Becher, Johann Joachim: Psychosophia Oder Seelen-Weißheit. 2. Aufl. Frankfurt (Main), [1683].Seelen-Weißheit. aber aus Curiosität nach dreyssig Tagen in dasGlaß geschauet/ und darinnen ein Kindlein er- blicket/ von wunderbahrer Schöne und Klarheit/ sey er darüber also erschrocken/ daß er das Glaß aus den Händen auff den Boden fallen lassen/ und dergestalt/ das Kindlein zerschmissen. Schier dergleichen Fabel ist des Theophrasti Paracelsi homuncio. Nicht allein alle verständige Hey- den/ sondern auch alle Christen wissen/ daß vor den Tod kein Kraut gewachsen sey/ daß dem Tod niemand entgehen könne/ sondern eine unum- gängliche Schuld und Zoll der Natur sey/ wel- che ein jeder Mensch mit seinem eigenen Leibe be- zahlen muß/ darwider weder Stand/ Alter noch Geschlecht gilt/ derentwegen der Poet klaget; Eheu! Parcarum quanta cst violentia, quae non Respectum ullius conditionis habent. Et morimur, seu nos virtus subvexit in altum, Seu nos pauperies serpere fecit humi. Nil valet hic aetas, nihil aurea prastat opum vis, Omnia sub legem mors vocat atra suam. das ist: Ach! wie gewaltsam wird des Todes Macht gespüret? Die keinen Stand ansieht/ und die Boschaf- fenheit. Wir sterben/ ob uns gleich die Tugend hoch ge- führet/ L v
Seelen-Weißheit. aber aus Curioſitaͤt nach dreyſſig Tagen in dasGlaß geſchauet/ und darinnen ein Kindlein er- blicket/ von wunderbahrer Schoͤne und Klarheit/ ſey er daruͤber alſo erſchrocken/ daß er das Glaß aus den Haͤnden auff den Boden fallen laſſen/ und dergeſtalt/ das Kindlein zerſchmiſſen. Schier dergleichen Fabel iſt des Theophraſti Paracelſi homuncio. Nicht allein alle verſtaͤndige Hey- den/ ſondern auch alle Chriſten wiſſen/ daß vor den Tod kein Kraut gewachſen ſey/ daß dem Tod niemand entgehen koͤñe/ ſondern eine unum- gaͤngliche Schuld und Zoll der Natur ſey/ wel- che ein jeder Menſch mit ſeinem eigenen Leibe be- zahlen muß/ darwider weder Stand/ Alter noch Geſchlecht gilt/ derentwegen der Poët klaget; Eheu! Parcarum quanta cſt violentia, quæ non Reſpectum ullius conditionis habent. Et morimur, ſeu nos virtus ſubvexit in altum, Seu nos pauperies ſerpere fecit humi. Nil valet hic ætas, nihil aurea praſtat opum vis, Omnia ſub legem mors vocat atra ſuam. das iſt: Ach! wie gewaltſam wird des Todes Macht geſpuͤret? Die keinen Stand anſieht/ und die Boſchaf- fenheit. Wir ſterben/ ob uns gleich die Tugend hoch ge- fuͤhret/ L v
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Seelen-Weißheit.
aber aus Curioſitaͤt nach dreyſſig Tagen in das
Glaß geſchauet/ und darinnen ein Kindlein er-
blicket/ von wunderbahrer Schoͤne und Klarheit/
ſey er daruͤber alſo erſchrocken/ daß er das Glaß
aus den Haͤnden auff den Boden fallen laſſen/
und dergeſtalt/ das Kindlein zerſchmiſſen. Schier
dergleichen Fabel iſt des Theophraſti Paracelſi
homuncio. Nicht allein alle verſtaͤndige Hey-
den/ ſondern auch alle Chriſten wiſſen/ daß vor
den Tod kein Kraut gewachſen ſey/ daß dem
Tod niemand entgehen koͤñe/ ſondern eine unum-
gaͤngliche Schuld und Zoll der Natur ſey/ wel-
che ein jeder Menſch mit ſeinem eigenen Leibe be-
zahlen muß/ darwider weder Stand/ Alter noch
Geſchlecht gilt/ derentwegen der Poët klaget;
Eheu! Parcarum quanta cſt violentia, quæ non
Reſpectum ullius conditionis habent.
Et morimur, ſeu nos virtus ſubvexit in altum,
Seu nos pauperies ſerpere fecit humi.
Nil valet hic ætas, nihil aurea praſtat opum vis,
Omnia ſub legem mors vocat atra ſuam.
das iſt:
Ach! wie gewaltſam wird des Todes Macht
geſpuͤret?
Die keinen Stand anſieht/ und die Boſchaf-
fenheit.
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