten sich ziehen, immer noch voll unermüdlichen Lebens, aber voll Reinlichkeit und schöner Ordnung. Die schönste Brücke Amsterdams, die Hoogeschluys, die sich mit 35 Bogen über die strombreite Amstel spannt, blieb nicht unbesichtigt; das Palais des Erbstatthalters wurde gezeigt, dem berühmten Saal der tausend Säulen, der schönsten Lustorte einer, mit seiner Prachtspiegelfülle, wurde flüchtiger Besuch vergönnt. Philipp, der als Reitknecht seines Dienstes wartete, ergötzte durch seine im friesischen Dialekt vorgebrachten stets verwunderungsvollen Ausrufe ungemein, die kleine Sophie klatschte häufig freudevoll in die Hände, wenn irgend etwas noch nie Geschautes ihre Blicke auf sich zog, und saß zuletzt in einer kleinen Welt von im Vorüberfahren eingekauften Spielwaaren, Südfrüchten, Kuchen, Blumen und bunten Bändern engelfroh und engelschön, ein Bild zum Malen, wie zum Küssen.

Späteren Tagen wurden anderweite gemeinschaftliche Besichtigungen der reichen Stadt vorbehalten: des Stadthauses, der Kirchen, der Märkte, der Theater, der bedeutendsten Gemälde- und sonstiger Sammlungen.

An den damals noch bestehenden umfangreichen Gebäuden, Magazinen, Hallen und Werften der ostindischen Compagnie auf der Insel Oostenburg vorüber lenkten die Freunde wieder nach dem Gasthause zu, in welchem Ludwig und Anges Wohnung genommen, und man bereitete sich vor zum Abendbesuche im Hause des Herrn Adrianus van der Valck.

Es kam die bestimmte Stunde. Leonardus führte seine Freunde mit Absicht etwas früher ein, er wollte und wünschte, daß seine Eltern erst allein, ohne fremde Zeugen, die Auserwählte seines Herzens sehen möchten.

Eine Reihe von Prunkzimmern war geöffnet; Alles verkündete, Alles athmete Pracht und Glanz. Leonardus war davon betroffen; ein kleiner Familienkreis, hatte der Alte doch gesagt, aber die geputzte Dienerschaft, die Zahl der Kerzen, selbst der angelegte Staat der Eltern, die ungemein feierlich den Abendgästen entgegentraten, das

Trachten der Neuzeit, und manche scheinen sogar einer grauen Vergangenheit anzugehören.

Die Freunde durchfuhren und durchritten mehrere Straßen des nordischen Venedigs, auch die stilleren Viertel, durch die die schiffebelebten Kanäle, die lindenbesetzten Grachten sich ziehen, immer noch voll unermüdlichen Lebens, aber voll Reinlichkeit und schöner Ordnung. Die schönste Brücke Amsterdams, die Hoogeschluys, die sich mit 35 Bogen über die strombreite Amstel spannt, blieb nicht unbesichtigt; das Palais des Erbstatthalters wurde gezeigt, dem berühmten Saal der tausend Säulen, der schönsten Lustorte einer, mit seiner Prachtspiegelfülle, wurde flüchtiger Besuch vergönnt. Philipp, der als Reitknecht seines Dienstes wartete, ergötzte durch seine im friesischen Dialekt vorgebrachten stets verwunderungsvollen Ausrufe ungemein, die kleine Sophie klatschte häufig freudevoll in die Hände, wenn irgend etwas noch nie Geschautes ihre Blicke auf sich zog, und saß zuletzt in einer kleinen Welt von im Vorüberfahren eingekauften Spielwaaren, Südfrüchten, Kuchen, Blumen und bunten Bändern engelfroh und engelschön, ein Bild zum Malen, wie zum Küssen.

Späteren Tagen wurden anderweite gemeinschaftliche Besichtigungen der reichen Stadt vorbehalten: des Stadthauses, der Kirchen, der Märkte, der Theater, der bedeutendsten Gemälde- und sonstiger Sammlungen.

An den damals noch bestehenden umfangreichen Gebäuden, Magazinen, Hallen und Werften der ostindischen Compagnie auf der Insel Oostenburg vorüber lenkten die Freunde wieder nach dem Gasthause zu, in welchem Ludwig und Angés Wohnung genommen, und man bereitete sich vor zum Abendbesuche im Hause des Herrn Adrianus van der Valck.

Es kam die bestimmte Stunde. Leonardus führte seine Freunde mit Absicht etwas früher ein, er wollte und wünschte, daß seine Eltern erst allein, ohne fremde Zeugen, die Auserwählte seines Herzens sehen möchten.

Eine Reihe von Prunkzimmern war geöffnet; Alles verkündete, Alles athmete Pracht und Glanz. Leonardus war davon betroffen; ein kleiner Familienkreis, hatte der Alte doch gesagt, aber die geputzte Dienerschaft, die Zahl der Kerzen, selbst der angelegte Staat der Eltern, die ungemein feierlich den Abendgästen entgegentraten, das

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[107/0111] Trachten der Neuzeit, und manche scheinen sogar einer grauen Vergangenheit anzugehören. Die Freunde durchfuhren und durchritten mehrere Straßen des nordischen Venedigs, auch die stilleren Viertel, durch die die schiffebelebten Kanäle, die lindenbesetzten Grachten sich ziehen, immer noch voll unermüdlichen Lebens, aber voll Reinlichkeit und schöner Ordnung. Die schönste Brücke Amsterdams, die Hoogeschluys, die sich mit 35 Bogen über die strombreite Amstel spannt, blieb nicht unbesichtigt; das Palais des Erbstatthalters wurde gezeigt, dem berühmten Saal der tausend Säulen, der schönsten Lustorte einer, mit seiner Prachtspiegelfülle, wurde flüchtiger Besuch vergönnt. Philipp, der als Reitknecht seines Dienstes wartete, ergötzte durch seine im friesischen Dialekt vorgebrachten stets verwunderungsvollen Ausrufe ungemein, die kleine Sophie klatschte häufig freudevoll in die Hände, wenn irgend etwas noch nie Geschautes ihre Blicke auf sich zog, und saß zuletzt in einer kleinen Welt von im Vorüberfahren eingekauften Spielwaaren, Südfrüchten, Kuchen, Blumen und bunten Bändern engelfroh und engelschön, ein Bild zum Malen, wie zum Küssen. Späteren Tagen wurden anderweite gemeinschaftliche Besichtigungen der reichen Stadt vorbehalten: des Stadthauses, der Kirchen, der Märkte, der Theater, der bedeutendsten Gemälde- und sonstiger Sammlungen. An den damals noch bestehenden umfangreichen Gebäuden, Magazinen, Hallen und Werften der ostindischen Compagnie auf der Insel Oostenburg vorüber lenkten die Freunde wieder nach dem Gasthause zu, in welchem Ludwig und Angés Wohnung genommen, und man bereitete sich vor zum Abendbesuche im Hause des Herrn Adrianus van der Valck. Es kam die bestimmte Stunde. Leonardus führte seine Freunde mit Absicht etwas früher ein, er wollte und wünschte, daß seine Eltern erst allein, ohne fremde Zeugen, die Auserwählte seines Herzens sehen möchten. Eine Reihe von Prunkzimmern war geöffnet; Alles verkündete, Alles athmete Pracht und Glanz. Leonardus war davon betroffen; ein kleiner Familienkreis, hatte der Alte doch gesagt, aber die geputzte Dienerschaft, die Zahl der Kerzen, selbst der angelegte Staat der Eltern, die ungemein feierlich den Abendgästen entgegentraten, das

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Zitationshilfe: Bechstein, Ludwig: Der Dunkelgraf. Frankfurt (Main), 1854, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bechstein_dunkelgraf_1854/111>, abgerufen am 22.11.2024.