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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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ist. Hermanns Ansicht von Reichthum (staatsw. Untersuchungen. I. Abh.
§. 5-7.) scheint vom Sprachgebrauche nicht gebilligt zu werden. Das Befinden
eines Gutes unter der Willkühr eines Menschen, so daß er andere von dessen
Genusse ausschließen kann, bildet ihm nach den Begriff Tauschgut. Fülle von
Gütern ist ihm Reichthum, Fülle von Gegenständen, die als Tauschgut anwend-
bar, Bedürfnisse zu befriedigen im Stande, und überall nicht in beliebiger Menge
ohne Entgelt zu haben sind, ist ihm wirthschaftlicher Reichthum. Zum
Begriffe von Vermögen hält er aber das Eigenthum, nicht den bloßen
Besitz, und äußere Tauschgüter für nöthig. Der Reichthum umfaßt scheinbar
auch innere Güter, z. B. Reichthum an Gefühlen, Kenntnissen, Talenten, und
scheint also weiter als Vermögen, welches nicht blos nur äußere, sondern sogar
nur äußere Güter von Gebrauchs- und Tauschwerth, die sich im ausschließlichen
Besitze eines Menschen befinden, umfaßt. Allein ausschließlicher Besitz und
Eigenthum ist eins und dasselbe. Nimmt man Ersteren ex lege, dann hat der
Besitzer die Befugnisse des Eigenthümers; nimmt man ihn de facto, ohne nach der
Erwerbsart zu fragen, so bleibt der Begriff von reich und vermögend beim Besitzer
nur so lange, als man die gesetzwidrigen Gründe seines Besitzes nicht kennt.
Werden diese bekannt, so fällt mit dem ausschließlich der Begriff Eigenthum,
Vermögen und Reichthum hinweg. Hermann meint zwar, die persönlichen
Güter, z. B. Arbeitskraft in freien Ländern, könne man nicht Eigenthum nen-
nen, weil sie der Mensch zwar wohl vermiethen, aber nicht verkaufen dürfe,
und folglich eine Befugniß des Eigenthums fehle. Allein das ist Selbsttäuschung;
denn die Arbeitskraft für sich ohne den Menschen zu verkaufen ist unmöglich; es
müßte also der Mensch mit jedem persönlichen Gute sich selbst als Sklave ver-
kaufen; dieses, als ein Vergehen gegen das Moral- und Rechtsprinzip, kann der
Staat nicht dulden, wie viele andere unrechtmäßigen und immoralischen Benutzungen
des Eigenthums. Wenn der Begriff Reichthum auch von inneren Gütern ge-
braucht wird, so ist dies nur tropisch zu verstehen; denn die Sprache setzt in diesen
Fällen immer das innere Gut hinzu, woran man reich ist. Aber Reichthum
allein, also in seiner eigentlichen Bedeutung ausgesprochen, gilt nur von einem
hohen Grade von Vermögen. Deswegen ist der Ausdruck wirthschaftlicher
Reichthum
ein Pleonasmus.
2) say, Cours d'economie politique (Paris 1828. VI. Tom. 8.) I. 163.
Uebers. von v. Theobald. I. 120. Steuart, political oeconomy. II. 26. Rau
(Lehrb. I. §. 2.) hat aber Unrecht, indem er schon diejenigen Güter für Vermögen
rechnet, die sich in der Gewalt eines Subjectes befinden. Dieses Criterium ist
viel zu weit, denn z. B. Verwalter, Kassirer, Minister haben Gewalt über Ver-
mögen, das nicht ihr Vermögen ist. Hermann geht jedoch in der Beschuldigung
gegen Rau zu weit, wo er ihm deswegen Inconsequenz und Widerspruch vorwirft,
weil er (Lehrb. der polit. Oekonom. I. §. 2.) das Vermögen als blos aus sachlichen
Gütern bestehend darstellt, und (§. 55.) dennoch behauptet, die Werthe bildeten
das Vermögen. Denn Lezteres sagt Rau nur mit Bezug auf die sachlichen Güter,
um zu zeigen, daß nicht die Menge der Gegenstände dem Körper nach den größeren
Reichthum begründe. Allein Rau fehlt darin, daß er blos sachliche Güter als
Bestandtheile des Vermögens gelten läßt (Ueber die Kameralwissenschaft §. 11.),
die fortgesetzte Sorge für das Vermögen Wirthschaft nennt, dennoch (Lehrb. I.)
§. 46.) die den sachlichen entgegengesetzten Güter als Umstände erwähnt, welche auf
die Größe des Vermögens mächtigen Einfluß äußern, und dennoch den weitern
Begriff von Gut zuläßt (s. oben §. 37. Note 3.). Denn es können wirklich kör-
perlose äußere Güter wahres Vermögen sein, wenn sie der ausschließliche Besitz
eines Menschen sind und wirklichen Tauschwerth haben. Hermann ist hier in
lezteren Kriterien nicht streng konsequent, da er überhaupt die Sorge für die
Beischaffung und Verwendung der äußeren Güter Wirthschaft nennt (§. 3.) und
die als äußere immateriellen Güter bezeichneten Lebensverhältnisse zum Vermögen
rechnet (§. 7.), obschon er allgemeinhin und nach seinem scheinbar noch strengeren
Sinne zum Vermögen den Begriff von Eigenthum fordert, und unter den
wesentlichen Befugnissen des Eigenthümers das Veräußerungsrecht aufzählt.
Denn die wenigstens Lebensverhältnisse haben einen Tauschwerth. Selbst die von
ihm z. B. genommene Kundschaft eines Gewerbsmannes hat nur in einzelnen
iſt. Hermanns Anſicht von Reichthum (ſtaatsw. Unterſuchungen. I. Abh.
§. 5–7.) ſcheint vom Sprachgebrauche nicht gebilligt zu werden. Das Befinden
eines Gutes unter der Willkühr eines Menſchen, ſo daß er andere von deſſen
Genuſſe ausſchließen kann, bildet ihm nach den Begriff Tauſchgut. Fülle von
Gütern iſt ihm Reichthum, Fülle von Gegenſtänden, die als Tauſchgut anwend-
bar, Bedürfniſſe zu befriedigen im Stande, und überall nicht in beliebiger Menge
ohne Entgelt zu haben ſind, iſt ihm wirthſchaftlicher Reichthum. Zum
Begriffe von Vermögen hält er aber das Eigenthum, nicht den bloßen
Beſitz, und äußere Tauſchgüter für nöthig. Der Reichthum umfaßt ſcheinbar
auch innere Güter, z. B. Reichthum an Gefühlen, Kenntniſſen, Talenten, und
ſcheint alſo weiter als Vermögen, welches nicht blos nur äußere, ſondern ſogar
nur äußere Güter von Gebrauchs- und Tauſchwerth, die ſich im ausſchließlichen
Beſitze eines Menſchen befinden, umfaßt. Allein ausſchließlicher Beſitz und
Eigenthum iſt eins und daſſelbe. Nimmt man Erſteren ex lege, dann hat der
Beſitzer die Befugniſſe des Eigenthümers; nimmt man ihn de facto, ohne nach der
Erwerbsart zu fragen, ſo bleibt der Begriff von reich und vermögend beim Beſitzer
nur ſo lange, als man die geſetzwidrigen Gründe ſeines Beſitzes nicht kennt.
Werden dieſe bekannt, ſo fällt mit dem ausſchließlich der Begriff Eigenthum,
Vermögen und Reichthum hinweg. Hermann meint zwar, die perſönlichen
Güter, z. B. Arbeitskraft in freien Ländern, könne man nicht Eigenthum nen-
nen, weil ſie der Menſch zwar wohl vermiethen, aber nicht verkaufen dürfe,
und folglich eine Befugniß des Eigenthums fehle. Allein das iſt Selbſttäuſchung;
denn die Arbeitskraft für ſich ohne den Menſchen zu verkaufen iſt unmöglich; es
müßte alſo der Menſch mit jedem perſönlichen Gute ſich ſelbſt als Sklave ver-
kaufen; dieſes, als ein Vergehen gegen das Moral- und Rechtsprinzip, kann der
Staat nicht dulden, wie viele andere unrechtmäßigen und immoraliſchen Benutzungen
des Eigenthums. Wenn der Begriff Reichthum auch von inneren Gütern ge-
braucht wird, ſo iſt dies nur tropiſch zu verſtehen; denn die Sprache ſetzt in dieſen
Fällen immer das innere Gut hinzu, woran man reich iſt. Aber Reichthum
allein, alſo in ſeiner eigentlichen Bedeutung ausgeſprochen, gilt nur von einem
hohen Grade von Vermögen. Deswegen iſt der Ausdruck wirthſchaftlicher
Reichthum
ein Pleonasmus.
2) say, Cours d'économie politique (Paris 1828. VI. Tom. 8.) I. 163.
Ueberſ. von v. Theobald. I. 120. Steuart, political oeconomy. II. 26. Rau
(Lehrb. I. §. 2.) hat aber Unrecht, indem er ſchon diejenigen Güter für Vermögen
rechnet, die ſich in der Gewalt eines Subjectes befinden. Dieſes Criterium iſt
viel zu weit, denn z. B. Verwalter, Kaſſirer, Miniſter haben Gewalt über Ver-
mögen, das nicht ihr Vermögen iſt. Hermann geht jedoch in der Beſchuldigung
gegen Rau zu weit, wo er ihm deswegen Inconſequenz und Widerſpruch vorwirft,
weil er (Lehrb. der polit. Oekonom. I. §. 2.) das Vermögen als blos aus ſachlichen
Gütern beſtehend darſtellt, und (§. 55.) dennoch behauptet, die Werthe bildeten
das Vermögen. Denn Lezteres ſagt Rau nur mit Bezug auf die ſachlichen Güter,
um zu zeigen, daß nicht die Menge der Gegenſtände dem Körper nach den größeren
Reichthum begründe. Allein Rau fehlt darin, daß er blos ſachliche Güter als
Beſtandtheile des Vermögens gelten läßt (Ueber die Kameralwiſſenſchaft §. 11.),
die fortgeſetzte Sorge für das Vermögen Wirthſchaft nennt, dennoch (Lehrb. I.)
§. 46.) die den ſachlichen entgegengeſetzten Güter als Umſtände erwähnt, welche auf
die Größe des Vermögens mächtigen Einfluß äußern, und dennoch den weitern
Begriff von Gut zuläßt (ſ. oben §. 37. Note 3.). Denn es können wirklich kör-
perloſe äußere Güter wahres Vermögen ſein, wenn ſie der ausſchließliche Beſitz
eines Menſchen ſind und wirklichen Tauſchwerth haben. Hermann iſt hier in
lezteren Kriterien nicht ſtreng konſequent, da er überhaupt die Sorge für die
Beiſchaffung und Verwendung der äußeren Güter Wirthſchaft nennt (§. 3.) und
die als äußere immateriellen Güter bezeichneten Lebensverhältniſſe zum Vermögen
rechnet (§. 7.), obſchon er allgemeinhin und nach ſeinem ſcheinbar noch ſtrengeren
Sinne zum Vermögen den Begriff von Eigenthum fordert, und unter den
weſentlichen Befugniſſen des Eigenthümers das Veräußerungsrecht aufzählt.
Denn die wenigſtens Lebensverhältniſſe haben einen Tauſchwerth. Selbſt die von
ihm z. B. genommene Kundſchaft eines Gewerbsmannes hat nur in einzelnen
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[57/0079] ²⁾ iſt. Hermanns Anſicht von Reichthum (ſtaatsw. Unterſuchungen. I. Abh. §. 5–7.) ſcheint vom Sprachgebrauche nicht gebilligt zu werden. Das Befinden eines Gutes unter der Willkühr eines Menſchen, ſo daß er andere von deſſen Genuſſe ausſchließen kann, bildet ihm nach den Begriff Tauſchgut. Fülle von Gütern iſt ihm Reichthum, Fülle von Gegenſtänden, die als Tauſchgut anwend- bar, Bedürfniſſe zu befriedigen im Stande, und überall nicht in beliebiger Menge ohne Entgelt zu haben ſind, iſt ihm wirthſchaftlicher Reichthum. Zum Begriffe von Vermögen hält er aber das Eigenthum, nicht den bloßen Beſitz, und äußere Tauſchgüter für nöthig. Der Reichthum umfaßt ſcheinbar auch innere Güter, z. B. Reichthum an Gefühlen, Kenntniſſen, Talenten, und ſcheint alſo weiter als Vermögen, welches nicht blos nur äußere, ſondern ſogar nur äußere Güter von Gebrauchs- und Tauſchwerth, die ſich im ausſchließlichen Beſitze eines Menſchen befinden, umfaßt. Allein ausſchließlicher Beſitz und Eigenthum iſt eins und daſſelbe. Nimmt man Erſteren ex lege, dann hat der Beſitzer die Befugniſſe des Eigenthümers; nimmt man ihn de facto, ohne nach der Erwerbsart zu fragen, ſo bleibt der Begriff von reich und vermögend beim Beſitzer nur ſo lange, als man die geſetzwidrigen Gründe ſeines Beſitzes nicht kennt. Werden dieſe bekannt, ſo fällt mit dem ausſchließlich der Begriff Eigenthum, Vermögen und Reichthum hinweg. Hermann meint zwar, die perſönlichen Güter, z. B. Arbeitskraft in freien Ländern, könne man nicht Eigenthum nen- nen, weil ſie der Menſch zwar wohl vermiethen, aber nicht verkaufen dürfe, und folglich eine Befugniß des Eigenthums fehle. Allein das iſt Selbſttäuſchung; denn die Arbeitskraft für ſich ohne den Menſchen zu verkaufen iſt unmöglich; es müßte alſo der Menſch mit jedem perſönlichen Gute ſich ſelbſt als Sklave ver- kaufen; dieſes, als ein Vergehen gegen das Moral- und Rechtsprinzip, kann der Staat nicht dulden, wie viele andere unrechtmäßigen und immoraliſchen Benutzungen des Eigenthums. Wenn der Begriff Reichthum auch von inneren Gütern ge- braucht wird, ſo iſt dies nur tropiſch zu verſtehen; denn die Sprache ſetzt in dieſen Fällen immer das innere Gut hinzu, woran man reich iſt. Aber Reichthum allein, alſo in ſeiner eigentlichen Bedeutung ausgeſprochen, gilt nur von einem hohen Grade von Vermögen. Deswegen iſt der Ausdruck wirthſchaftlicher Reichthum ein Pleonasmus. ²⁾ say, Cours d'économie politique (Paris 1828. VI. Tom. 8.) I. 163. Ueberſ. von v. Theobald. I. 120. Steuart, political oeconomy. II. 26. Rau (Lehrb. I. §. 2.) hat aber Unrecht, indem er ſchon diejenigen Güter für Vermögen rechnet, die ſich in der Gewalt eines Subjectes befinden. Dieſes Criterium iſt viel zu weit, denn z. B. Verwalter, Kaſſirer, Miniſter haben Gewalt über Ver- mögen, das nicht ihr Vermögen iſt. Hermann geht jedoch in der Beſchuldigung gegen Rau zu weit, wo er ihm deswegen Inconſequenz und Widerſpruch vorwirft, weil er (Lehrb. der polit. Oekonom. I. §. 2.) das Vermögen als blos aus ſachlichen Gütern beſtehend darſtellt, und (§. 55.) dennoch behauptet, die Werthe bildeten das Vermögen. Denn Lezteres ſagt Rau nur mit Bezug auf die ſachlichen Güter, um zu zeigen, daß nicht die Menge der Gegenſtände dem Körper nach den größeren Reichthum begründe. Allein Rau fehlt darin, daß er blos ſachliche Güter als Beſtandtheile des Vermögens gelten läßt (Ueber die Kameralwiſſenſchaft §. 11.), die fortgeſetzte Sorge für das Vermögen Wirthſchaft nennt, dennoch (Lehrb. I.) §. 46.) die den ſachlichen entgegengeſetzten Güter als Umſtände erwähnt, welche auf die Größe des Vermögens mächtigen Einfluß äußern, und dennoch den weitern Begriff von Gut zuläßt (ſ. oben §. 37. Note 3.). Denn es können wirklich kör- perloſe äußere Güter wahres Vermögen ſein, wenn ſie der ausſchließliche Beſitz eines Menſchen ſind und wirklichen Tauſchwerth haben. Hermann iſt hier in lezteren Kriterien nicht ſtreng konſequent, da er überhaupt die Sorge für die Beiſchaffung und Verwendung der äußeren Güter Wirthſchaft nennt (§. 3.) und die als äußere immateriellen Güter bezeichneten Lebensverhältniſſe zum Vermögen rechnet (§. 7.), obſchon er allgemeinhin und nach ſeinem ſcheinbar noch ſtrengeren Sinne zum Vermögen den Begriff von Eigenthum fordert, und unter den weſentlichen Befugniſſen des Eigenthümers das Veräußerungsrecht aufzählt. Denn die wenigſtens Lebensverhältniſſe haben einen Tauſchwerth. Selbſt die von ihm z. B. genommene Kundſchaft eines Gewerbsmannes hat nur in einzelnen

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/79>, abgerufen am 24.11.2024.