ringste Bezug des Gläubigers im ersten Falle aus dem bloßen Capitale, im zweiten dagegen aus dem Capitale sammt rückständigen Zinsen, aber alle höheren Bezüge aus dem Einen oder Andern sammt dem auf das Loos gefallenen geringeren oder höheren Ge- winnste besteht. Für die Gläubiger als Mittel der Capitalansamm- lung und als Weg zu großen Gewinnsten sehr passend, haben die- selben aber für den Staat keinen andern Vortheil, als daß er leichter Anleihen zusammenbringen kann, während er dagegen die freie Verfügung über Capital und Zinsen aufgibt und leicht dabei verlieren kann, wenn die Wirklichkeit der Berechnung nicht ent- spricht. Diesen und den anderen Unbequemlichkeiten und Nach- theilen sind 6) die Renten nicht ausgesetzt, welche jetzt am allge- meinsten üblich sind. Der Staat verspricht nämlich denjenigen, welche ihm Geld leihen wollen, eine jährliche Rente und beurkun- det dies Versprechen mit einem auf die Capitalsumme von 100 (Nominalwerth) gestellten Papiere, oder er frägt, wie viel er für eine Zahlung von 100 Capital an Rente und Nominalwerth verschreiben müsse. Er bietet diese Papiere, welche ihren Besitzern jedenfalls dieses Capital sichern, aus und die Capitalisten geben ihm für ein jedes entweder gerade jene 100 oder weniger oder mehr (Realwerth), überhaupt nur so viel, als sie im Privat- verkehre Geld ausleihen müßten, um die versprochene Rente als Zins zu bekommen. Ist die Tilgung dieser Anleihen vertragsmäßig vorausbestimmt oder sind sie vom Staate einseitig aufkündbar, so heißt man sie geradezu Renten mit Angabe des Prozents. Hat aber auch der Staat auf die Aufkündigung verzichtet, und sich nur vorbehalten, nach seinem Belieben und Vermögen diese Obli- gationen aus dem Verkehre einzeln frei aufzukaufen, so heißen sie immerwährende Rente (franz. Rentes perpetuelles, engl. Perpetual Annuities). Der Staat hat dabei alle Freiheiten in Betreff der Verzinsung und Tilgung, aber er kann verlieren, wenn die Obligationen im Curse höher gestiegen sind, als der Realwerth beträgt, welchen er von Capitalisten dafür empfangen hat. Allein stieg der Preis, weil der allgemeine Zinsfuß gefallen ist, also für eine Rente auch ein größeres Capital bezahlt werden kann, so steht ihm auch das Mittel der Zinsreduction zu Gebote3).
1) Geschichtliche Belege s. in Meinen Versuchen. S. 551 folg.
2) Berechnungen bei: Müller Arithmetik und Algebra. S. 543. Tetens, Einl. zur Berechnung der Leibrenten. Leipzig 1785-1786. II Thle. Auch oben §. 460. N. 3.
3) Ueber die Vor- und Nachtheile dieser Anleihen ist man gerade jetzt in großem Streite begriffen. S. Nebenius I. S. 360. Meine Versuche. S. 292 folg.
ringſte Bezug des Gläubigers im erſten Falle aus dem bloßen Capitale, im zweiten dagegen aus dem Capitale ſammt rückſtändigen Zinſen, aber alle höheren Bezüge aus dem Einen oder Andern ſammt dem auf das Loos gefallenen geringeren oder höheren Ge- winnſte beſteht. Für die Gläubiger als Mittel der Capitalanſamm- lung und als Weg zu großen Gewinnſten ſehr paſſend, haben die- ſelben aber für den Staat keinen andern Vortheil, als daß er leichter Anleihen zuſammenbringen kann, während er dagegen die freie Verfügung über Capital und Zinſen aufgibt und leicht dabei verlieren kann, wenn die Wirklichkeit der Berechnung nicht ent- ſpricht. Dieſen und den anderen Unbequemlichkeiten und Nach- theilen ſind 6) die Renten nicht ausgeſetzt, welche jetzt am allge- meinſten üblich ſind. Der Staat verſpricht nämlich denjenigen, welche ihm Geld leihen wollen, eine jährliche Rente und beurkun- det dies Verſprechen mit einem auf die Capitalſumme von 100 (Nominalwerth) geſtellten Papiere, oder er frägt, wie viel er für eine Zahlung von 100 Capital an Rente und Nominalwerth verſchreiben müſſe. Er bietet dieſe Papiere, welche ihren Beſitzern jedenfalls dieſes Capital ſichern, aus und die Capitaliſten geben ihm für ein jedes entweder gerade jene 100 oder weniger oder mehr (Realwerth), überhaupt nur ſo viel, als ſie im Privat- verkehre Geld ausleihen müßten, um die verſprochene Rente als Zins zu bekommen. Iſt die Tilgung dieſer Anleihen vertragsmäßig vorausbeſtimmt oder ſind ſie vom Staate einſeitig aufkündbar, ſo heißt man ſie geradezu Renten mit Angabe des Prozents. Hat aber auch der Staat auf die Aufkündigung verzichtet, und ſich nur vorbehalten, nach ſeinem Belieben und Vermögen dieſe Obli- gationen aus dem Verkehre einzeln frei aufzukaufen, ſo heißen ſie immerwährende Rente (franz. Rentes perpétuelles, engl. Perpetual Annuities). Der Staat hat dabei alle Freiheiten in Betreff der Verzinſung und Tilgung, aber er kann verlieren, wenn die Obligationen im Curſe höher geſtiegen ſind, als der Realwerth beträgt, welchen er von Capitaliſten dafür empfangen hat. Allein ſtieg der Preis, weil der allgemeine Zinsfuß gefallen iſt, alſo für eine Rente auch ein größeres Capital bezahlt werden kann, ſo ſteht ihm auch das Mittel der Zinsreduction zu Gebote3).
1) Geſchichtliche Belege ſ. in Meinen Verſuchen. S. 551 folg.
2) Berechnungen bei: Müller Arithmetik und Algebra. S. 543. Tetens, Einl. zur Berechnung der Leibrenten. Leipzig 1785–1786. II Thle. Auch oben §. 460. N. 3.
3) Ueber die Vor- und Nachtheile dieſer Anleihen iſt man gerade jetzt in großem Streite begriffen. S. Nebenius I. S. 360. Meine Verſuche. S. 292 folg.
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Capitale, im zweiten dagegen aus dem Capitale ſammt rückſtändigen
Zinſen, aber alle höheren Bezüge aus dem Einen oder Andern
ſammt dem auf das Loos gefallenen geringeren oder höheren Ge-
winnſte beſteht. Für die Gläubiger als Mittel der Capitalanſamm-
lung und als Weg zu großen Gewinnſten ſehr paſſend, haben die-
ſelben aber für den Staat keinen andern Vortheil, als daß er
leichter Anleihen zuſammenbringen kann, während er dagegen die
freie Verfügung über Capital und Zinſen aufgibt und leicht dabei
verlieren kann, wenn die Wirklichkeit der Berechnung nicht ent-
ſpricht. Dieſen und den anderen Unbequemlichkeiten und Nach-
theilen ſind 6) die Renten nicht ausgeſetzt, welche jetzt am allge-
meinſten üblich ſind. Der Staat verſpricht nämlich denjenigen,
welche ihm Geld leihen wollen, eine jährliche Rente und beurkun-
det dies Verſprechen mit einem auf die Capitalſumme von 100
(Nominalwerth) geſtellten Papiere, oder er frägt, wie viel er
für eine Zahlung von 100 Capital an Rente und Nominalwerth
verſchreiben müſſe. Er bietet dieſe Papiere, welche ihren Beſitzern
jedenfalls dieſes Capital ſichern, aus und die Capitaliſten geben
ihm für ein jedes entweder gerade jene 100 oder weniger oder
mehr (Realwerth), überhaupt nur ſo viel, als ſie im Privat-
verkehre Geld ausleihen müßten, um die verſprochene Rente als
Zins zu bekommen. Iſt die Tilgung dieſer Anleihen vertragsmäßig
vorausbeſtimmt oder ſind ſie vom Staate einſeitig aufkündbar, ſo
heißt man ſie geradezu Renten mit Angabe des Prozents. Hat
aber auch der Staat auf die Aufkündigung verzichtet, und ſich
nur vorbehalten, nach ſeinem Belieben und Vermögen dieſe Obli-
gationen aus dem Verkehre einzeln frei aufzukaufen, ſo heißen ſie
immerwährende Rente (franz. Rentes perpétuelles, engl.
Perpetual Annuities). Der Staat hat dabei alle Freiheiten in
Betreff der Verzinſung und Tilgung, aber er kann verlieren, wenn
die Obligationen im Curſe höher geſtiegen ſind, als der Realwerth
beträgt, welchen er von Capitaliſten dafür empfangen hat. Allein
ſtieg der Preis, weil der allgemeine Zinsfuß gefallen iſt, alſo für
eine Rente auch ein größeres Capital bezahlt werden kann, ſo ſteht
ihm auch das Mittel der Zinsreduction zu Gebote3).
¹⁾ Geſchichtliche Belege ſ. in Meinen Verſuchen. S. 551 folg.
²⁾ Berechnungen bei: Müller Arithmetik und Algebra. S. 543. Tetens,
Einl. zur Berechnung der Leibrenten. Leipzig 1785–1786. II Thle. Auch oben
§. 460. N. 3.
³⁾ Ueber die Vor- und Nachtheile dieſer Anleihen iſt man gerade jetzt in großem
Streite begriffen. S. Nebenius I. S. 360. Meine Verſuche. S. 292 folg.
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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 756. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/778>, abgerufen am 24.11.2024.
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