Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Psychosophia. die Kinder desto besser aufferziehen. Zweytens/so hat der Ehestand gemeiniglich drey gefährliche Anfechtungen und Anstöß/ so sich mit der Zeit darrinnen eräugen und herfür thun/ als erst- lich ein Widerwill oder Ungleichheit der Gemüther/ wann das Weib nicht will/ was der Mann will/ und der Mann nicht will/ was das Weib will/ darauß entstehet eine Ungleichheit der Gemuther/ Gezänck/ Haß/ Feindschafft/ Schlägerey/ so dann unver- merckt täglich zunimmt/ und endlich eine un- glückselige Ehe macht. Einem Weib kan man was zu gut halten/ aber nicht Meister lassen werden; ein verständiges Weib hingegen muß auch gedencken/ daß ein Mann bißweilen schwehre Anligen hat/ und ihm nicht verden- cken/ wann er wunderlich ist/ sie muß aber alß- dann nicht mit ihm zancken/ sondern ihn viel- mehr trösten/ mit guten Worten und sittsa- mer Manier auff einen andern Weg und Sinn bringen. Ein verständiger Mann kan ein bö- ses Weib gut machen/ also kan auch ein verstän- diges Weib einen bösen Mann bekehren/ es ge- hört aber Gedult und Verstand darzu/ Zeit und Gelegenheit/ biß die Gemüther einander erler- net/ erkennet und sich adjustirt haben. Jm Ehestand muß man einander zu gut halten/ allein/ und nicht vor den Leuten einander be- straf-
Pſychoſophia. die Kinder deſto beſſer aufferziehen. Zweytens/ſo hat der Eheſtand gemeiniglich drey gefaͤhrliche Anfechtungen und Anſtoͤß/ ſo ſich mit der Zeit darꝛinnen eraͤugen und herfuͤr thun/ als erſt- lich ein Widerwill oder Ungleichheit der Gemuͤther/ wann das Weib nicht will/ was der Mann will/ und der Mann nicht will/ was das Weib will/ darauß entſtehet eine Ungleichheit der Gemuther/ Gezaͤnck/ Haß/ Feindſchafft/ Schlaͤgerey/ ſo dann unver- merckt taͤglich zunimmt/ und endlich eine un- gluͤckſelige Ehe macht. Einem Weib kan man was zu gut halten/ aber nicht Meiſter laſſen werden; ein verſtaͤndiges Weib hingegen muß auch gedencken/ daß ein Mann bißweilen ſchwehre Anligen hat/ und ihm nicht verden- cken/ wann er wunderlich iſt/ ſie muß aber alß- dann nicht mit ihm zancken/ ſondern ihn viel- mehr troͤſten/ mit guten Worten und ſittſa- mer Manier auff einen andern Weg und Siñ bringen. Ein verſtaͤndiger Mann kan ein boͤ- ſes Weib gut machen/ alſo kan auch ein verſtaͤn- diges Weib einen boͤſen Mann bekehren/ es ge- hoͤrt aber Gedult und Verſtand darzu/ Zeit und Gelegenheit/ biß die Gemuͤther einander erler- net/ erkennet und ſich adjuſtirt haben. Jm Eheſtand muß man einander zu gut halten/ allein/ und nicht vor den Leuten einander be- ſtraf-
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Pſychoſophia.
die Kinder deſto beſſer aufferziehen. Zweytens/
ſo hat der Eheſtand gemeiniglich drey gefaͤhrliche
Anfechtungen und Anſtoͤß/ ſo ſich mit der Zeit
darꝛinnen eraͤugen und herfuͤr thun/ als erſt-
lich ein Widerwill oder Ungleichheit der
Gemuͤther/ wann das Weib nicht will/ was
der Mann will/ und der Mann nicht will/
was das Weib will/ darauß entſtehet eine
Ungleichheit der Gemuther/ Gezaͤnck/ Haß/
Feindſchafft/ Schlaͤgerey/ ſo dann unver-
merckt taͤglich zunimmt/ und endlich eine un-
gluͤckſelige Ehe macht. Einem Weib kan man
was zu gut halten/ aber nicht Meiſter laſſen
werden; ein verſtaͤndiges Weib hingegen muß
auch gedencken/ daß ein Mann bißweilen
ſchwehre Anligen hat/ und ihm nicht verden-
cken/ wann er wunderlich iſt/ ſie muß aber alß-
dann nicht mit ihm zancken/ ſondern ihn viel-
mehr troͤſten/ mit guten Worten und ſittſa-
mer Manier auff einen andern Weg und Siñ
bringen. Ein verſtaͤndiger Mann kan ein boͤ-
ſes Weib gut machen/ alſo kan auch ein verſtaͤn-
diges Weib einen boͤſen Mann bekehren/ es ge-
hoͤrt aber Gedult und Verſtand darzu/ Zeit und
Gelegenheit/ biß die Gemuͤther einander erler-
net/ erkennet und ſich adjuſtirt haben. Jm
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allein/ und nicht vor den Leuten einander be-
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