Becher, Johann Joachim: Politischer Discurs. Frankfurt (Main), 1668.Von der Wissenschaft deß Kanfhandels. Gewinn herfür thun werde/ dann weil ein Han-delsmann keinen Herrn-Diensten wegen zuvie- ler occupationen abwarten/ dessentwegen auch kein Besoldung haben kan/ und also al- lein von seiner Handelschaft leben muß/ so ist es gewiß/ daß wo er seinem Haußwesen wol fürstehen wil/ er nicht viel still sitzen/ sondern das scheinende Glück mit beeden Händen schnel ergreiffen muß/ zumahlen wann er in eodem genere viel Neben-Handelsleut hat/ die mit ih- me nach einem Hasen jagen; ist derohalben ei- nem Handelsmann nichts schädlichers und verhinderlichers/ als Zaghaftigkeit/ Forcht/ und all zu lange deliberation auß Mangl der resolution nach dem Verß. Wer stetes förcht es möcht vieleicht/ Sein thun nicht wol gerathen/ Gar selten er sein Wunsch erreicht/ Thut nimmer dapfere Thaten. Man kan sich nicht Glückseeligkeit Allzeit versichert sprechen/ Wer etwan scharpffe Dörner scheut Wird keine Rosen brechen: Aber gleich wie die allzu langsame resolution lieb- K ij
Von der Wiſſenſchaft deß Kanfhandels. Gewinn herfuͤr thun werde/ dann weil ein Han-delsmann keinen Herrn-Dienſten wegen zuvie- ler occupationen abwarten/ deſſentwegen auch kein Beſoldung haben kan/ und alſo al- lein von ſeiner Handelſchaft leben muß/ ſo iſt es gewiß/ daß wo er ſeinem Haußweſen wol fuͤrſtehen wil/ er nicht viel ſtill ſitzen/ ſondern das ſcheinende Gluͤck mit beeden Haͤnden ſchnel ergreiffen muß/ zumahlen wann er in eodem genere viel Neben-Handelsleut hat/ die mit ih- me nach einem Haſen jagen; iſt derohalben ei- nem Handelsmann nichts ſchaͤdlichers und verhinderlichers/ als Zaghaftigkeit/ Forcht/ und all zu lange deliberation auß Mangl der reſolution nach dem Verß. Wer ſtetes foͤrcht es moͤcht vieleicht/ Sein thun nicht wol gerathen/ Gar ſelten er ſein Wunſch erreicht/ Thut nimmer dapfere Thaten. Man kan ſich nicht Gluͤckſeeligkeit Allzeit verſichert ſprechen/ Wer etwan ſcharpffe Doͤrner ſcheut Wird keine Roſen brechen: Aber gleich wie die allzu langſame reſolution lieb- K ij
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Von der Wiſſenſchaft deß Kanfhandels.
Gewinn herfuͤr thun werde/ dann weil ein Han-
delsmann keinen Herrn-Dienſten wegen zuvie-
ler occupationen abwarten/ deſſentwegen
auch kein Beſoldung haben kan/ und alſo al-
lein von ſeiner Handelſchaft leben muß/ ſo iſt
es gewiß/ daß wo er ſeinem Haußweſen wol
fuͤrſtehen wil/ er nicht viel ſtill ſitzen/ ſondern
das ſcheinende Gluͤck mit beeden Haͤnden ſchnel
ergreiffen muß/ zumahlen wann er in eodem
genere viel Neben-Handelsleut hat/ die mit ih-
me nach einem Haſen jagen; iſt derohalben ei-
nem Handelsmann nichts ſchaͤdlichers und
verhinderlichers/ als Zaghaftigkeit/ Forcht/
und all zu lange deliberation auß Mangl der
reſolution nach dem Verß.
Wer ſtetes foͤrcht es moͤcht vieleicht/
Sein thun nicht wol gerathen/
Gar ſelten er ſein Wunſch erreicht/
Thut nimmer dapfere Thaten.
Man kan ſich nicht Gluͤckſeeligkeit
Allzeit verſichert ſprechen/
Wer etwan ſcharpffe Doͤrner ſcheut
Wird keine Roſen brechen:
Aber gleich wie die allzu langſame reſolution
ſchaͤdlich iſt/ alſo iſt die zu geſchwinde noch viel
ſchaͤdlicher/ dann ſie bringt præcipitation und
Schaden/ ſol derohalben ein Handelsmañ in ſei-
ner reſolution nit zu langſam/ nicht zu geſchwind
ſeyn/ nit zu ungern/ nit zu gern creditirn/ nit zu
wenig/ nit zu tief in den Handel laſſen/ und dem
lieb-
K ij
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Zitationshilfe: | Becher, Johann Joachim: Politischer Discurs. Frankfurt (Main), 1668, S. 147. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/becher_discurs_1668/173>, abgerufen am 16.07.2024. |