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Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].

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Psychosophia,

muß/ als ein verwirrtes Geschöpff GOttes/ so
andere auch verwirren kan/ wann sie wollen.

14. Phil. Es seyn gleichwol viel Menschen/ die mehr
zum Bösen als Guten incliniren/ so müssen denn
doch solche mehr zum Bösen als Gu-
ten geschaffen seyn?

Psych. Es ist zwar dem also/ daß mehr Unheilige
als Heilige seyn/ das kommt aber nicht von GOtt
her/ der sie alle heilig geschaffen/ sondern es kommt
von böser Kinderzucht und Obrigkeit/ da durch die
Erste die Jugend/ durch die Andere das Alter übel
geleitet und verdorben wird/ durch üble Gewohn-
heiten/ Uberfluß/ zu viel Gesetze/ und andere un-
nöthige Sachen/ wodurch die Natur mehr ver-
wirrt/ als gezieret wird. Das Fürnehmste aber
ist/ daß die Menschen mehr nach ihrer Vernunfft
und ihren Affecten des Fleisches/ als der Seelen/
und derer wahren Verstand die Sachen urthei-
len/ vernehmen und ausführen/ nemlich daß we-
nig Menschen auf die Seelen-Erlernung acht ge-
ben. Nun kan nicht fehlen/ daß wer mehr die
Welt/ als GOtt/ in seiner Seelen höret/ und be-
schauet/ daß auch solcher mehr nach der vergängli-
chen Sinnlichkeit/ als ewiger Warheit trachtet:
Dann wer des Fleisches Sterblichkeit/ und welt-
licher Sachen Vergänglichkeit betrachtet/ auch
was um der kurtzen Zeit willen ihres Genusses
vor Sorge und Unruh daran hänge/ wer wolte sich

also

Pſychoſophia,

muß/ als ein verwirrtes Geſchoͤpff GOttes/ ſo
andere auch verwirren kan/ wann ſie wollen.

14. Phil. Es ſeyn gleichwol viel Menſchen/ die mehr
zum Boͤſen als Guten incliniren/ ſo muͤſſen denn
doch ſolche mehr zum Boͤſen als Gu-
ten geſchaffen ſeyn?

Pſych. Es iſt zwar dem alſo/ daß mehr Unheilige
als Heilige ſeyn/ das kommt aber nicht von GOtt
her/ der ſie alle heilig geſchaffen/ ſondern es kommt
von boͤſer Kinderzucht und Obrigkeit/ da durch die
Erſte die Jugend/ durch die Andere das Alter uͤbel
geleitet und verdorben wird/ durch uͤble Gewohn-
heiten/ Uberfluß/ zu viel Geſetze/ und andere un-
noͤthige Sachen/ wodurch die Natur mehr ver-
wirrt/ als gezieret wird. Das Fuͤrnehmſte aber
iſt/ daß die Menſchen mehr nach ihrer Vernunfft
und ihren Affecten des Fleiſches/ als der Seelen/
und derer wahren Verſtand die Sachen urthei-
len/ vernehmen und ausfuͤhren/ nemlich daß we-
nig Menſchen auf die Seelen-Erlernung acht ge-
ben. Nun kan nicht fehlen/ daß wer mehr die
Welt/ als GOtt/ in ſeiner Seelen hoͤret/ und be-
ſchauet/ daß auch ſolcher mehr nach der vergaͤngli-
chen Sinnlichkeit/ als ewiger Warheit trachtet:
Dann wer des Fleiſches Sterblichkeit/ und welt-
licher Sachen Vergaͤnglichkeit betrachtet/ auch
was um der kurtzen Zeit willen ihres Genuſſes
vor Sorge und Unruh daran haͤnge/ wer wolte ſich

alſo

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[30/0088] Pſychoſophia, muß/ als ein verwirrtes Geſchoͤpff GOttes/ ſo andere auch verwirren kan/ wann ſie wollen. 14. Phil. Es ſeyn gleichwol viel Menſchen/ die mehr zum Boͤſen als Guten incliniren/ ſo muͤſſen denn doch ſolche mehr zum Boͤſen als Gu- ten geſchaffen ſeyn? Pſych. Es iſt zwar dem alſo/ daß mehr Unheilige als Heilige ſeyn/ das kommt aber nicht von GOtt her/ der ſie alle heilig geſchaffen/ ſondern es kommt von boͤſer Kinderzucht und Obrigkeit/ da durch die Erſte die Jugend/ durch die Andere das Alter uͤbel geleitet und verdorben wird/ durch uͤble Gewohn- heiten/ Uberfluß/ zu viel Geſetze/ und andere un- noͤthige Sachen/ wodurch die Natur mehr ver- wirrt/ als gezieret wird. Das Fuͤrnehmſte aber iſt/ daß die Menſchen mehr nach ihrer Vernunfft und ihren Affecten des Fleiſches/ als der Seelen/ und derer wahren Verſtand die Sachen urthei- len/ vernehmen und ausfuͤhren/ nemlich daß we- nig Menſchen auf die Seelen-Erlernung acht ge- ben. Nun kan nicht fehlen/ daß wer mehr die Welt/ als GOtt/ in ſeiner Seelen hoͤret/ und be- ſchauet/ daß auch ſolcher mehr nach der vergaͤngli- chen Sinnlichkeit/ als ewiger Warheit trachtet: Dann wer des Fleiſches Sterblichkeit/ und welt- licher Sachen Vergaͤnglichkeit betrachtet/ auch was um der kurtzen Zeit willen ihres Genuſſes vor Sorge und Unruh daran haͤnge/ wer wolte ſich alſo

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Zitationshilfe:	Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683], S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_psychosophia_1683/88>, abgerufen am 28.11.2024.

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