Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Seelen-Weißheit. daß sie in dem Saamen lige/ und mit demselbigenbald anfangs in die Beermutter komme/ andere/ daß sie als ein Licht oder ferment von der Mutter Seel/ dem neu-gebildeten Kinde mitgetheilet wer- de/ welches die wahrscheinlichste Meynung ist. Es sey ihm aber wie es wolle/ so hat die Seel gantz ei- nen andern Stand/ ehe sie in den menschlichen Leib kommt/ dann weil sie von demselben und des- sen animalischem Geiste nicht verunruhiget wird/ auch weder durch äusserliche oder innerliche Sin- nen würcken kan/ so hat sie darvon keine Eindru- ckung/ und darum weiß die Seel nicht/ was sie vor- diesem gethan/ dieweil sie keine Werckzeuge gehabt/ welche ihr eine Erinnerung eines Wesens/ oder ihres Thuns eingedruckt hätten/ wie sie dann sich nicht er innern kan/ was sie in Mutterleib gethan/ dieweil die eindruckende Werckzeuge des Erinne- rens in einer solchen gebildeten Frucht allzu schwach sind. 13. Phil. Was ist der Seelen Zustand/ wann sie in dem menschlichen Leib ist/ nach der Geburt? Psych. Wie die innerliche und äusserliche Sin- dun- A jv
Seelen-Weißheit. daß ſie in dem Saamen lige/ und mit demſelbigenbald anfangs in die Beermutter komme/ andere/ daß ſie als ein Licht oder ferment von der Mutter Seel/ dem neu-gebildeten Kinde mitgetheilet wer- de/ welches die wahrſcheinlichſte Meynung iſt. Es ſey ihm aber wie es wolle/ ſo hat die Seel gantz ei- nen andern Stand/ ehe ſie in den menſchlichen Leib kommt/ dann weil ſie von demſelben und deſ- ſen animaliſchem Geiſte nicht verunruhiget wird/ auch weder durch aͤuſſerliche oder innerliche Sin- nen wuͤrcken kan/ ſo hat ſie darvon keine Eindru- ckung/ und darum weiß die Seel nicht/ was ſie vor- dieſem gethan/ dieweil ſie keine Weꝛckzeuge gehabt/ welche ihr eine Erinnerung eines Weſens/ oder ihres Thuns eingedruckt haͤtten/ wie ſie dann ſich nicht er innern kan/ was ſie in Mutterleib gethan/ dieweil die eindruckende Werckzeuge des Erinne- rens in einer ſolchen gebildeten Frucht allzu ſchwach ſind. 13. Phil. Was iſt der Seelen Zuſtand/ wann ſie in dem menſchlichen Leib iſt/ nach der Geburt? Pſych. Wie die innerliche und aͤuſſerliche Sin- dun- A jv
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Seelen-Weißheit.
daß ſie in dem Saamen lige/ und mit demſelbigen
bald anfangs in die Beermutter komme/ andere/
daß ſie als ein Licht oder ferment von der Mutter
Seel/ dem neu-gebildeten Kinde mitgetheilet wer-
de/ welches die wahrſcheinlichſte Meynung iſt. Es
ſey ihm aber wie es wolle/ ſo hat die Seel gantz ei-
nen andern Stand/ ehe ſie in den menſchlichen
Leib kommt/ dann weil ſie von demſelben und deſ-
ſen animaliſchem Geiſte nicht verunruhiget wird/
auch weder durch aͤuſſerliche oder innerliche Sin-
nen wuͤrcken kan/ ſo hat ſie darvon keine Eindru-
ckung/ und darum weiß die Seel nicht/ was ſie vor-
dieſem gethan/ dieweil ſie keine Weꝛckzeuge gehabt/
welche ihr eine Erinnerung eines Weſens/ oder
ihres Thuns eingedruckt haͤtten/ wie ſie dann ſich
nicht er innern kan/ was ſie in Mutterleib gethan/
dieweil die eindruckende Werckzeuge des Erinne-
rens in einer ſolchen gebildeten Frucht allzu
ſchwach ſind.
13. Phil. Was iſt der Seelen Zuſtand/ wann ſie
in dem menſchlichen Leib iſt/ nach der
Geburt?
Pſych. Wie die innerliche und aͤuſſerliche Sin-
nen des Menſchen zunehmen/ und der animaliſche
Geiſt ſtaͤrcker und klaͤrer wird/ ſo wuͤrcket auch die
Seel an Verſtand/ Vernunfft/ Bewegung und
Empfinden/ gleichwie im Gegentheil/ wann die
Werckzeuge des Leibes ſchwach/ kranck und ver-
dun-
A jv
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