Beatus, Georg: Amphitheatrvm Naturae, Schawplatz Menschlicher Herzlichkeit. Frankfurt, 1614.hetten sie die wenigste sorg/ vnd waren am mutigsten zu wichtigen sachen. Ir tranck ward auß Gersten gemacht. Die/ so am fliessende Wassern wohneten/ brauchten Wein/ der jhnen zugeführet ward. Ihr Speiß war schlecht / Wild Epffel/ frisch Meel/ geronnen Milch/ vnnd geringer Track. Ein einigs Spectackel brauchten sie/ daß sich nemlich die junge Gesellen mit blossem Leib zwischen Spieß vnd Schwertern herauß wickeln konten. Sie befliessen sich so sehr vff das spielen/ daß sie auch jre Freyheit offt gegen einander einsetzten der vberwunden ward/ begab sich willig in die Dienstbarkeit/ vnd wiewol einer offt starck vnd jung war/ ließ er sich doch binden vnnd verkauffen. Sie theilten das Jahr in den Winter/ Lentzen vnnd Sommer vom Herbst wusten sie nichts/ weil sie weder Wein noch Frucht hetten. Bey der Leich hörten sie bald auff zu heulen vnnd zu weinen/ aber lang pflegten sie sich zubekümmern. Die Weiber dorfften nur allein trawren/ die Männer aber mochten dessen nur gedencken. Diß sind der alten Teutschen Sitten vnnd Weiß zu leben gewesen. Wie fern sichs aber damit von zeit zu zeiten geendert habe/ inmassen dann solches auch bey andern Völckern geschehen/ ist von dem je[unleserliches Material]tzigen Stand leichlich zuermessen. Die Ständt in Teutschlandt sind heutiges Tags vierley: Der erste ist der Geistlichen Stand/ deren etliche mit Weltlichen Sachen vinbgehen/ etliche aber mit Kirchensachen/ Beyde Geschlecht haben grosse renthen vnnd Einkommens/ sind auch in grossen Wirden/ nicht allein/ daß sie GOtt dem Allmächtigen sollen Opffern thun/ lobsingen vnnd die Seel versorgen/ sondern auch die Schrifft verstehen/ außlegen/ vnnd ein einsames/ vneheliches leben führen/ welche diß nicht thun/ die werden vom gemeinen Volck gantz vnd gar verachtet. Die Geistlichen tragen ein sonderbares Kleid/ die Weltlichen aber weite Röcke / gemeiniglich schwartzlecht. Vffm Häupt haben sie ein Wüllen breite Hauben/ so wol wmb die Ohren schleust. Vmb den Halß haben dieselbe wann sie außgehen/ ein Schäpler von Seiden oder Wüllen Gewand. Der meiste theil ist müssig/ wenig vnter jhnen befleissen zun Studijs. Die zeit nach Mittag bringen sie mit Spielen vnd Sauffen zu. Wenn den Priestern etwas vnrechts widerfehret/ bringen sie es für die Bischoffe/ oder vor das Geistliche Consistorium zu Rom: daher kommen die/ so solche beleidiget/ offtmals in grossen schaden. Der ander Stand ist deren vom Adel/ welcher viel Grad hat: Dann es hat Fürsten/ Graffen / Herrn/ vnd Kriegsleuthen von geringerm Grad. Die Fürsten werden nicht allein jhrer Dignitet vnnd Hoheit/ sondern auch jhrer Gewalt vnnd hetten sie die wenigste sorg/ vnd waren am mutigsten zu wichtigen sachen. Ir tranck ward auß Gersten gemacht. Die/ so am fliessende Wassern wohneten/ brauchten Wein/ der jhnen zugeführet ward. Ihr Speiß war schlecht / Wild Epffel/ frisch Meel/ geronnen Milch/ vnnd geringer Track. Ein einigs Spectackel brauchten sie/ daß sich nemlich die junge Gesellen mit blossem Leib zwischen Spieß vnd Schwertern herauß wickeln konten. Sie befliessen sich so sehr vff das spielen/ daß sie auch jre Freyheit offt gegen einander einsetzten der vberwundẽ ward/ begab sich willig in die Dienstbarkeit/ vnd wiewol einer offt starck vnd jung war/ ließ er sich doch binden vnnd verkauffen. Sie theilten das Jahr in den Winter/ Lentzen vnnd Sommer vom Herbst wusten sie nichts/ weil sie weder Wein noch Frucht hetten. Bey der Leich hörten sie bald auff zu heulen vnnd zu weinen/ aber lang pflegten sie sich zubekümmern. Die Weiber dorfften nur allein trawren/ die Männer aber mochten dessen nur gedencken. Diß sind der alten Teutschen Sitten vnnd Weiß zu leben gewesen. Wie fern sichs aber damit von zeit zu zeiten geendert habe/ inmassen dann solches auch bey andern Völckern geschehen/ ist von dem je[unleserliches Material]tzigen Stand leichlich zuermessen. Die Ständt in Teutschlandt sind heutiges Tags vierley: Der erste ist der Geistlichen Stand/ deren etliche mit Weltlichen Sachen vinbgehen/ etliche aber mit Kirchensachen/ Beyde Geschlecht haben grosse renthen vnnd Einkommens/ sind auch in grossen Wirden/ nicht allein/ daß sie GOtt dem Allmächtigen sollen Opffern thun/ lobsingen vnnd die Seel versorgen/ sondern auch die Schrifft verstehen/ außlegen/ vnnd ein einsames/ vneheliches leben führen/ welche diß nicht thun/ die werden vom gemeinen Volck gantz vnd gar verachtet. Die Geistlichen tragen ein sonderbares Kleid/ die Weltlichẽ aber weite Röcke / gemeiniglich schwartzlecht. Vffm Häupt haben sie ein Wüllen breite Hauben/ so wol wmb die Ohren schleust. Vmb den Halß haben dieselbe wann sie außgehen/ ein Schäpler von Seiden oder Wüllen Gewand. Der meiste theil ist müssig/ wenig vnter jhnẽ befleissen zun Studijs. Die zeit nach Mittag bringen sie mit Spielen vnd Sauffen zu. Wenn den Priestern etwas vnrechts widerfehret/ bringen sie es für die Bischoffe/ oder vor das Geistliche Consistorium zu Rom: daher kommen die/ so solche beleidiget/ offtmals in grossen schaden. Der ander Stand ist deren vom Adel/ welcher viel Grad hat: Dann es hat Fürsten/ Graffen / Herrn/ vnd Kriegsleuthen von geringerm Grad. Die Fürsten werden nicht allein jhrer Dignitet vnnd Hoheit/ sondern auch jhrer Gewalt vnnd <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0177" n="157"/> hetten sie die wenigste sorg/ vnd waren am mutigsten zu wichtigen sachen. Ir tranck ward auß Gersten gemacht. Die/ so am fliessende Wassern wohneten/ brauchten Wein/ der jhnen zugeführet ward. Ihr Speiß war schlecht / Wild Epffel/ frisch Meel/ geronnen Milch/ vnnd geringer Track. Ein einigs Spectackel brauchten sie/ daß sich nemlich die junge Gesellen mit blossem Leib zwischen Spieß vnd Schwertern herauß wickeln konten. Sie befliessen sich so sehr vff das spielen/ daß sie auch jre Freyheit offt gegen einander einsetzten der vberwundẽ ward/ begab sich willig in die Dienstbarkeit/ vnd wiewol einer offt starck vnd jung war/ ließ er sich doch binden vnnd verkauffen. Sie theilten das Jahr in den Winter/ Lentzen vnnd Sommer vom Herbst wusten sie nichts/ weil sie weder Wein noch Frucht hetten. Bey der Leich hörten sie bald auff zu heulen vnnd zu weinen/ aber lang pflegten sie sich zubekümmern. Die Weiber dorfften nur allein trawren/ die Männer aber mochten dessen nur gedencken.</p> <p>Diß sind der alten Teutschen Sitten vnnd Weiß zu leben gewesen. Wie fern sichs aber damit von zeit zu zeiten geendert habe/ inmassen dann solches auch bey andern Völckern geschehen/ ist von dem je<gap reason="illegible"/>tzigen Stand leichlich zuermessen. Die Ständt in Teutschlandt sind heutiges Tags vierley: Der erste ist der Geistlichen Stand/ deren etliche mit Weltlichen Sachen vinbgehen/ etliche aber mit Kirchensachen/ Beyde Geschlecht haben grosse renthen vnnd Einkommens/ sind auch in grossen Wirden/ nicht allein/ daß sie GOtt dem Allmächtigen sollen Opffern thun/ lobsingen vnnd die Seel versorgen/ sondern auch die Schrifft verstehen/ außlegen/ vnnd ein einsames/ vneheliches leben führen/ welche diß nicht thun/ die werden vom gemeinen Volck gantz vnd gar verachtet.</p> <p>Die Geistlichen tragen ein sonderbares Kleid/ die Weltlichẽ aber weite Röcke / gemeiniglich schwartzlecht. Vffm Häupt haben sie ein Wüllen breite Hauben/ so wol wmb die Ohren schleust. Vmb den Halß haben dieselbe wann sie außgehen/ ein Schäpler von Seiden oder Wüllen Gewand. Der meiste theil ist müssig/ wenig vnter jhnẽ befleissen zun Studijs. Die zeit nach Mittag bringen sie mit Spielen vnd Sauffen zu. Wenn den Priestern etwas vnrechts widerfehret/ bringen sie es für die Bischoffe/ oder vor das Geistliche Consistorium zu Rom: daher kommen die/ so solche beleidiget/ offtmals in grossen schaden.</p> <p>Der ander Stand ist deren vom Adel/ welcher viel Grad hat: Dann es hat Fürsten/ Graffen / Herrn/ vnd Kriegsleuthen von geringerm Grad. Die Fürsten werden nicht allein jhrer Dignitet vnnd Hoheit/ sondern auch jhrer Gewalt vnnd </p> </div> </body> </text> </TEI> [157/0177]
hetten sie die wenigste sorg/ vnd waren am mutigsten zu wichtigen sachen. Ir tranck ward auß Gersten gemacht. Die/ so am fliessende Wassern wohneten/ brauchten Wein/ der jhnen zugeführet ward. Ihr Speiß war schlecht / Wild Epffel/ frisch Meel/ geronnen Milch/ vnnd geringer Track. Ein einigs Spectackel brauchten sie/ daß sich nemlich die junge Gesellen mit blossem Leib zwischen Spieß vnd Schwertern herauß wickeln konten. Sie befliessen sich so sehr vff das spielen/ daß sie auch jre Freyheit offt gegen einander einsetzten der vberwundẽ ward/ begab sich willig in die Dienstbarkeit/ vnd wiewol einer offt starck vnd jung war/ ließ er sich doch binden vnnd verkauffen. Sie theilten das Jahr in den Winter/ Lentzen vnnd Sommer vom Herbst wusten sie nichts/ weil sie weder Wein noch Frucht hetten. Bey der Leich hörten sie bald auff zu heulen vnnd zu weinen/ aber lang pflegten sie sich zubekümmern. Die Weiber dorfften nur allein trawren/ die Männer aber mochten dessen nur gedencken.
Diß sind der alten Teutschen Sitten vnnd Weiß zu leben gewesen. Wie fern sichs aber damit von zeit zu zeiten geendert habe/ inmassen dann solches auch bey andern Völckern geschehen/ ist von dem je_ tzigen Stand leichlich zuermessen. Die Ständt in Teutschlandt sind heutiges Tags vierley: Der erste ist der Geistlichen Stand/ deren etliche mit Weltlichen Sachen vinbgehen/ etliche aber mit Kirchensachen/ Beyde Geschlecht haben grosse renthen vnnd Einkommens/ sind auch in grossen Wirden/ nicht allein/ daß sie GOtt dem Allmächtigen sollen Opffern thun/ lobsingen vnnd die Seel versorgen/ sondern auch die Schrifft verstehen/ außlegen/ vnnd ein einsames/ vneheliches leben führen/ welche diß nicht thun/ die werden vom gemeinen Volck gantz vnd gar verachtet.
Die Geistlichen tragen ein sonderbares Kleid/ die Weltlichẽ aber weite Röcke / gemeiniglich schwartzlecht. Vffm Häupt haben sie ein Wüllen breite Hauben/ so wol wmb die Ohren schleust. Vmb den Halß haben dieselbe wann sie außgehen/ ein Schäpler von Seiden oder Wüllen Gewand. Der meiste theil ist müssig/ wenig vnter jhnẽ befleissen zun Studijs. Die zeit nach Mittag bringen sie mit Spielen vnd Sauffen zu. Wenn den Priestern etwas vnrechts widerfehret/ bringen sie es für die Bischoffe/ oder vor das Geistliche Consistorium zu Rom: daher kommen die/ so solche beleidiget/ offtmals in grossen schaden.
Der ander Stand ist deren vom Adel/ welcher viel Grad hat: Dann es hat Fürsten/ Graffen / Herrn/ vnd Kriegsleuthen von geringerm Grad. Die Fürsten werden nicht allein jhrer Dignitet vnnd Hoheit/ sondern auch jhrer Gewalt vnnd
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription.
(2013-11-26T12:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |