Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. mos habemus, qui sustinere possumus gemitus,& lachrymas tanto cum dolore expressas homi- nis, quem nescimus, sitne nocens. Quid quod acerbam & perquam iniquam legem sinimus in capita nostra dominari, quam suspiciones tormentis armamus & inimicis delationibus? Si vitas nostras, quas cuptunt, non impendimus, saltem quod proximum est, in tolerandis do- loribus nostris, non parum gaudii damus ac fructus. Mihi non vacat, ac ne libet quidem de tormentis hic loqui copiosius, quum possem, ne declamare magis videar, quam commenta- ria scribere. Locus est apud Rhetores com- munis de tormentis, & contra tormenta. For- tissima sunt, quaecunque contra tormenta di- cunt: quae vero pro tormentis, futilia & imbecil- lia. Das ist/ Jch verwundere mich/ daß die Christ- liche Menschen noch so viel Heydnische Sa- chen/ die nicht allein der Christlichen Liebe und Sanfftmuth zuwider/ sondern auch aller Leut- seligkeit hartnäckig/ als heiligste behalten wol- len: Augustinus sagt/ daß durch Noth der menschlichen Gesellschafft die Peinigungen ge- braucht werden. Aber wer siehet nicht/ daß er mit den Heyden und von den Heyden redet? Dann was ist das für eine Nothwendigkeit/ so unerträglich/ und so bekläglich/ auch/ da es mög- lich/
Pſychoſophia. mos habemus, qui ſuſtinere poſſumus gemitus,& lachrymas tanto cum dolore expreſſas homi- nis, quem neſcimus, ſitne nocens. Quid quod acerbam & perquam iniquam legem ſinimus in capita noſtra dominari, quam ſuſpiciones tormentis armamus & inimicis delationibus? Si vitas noſtras, quas cuptunt, non impendimus, ſaltem quod proximum eſt, in tolerandis do- loribus noſtris, non parum gaudii damus ac fructus. Mihi non vacat, ac ne libet quidem de tormentis hic loqui copioſius, quum poſſem, ne declamare magis videar, quam commenta- ria ſcribere. Locus eſt apud Rhetores com- munis de tormentis, & contra tormenta. For- tiſſima ſunt, quæcunque contra tormenta di- cunt: quæ verò pro tormentis, futilia & imbecil- lia. Das iſt/ Jch verwundere mich/ daß die Chriſt- liche Menſchen noch ſo viel Heydniſche Sa- chen/ die nicht allein der Chriſtlichen Liebe und Sanfftmuth zuwider/ ſondern auch aller Leut- ſeligkeit hartnaͤckig/ als heiligſte behalten wol- len: Auguſtinus ſagt/ daß durch Noth der menſchlichen Geſellſchafft die Peinigungen ge- braucht werden. Aber wer ſiehet nicht/ daß er mit den Heyden und von den Heyden redet? Dann was iſt das fuͤr eine Nothwendigkeit/ ſo unertraͤglich/ und ſo beklaͤglich/ auch/ da es moͤg- lich/
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0344" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Pſychoſophia.</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">mos habemus, qui ſuſtinere poſſumus gemitus,<lb/> & lachrymas tanto cum dolore expreſſas homi-<lb/> nis, quem neſcimus, ſitne nocens. Quid quod<lb/> acerbam & perquam iniquam legem ſinimus<lb/> in capita noſtra dominari, quam ſuſpiciones<lb/> tormentis armamus & inimicis delationibus?<lb/> Si vitas noſtras, quas cuptunt, non impendimus,<lb/> ſaltem quod proximum eſt, in tolerandis do-<lb/> loribus noſtris, non parum gaudii damus ac<lb/> fructus. Mihi non vacat, ac ne libet quidem de<lb/> tormentis hic loqui copioſius, quum poſſem,<lb/> ne declamare magis videar, quam commenta-<lb/> ria ſcribere. Locus eſt apud Rhetores com-<lb/> munis de tormentis, & contra tormenta. For-<lb/> tiſſima ſunt, quæcunque contra tormenta di-<lb/> cunt: quæ verò pro tormentis, futilia & imbecil-<lb/> lia.</hi> Das iſt/ Jch verwundere mich/ daß die Chriſt-<lb/> liche Menſchen noch ſo viel Heydniſche Sa-<lb/> chen/ die nicht allein der Chriſtlichen Liebe und<lb/> Sanfftmuth zuwider/ ſondern auch aller Leut-<lb/> ſeligkeit hartnaͤckig/ als heiligſte behalten wol-<lb/> len: <hi rendition="#aq">Auguſtinus</hi> ſagt/ daß durch Noth der<lb/> menſchlichen Geſellſchafft die Peinigungen ge-<lb/> braucht werden. Aber wer ſiehet nicht/ daß er<lb/> mit den Heyden und von den Heyden redet?<lb/> Dann was iſt das fuͤr eine Nothwendigkeit/ ſo<lb/> unertraͤglich/ und ſo beklaͤglich/ auch/ da es moͤg-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">lich/</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [286/0344]
Pſychoſophia.
mos habemus, qui ſuſtinere poſſumus gemitus,
& lachrymas tanto cum dolore expreſſas homi-
nis, quem neſcimus, ſitne nocens. Quid quod
acerbam & perquam iniquam legem ſinimus
in capita noſtra dominari, quam ſuſpiciones
tormentis armamus & inimicis delationibus?
Si vitas noſtras, quas cuptunt, non impendimus,
ſaltem quod proximum eſt, in tolerandis do-
loribus noſtris, non parum gaudii damus ac
fructus. Mihi non vacat, ac ne libet quidem de
tormentis hic loqui copioſius, quum poſſem,
ne declamare magis videar, quam commenta-
ria ſcribere. Locus eſt apud Rhetores com-
munis de tormentis, & contra tormenta. For-
tiſſima ſunt, quæcunque contra tormenta di-
cunt: quæ verò pro tormentis, futilia & imbecil-
lia. Das iſt/ Jch verwundere mich/ daß die Chriſt-
liche Menſchen noch ſo viel Heydniſche Sa-
chen/ die nicht allein der Chriſtlichen Liebe und
Sanfftmuth zuwider/ ſondern auch aller Leut-
ſeligkeit hartnaͤckig/ als heiligſte behalten wol-
len: Auguſtinus ſagt/ daß durch Noth der
menſchlichen Geſellſchafft die Peinigungen ge-
braucht werden. Aber wer ſiehet nicht/ daß er
mit den Heyden und von den Heyden redet?
Dann was iſt das fuͤr eine Nothwendigkeit/ ſo
unertraͤglich/ und ſo beklaͤglich/ auch/ da es moͤg-
lich/
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |