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Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.

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objectiven Allgemeinheit besteht also fort und fort. Es folgt aus ihm, daß es
weder eine subjective noch eine objective Steuerfreiheit geben darf.
4) Die absolute Gleichheit ist immer eine relative Ungleichheit. Eine relative
Gleichheit ist aber, was die Wirkung der Steuer auf die Zustände des Bürgers
anbelangt, eine subjective Gleichheit, denn der übrig bleibende Rest oder die zu
tragende Last ist für Jeden ungefähr nach seinen Verhältnissen gleich. Es folgt aus
diesen Gesetzen: 1) daß die Steuerquote oder das Steuerprocent nicht bei jeder
beliebigen Größe des Betrages des Steuerobjects gleich sein darf, sondern mit der
Letztern steigen muß, weil Ersteres eine mehr absolute Steuergleichheit veranlaßte
(Craig Politik. III. 22-23. Schön Grundsätze. S. 58-62. Dagegen
v. Haller, Restauration der Staatswiss. VI. 133. Edinburgh Review. 1833.
April. p. 162-163.
und mit ihnen Murhard Th. u. P. der Besteur. S. 541.,
aber blos mit dem unwahren Grunde, daß die Steuer so ungleich würde und die
Reichen beraubte). Die Verhältnisse der Progressionen sind Sache der Finanzpolitik
in jedem Staate. 2) Daß das Steuerprocent nicht bei jeder Art von Vermögen
oder Einkommen dasselbe sein darf, sondern sich vielmehr nach dessen Unzerstörbarkeit
und Sicherheit oder dessen Quelle und deren Natur richten muß, weil nur auf letzte
Art die relative Gleichheit zu erringen ist (Craig Politik. III. 19-22.). Es ist
in diesen Beziehungen z. B. ein großer Unterschied zwischen Grundeigenthum und
Grundeinkommen, Capital und Capitaleinkommen, Gewerbsvermögen und Gewerbs-
einkommen, und Einkommen aus persönlichen Diensten; gleiches Steuerprocent für
dieselben wäre in der That eine ungleiche Besteuerung. 3) Daß blos das reine
Einkommen besteuert werden darf. Denn eine Besteuerung des bloßen Vermögens
wäre eine blos objective (N. 3), also ungleiche, -- eine absolut gleiche, denn
gleiches Vermögen ist verschieden nach seiner Wirkung auf den Wirthschaftszustand
der Bürger, nach seiner Natur, seinen Bestandtheilen und seinem Ertrage, der
nach der Abnahme der Steuer übrig bleibende Rest würde daher verschiedene
Wirkung haben, also die Steuerlast ungleich sein. Eine Besteuerung des rohen
Einkommens aber ist auch mehr eine absolut gleiche, folglich relativ ungleiche, weil
in ihm Vermögenssteuer enthalten ist, nicht bei gleichem Roheinkommen gleiche
Ausgaben sind und daher gleiches wahres Einkommen ungleich und ungleiches
absolut gleich besteuert würde. 4) Daß man solche Objecte zur Besteuerung nehmen
muß, von welchen man der Besteuerung des reinen Einkommens gewiß sein kann.
Dies kann nur geschehen, indem man das ermittelte reine Einkommen unmittelbar
oder das vermuthliche reine Einkommen durch die Besteuerung des Genusses trifft.
Also Einkommens- und Genußsteuern sind die grundsätzlich richtigsten, wenn
sie in der angegebenen Art umgelegt sind (§. 428.).
5) Am meisten ist dieses Gesetz unbeachtet geblieben, verkannt und mißkannt
worden. 1) Man hat schon behauptet, die Steuern seien an sich und als Förder-
mittel des Geldumlaufs etwas Gutes (Weishaupt, Ueber Staatsausg. u. Aufl.
S. 114. Bailleal Situation de la France. p. 484.), und sie seien wohlthätig, als
Anregungsmittel der Industrie (Lüder, Ueber Nationalindustrie. III. 505. Büsch
Geldumlauf. I. 453.). Allein solche Absurditäten bedürfen kaum mehr einer Wider-
legung S. deßhalb Lotz Revision. IV. 97. Handb. III. §. 124. und mit ihm
Murhard Th. und P. der Besteur. S. 40. 50. 54. 2) Die Verweigerung der
Steuern durch die Landstände aus äußeren Gründen, die also nicht in der Steuer
selbst liegen, ist daher ein Angriff auf den Bestand des Staats oder Revolution und
eine Verfassungsurkunde, welche sie gestattet, gegen die Grundsätze einer vernünf-
tigen Politik. Verächtlich aber aus dem Gesichtspunkte der Sittlichkeit, des Rechts,
der wahren Weisheit und Klugheit sind die Regirungen, welche die Bürger über
den wahren Staatsbedarf mit Steuern belasten.
6) Dieses Gesetz ist nicht so zu verstehen, als ob blos die Volkswirthschaft als
Ganzes und nicht die Einzelwirthschaften zu berücksichtigen seien. Denn jene kann
fortschreiten, indem eine große Anzahl der Letztern durch eine schlechte Besteuerung
dem sicheren Verderben entgegengeht. Hier muß von der Einzelwirthschaft ausge-
gangen werden, denn der Einzelne ist auch der Steuerpflichtige. Es folgt aber aus
diesem Gesetze 1) auch, daß nur das reine Einkommen und der Genuß besteuert
werden darf, weil durch die Besteuerung des Vermögens oder des rohen Einkommens
objectiven Allgemeinheit beſteht alſo fort und fort. Es folgt aus ihm, daß es
weder eine ſubjective noch eine objective Steuerfreiheit geben darf.
4) Die abſolute Gleichheit iſt immer eine relative Ungleichheit. Eine relative
Gleichheit iſt aber, was die Wirkung der Steuer auf die Zuſtände des Bürgers
anbelangt, eine ſubjective Gleichheit, denn der übrig bleibende Reſt oder die zu
tragende Laſt iſt für Jeden ungefähr nach ſeinen Verhältniſſen gleich. Es folgt aus
dieſen Geſetzen: 1) daß die Steuerquote oder das Steuerprocent nicht bei jeder
beliebigen Größe des Betrages des Steuerobjects gleich ſein darf, ſondern mit der
Letztern ſteigen muß, weil Erſteres eine mehr abſolute Steuergleichheit veranlaßte
(Craig Politik. III. 22–23. Schön Grundſätze. S. 58–62. Dagegen
v. Haller, Reſtauration der Staatswiſſ. VI. 133. Edinburgh Review. 1833.
April. p. 162–163.
und mit ihnen Murhard Th. u. P. der Beſteur. S. 541.,
aber blos mit dem unwahren Grunde, daß die Steuer ſo ungleich würde und die
Reichen beraubte). Die Verhältniſſe der Progreſſionen ſind Sache der Finanzpolitik
in jedem Staate. 2) Daß das Steuerprocent nicht bei jeder Art von Vermögen
oder Einkommen daſſelbe ſein darf, ſondern ſich vielmehr nach deſſen Unzerſtörbarkeit
und Sicherheit oder deſſen Quelle und deren Natur richten muß, weil nur auf letzte
Art die relative Gleichheit zu erringen iſt (Craig Politik. III. 19–22.). Es iſt
in dieſen Beziehungen z. B. ein großer Unterſchied zwiſchen Grundeigenthum und
Grundeinkommen, Capital und Capitaleinkommen, Gewerbsvermögen und Gewerbs-
einkommen, und Einkommen aus perſönlichen Dienſten; gleiches Steuerprocent für
dieſelben wäre in der That eine ungleiche Beſteuerung. 3) Daß blos das reine
Einkommen beſteuert werden darf. Denn eine Beſteuerung des bloßen Vermögens
wäre eine blos objective (N. 3), alſo ungleiche, — eine abſolut gleiche, denn
gleiches Vermögen iſt verſchieden nach ſeiner Wirkung auf den Wirthſchaftszuſtand
der Bürger, nach ſeiner Natur, ſeinen Beſtandtheilen und ſeinem Ertrage, der
nach der Abnahme der Steuer übrig bleibende Reſt würde daher verſchiedene
Wirkung haben, alſo die Steuerlaſt ungleich ſein. Eine Beſteuerung des rohen
Einkommens aber iſt auch mehr eine abſolut gleiche, folglich relativ ungleiche, weil
in ihm Vermögensſteuer enthalten iſt, nicht bei gleichem Roheinkommen gleiche
Ausgaben ſind und daher gleiches wahres Einkommen ungleich und ungleiches
abſolut gleich beſteuert würde. 4) Daß man ſolche Objecte zur Beſteuerung nehmen
muß, von welchen man der Beſteuerung des reinen Einkommens gewiß ſein kann.
Dies kann nur geſchehen, indem man das ermittelte reine Einkommen unmittelbar
oder das vermuthliche reine Einkommen durch die Beſteuerung des Genuſſes trifft.
Alſo Einkommens- und Genußſteuern ſind die grundſätzlich richtigſten, wenn
ſie in der angegebenen Art umgelegt ſind (§. 428.).
5) Am meiſten iſt dieſes Geſetz unbeachtet geblieben, verkannt und mißkannt
worden. 1) Man hat ſchon behauptet, die Steuern ſeien an ſich und als Förder-
mittel des Geldumlaufs etwas Gutes (Weishaupt, Ueber Staatsausg. u. Aufl.
S. 114. Bailleal Situation de la France. p. 484.), und ſie ſeien wohlthätig, als
Anregungsmittel der Induſtrie (Lüder, Ueber Nationalinduſtrie. III. 505. Büſch
Geldumlauf. I. 453.). Allein ſolche Abſurditäten bedürfen kaum mehr einer Wider-
legung S. deßhalb Lotz Reviſion. IV. 97. Handb. III. §. 124. und mit ihm
Murhard Th. und P. der Beſteur. S. 40. 50. 54. 2) Die Verweigerung der
Steuern durch die Landſtände aus äußeren Gründen, die alſo nicht in der Steuer
ſelbſt liegen, iſt daher ein Angriff auf den Beſtand des Staats oder Revolution und
eine Verfaſſungsurkunde, welche ſie geſtattet, gegen die Grundſätze einer vernünf-
tigen Politik. Verächtlich aber aus dem Geſichtspunkte der Sittlichkeit, des Rechts,
der wahren Weisheit und Klugheit ſind die Regirungen, welche die Bürger über
den wahren Staatsbedarf mit Steuern belaſten.
6) Dieſes Geſetz iſt nicht ſo zu verſtehen, als ob blos die Volkswirthſchaft als
Ganzes und nicht die Einzelwirthſchaften zu berückſichtigen ſeien. Denn jene kann
fortſchreiten, indem eine große Anzahl der Letztern durch eine ſchlechte Beſteuerung
dem ſicheren Verderben entgegengeht. Hier muß von der Einzelwirthſchaft ausge-
gangen werden, denn der Einzelne iſt auch der Steuerpflichtige. Es folgt aber aus
dieſem Geſetze 1) auch, daß nur das reine Einkommen und der Genuß beſteuert
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[720/0742] ³⁾ objectiven Allgemeinheit beſteht alſo fort und fort. Es folgt aus ihm, daß es weder eine ſubjective noch eine objective Steuerfreiheit geben darf. ⁴⁾ Die abſolute Gleichheit iſt immer eine relative Ungleichheit. Eine relative Gleichheit iſt aber, was die Wirkung der Steuer auf die Zuſtände des Bürgers anbelangt, eine ſubjective Gleichheit, denn der übrig bleibende Reſt oder die zu tragende Laſt iſt für Jeden ungefähr nach ſeinen Verhältniſſen gleich. Es folgt aus dieſen Geſetzen: 1) daß die Steuerquote oder das Steuerprocent nicht bei jeder beliebigen Größe des Betrages des Steuerobjects gleich ſein darf, ſondern mit der Letztern ſteigen muß, weil Erſteres eine mehr abſolute Steuergleichheit veranlaßte (Craig Politik. III. 22–23. Schön Grundſätze. S. 58–62. Dagegen v. Haller, Reſtauration der Staatswiſſ. VI. 133. Edinburgh Review. 1833. April. p. 162–163. und mit ihnen Murhard Th. u. P. der Beſteur. S. 541., aber blos mit dem unwahren Grunde, daß die Steuer ſo ungleich würde und die Reichen beraubte). Die Verhältniſſe der Progreſſionen ſind Sache der Finanzpolitik in jedem Staate. 2) Daß das Steuerprocent nicht bei jeder Art von Vermögen oder Einkommen daſſelbe ſein darf, ſondern ſich vielmehr nach deſſen Unzerſtörbarkeit und Sicherheit oder deſſen Quelle und deren Natur richten muß, weil nur auf letzte Art die relative Gleichheit zu erringen iſt (Craig Politik. III. 19–22.). Es iſt in dieſen Beziehungen z. B. ein großer Unterſchied zwiſchen Grundeigenthum und Grundeinkommen, Capital und Capitaleinkommen, Gewerbsvermögen und Gewerbs- einkommen, und Einkommen aus perſönlichen Dienſten; gleiches Steuerprocent für dieſelben wäre in der That eine ungleiche Beſteuerung. 3) Daß blos das reine Einkommen beſteuert werden darf. Denn eine Beſteuerung des bloßen Vermögens wäre eine blos objective (N. 3), alſo ungleiche, — eine abſolut gleiche, denn gleiches Vermögen iſt verſchieden nach ſeiner Wirkung auf den Wirthſchaftszuſtand der Bürger, nach ſeiner Natur, ſeinen Beſtandtheilen und ſeinem Ertrage, der nach der Abnahme der Steuer übrig bleibende Reſt würde daher verſchiedene Wirkung haben, alſo die Steuerlaſt ungleich ſein. Eine Beſteuerung des rohen Einkommens aber iſt auch mehr eine abſolut gleiche, folglich relativ ungleiche, weil in ihm Vermögensſteuer enthalten iſt, nicht bei gleichem Roheinkommen gleiche Ausgaben ſind und daher gleiches wahres Einkommen ungleich und ungleiches abſolut gleich beſteuert würde. 4) Daß man ſolche Objecte zur Beſteuerung nehmen muß, von welchen man der Beſteuerung des reinen Einkommens gewiß ſein kann. Dies kann nur geſchehen, indem man das ermittelte reine Einkommen unmittelbar oder das vermuthliche reine Einkommen durch die Beſteuerung des Genuſſes trifft. Alſo Einkommens- und Genußſteuern ſind die grundſätzlich richtigſten, wenn ſie in der angegebenen Art umgelegt ſind (§. 428.). ⁵⁾ Am meiſten iſt dieſes Geſetz unbeachtet geblieben, verkannt und mißkannt worden. 1) Man hat ſchon behauptet, die Steuern ſeien an ſich und als Förder- mittel des Geldumlaufs etwas Gutes (Weishaupt, Ueber Staatsausg. u. Aufl. S. 114. Bailleal Situation de la France. p. 484.), und ſie ſeien wohlthätig, als Anregungsmittel der Induſtrie (Lüder, Ueber Nationalinduſtrie. III. 505. Büſch Geldumlauf. I. 453.). Allein ſolche Abſurditäten bedürfen kaum mehr einer Wider- legung S. deßhalb Lotz Reviſion. IV. 97. Handb. III. §. 124. und mit ihm Murhard Th. und P. der Beſteur. S. 40. 50. 54. 2) Die Verweigerung der Steuern durch die Landſtände aus äußeren Gründen, die alſo nicht in der Steuer ſelbſt liegen, iſt daher ein Angriff auf den Beſtand des Staats oder Revolution und eine Verfaſſungsurkunde, welche ſie geſtattet, gegen die Grundſätze einer vernünf- tigen Politik. Verächtlich aber aus dem Geſichtspunkte der Sittlichkeit, des Rechts, der wahren Weisheit und Klugheit ſind die Regirungen, welche die Bürger über den wahren Staatsbedarf mit Steuern belaſten. ⁶⁾ Dieſes Geſetz iſt nicht ſo zu verſtehen, als ob blos die Volkswirthſchaft als Ganzes und nicht die Einzelwirthſchaften zu berückſichtigen ſeien. Denn jene kann fortſchreiten, indem eine große Anzahl der Letztern durch eine ſchlechte Beſteuerung dem ſicheren Verderben entgegengeht. Hier muß von der Einzelwirthſchaft ausge- gangen werden, denn der Einzelne iſt auch der Steuerpflichtige. Es folgt aber aus dieſem Geſetze 1) auch, daß nur das reine Einkommen und der Genuß beſteuert werden darf, weil durch die Beſteuerung des Vermögens oder des rohen Einkommens

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Zitationshilfe: Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835, S. 720. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/baumstark_encyclopaedie_1835/742>, abgerufen am 24.11.2024.