Baumstark, Eduard: Kameralistische Encyclopädie. Heidelberg u. a., 1835.Centralisirung, d. h. die Erhebung des Staatseinkommens aus dem Volkseinkommen, so zu organisiren, daß sie, wenn schon das Nationalvermögen nicht in Masse zu erheben sei, doch das Nationalvermögen in Masse treffe, also nicht das von einem Nationalmitgliede besessene und verwahrte Vermögen durch unmittelbare Entreissung verringere. Allein die Verworrenheit und Unausführbarkeit davon liegt auf plat- ter Hand! 4) v. Jacob will das Prinzip der Nationalöconomie nicht für unbedingt aus- führbar erklären. Allein offenbar wirft er dadurch auch die Unbedingtheit seines Prinzips der Gerechtigkeit um, weil der Bürger ein Recht auf die Verwirklichung der volkswirthschaftlichen Wohlstandsgesetze hat. Wahrscheinlich hierdurch aufmerksam geworden, erklärt Schön a. a. O. die Aufstellung eines Prinzips der Gerechtigkeit für ganz unnöthig, weil mit diesem die Nationalöconomie nicht in Collision kommen könne und das Rechtsgesetz auch der Staatsthätigkeit, wie jeder Handlung, als Leitstern diene. Allein gibt man Letzteres auch zu, so ist es anderseits nur zu wahr, daß das volkswirthschaftliche Gesetz nur zu oft in unserer Zeit mit wohl- erworbenen Privatrechten in Widerspruch geräth, z. B. bei Zehntrechten, Frohnd- rechten, Leibeigenschaft u. dgl. mehr. S. Meine Recension a. a. O. S. 597. 5) Lotz Handbuch. III. 50. Auch wohl v. Justi System des Finanzwesens. §. 19. 37. 6) Gegen diese Maxime, als leitendes Prinzip, spricht sich v. Malchus Fi- nanzw. I. Einl. S. 14. entschieden aus, weil jede Aufwandsgröße etwas Relatives sei und die Möglichkeit seiner Beschränkung vom Zwecke und überhaupt von den Umständen abhänge. Allein daß dadurch die fortwährende Wirksamkeit jener Maxime, wo sie nur immer ausführbar ist, nicht aufgehoben werden kann, versteht sich von selbst. Ganilh De la science des Finances. Introduct. p 41. geht sogar so weit, der Finanzwirthschaft auch noch aufzuerlegen, daß sie dem Steuerpflichtigen die Mittel zur Steuerzahlung verschaffe. Dies ist eine Verwechselung der Aufgabe der Wirthschaftspolizei mit jener der Finanzverwaltung. 7) S. über dies Alles v. Malchus Finanzw. I. Einl. S. 11-15. §. 475. 2) Zusammenstellung und Kritik der Staatserwerbsarten. Nach den so eben angegebenen Maximen ist die Zweckmäßigkeit A. In Betreff des Erwerbs ist die Verschiedenheit vorhanden, Centraliſirung, d. h. die Erhebung des Staatseinkommens aus dem Volkseinkommen, ſo zu organiſiren, daß ſie, wenn ſchon das Nationalvermögen nicht in Maſſe zu erheben ſei, doch das Nationalvermögen in Maſſe treffe, alſo nicht das von einem Nationalmitgliede beſeſſene und verwahrte Vermögen durch unmittelbare Entreiſſung verringere. Allein die Verworrenheit und Unausführbarkeit davon liegt auf plat- ter Hand! 4) v. Jacob will das Prinzip der Nationalöconomie nicht für unbedingt aus- führbar erklären. Allein offenbar wirft er dadurch auch die Unbedingtheit ſeines Prinzips der Gerechtigkeit um, weil der Bürger ein Recht auf die Verwirklichung der volkswirthſchaftlichen Wohlſtandsgeſetze hat. Wahrſcheinlich hierdurch aufmerkſam geworden, erklärt Schön a. a. O. die Aufſtellung eines Prinzips der Gerechtigkeit für ganz unnöthig, weil mit dieſem die Nationalöconomie nicht in Colliſion kommen könne und das Rechtsgeſetz auch der Staatsthätigkeit, wie jeder Handlung, als Leitſtern diene. Allein gibt man Letzteres auch zu, ſo iſt es anderſeits nur zu wahr, daß das volkswirthſchaftliche Geſetz nur zu oft in unſerer Zeit mit wohl- erworbenen Privatrechten in Widerſpruch geräth, z. B. bei Zehntrechten, Frohnd- rechten, Leibeigenſchaft u. dgl. mehr. S. Meine Recenſion a. a. O. S. 597. 5) Lotz Handbuch. III. 50. Auch wohl v. Juſti Syſtem des Finanzweſens. §. 19. 37. 6) Gegen dieſe Maxime, als leitendes Prinzip, ſpricht ſich v. Malchus Fi- nanzw. I. Einl. S. 14. entſchieden aus, weil jede Aufwandsgröße etwas Relatives ſei und die Möglichkeit ſeiner Beſchränkung vom Zwecke und überhaupt von den Umſtänden abhänge. Allein daß dadurch die fortwährende Wirkſamkeit jener Maxime, wo ſie nur immer ausführbar iſt, nicht aufgehoben werden kann, verſteht ſich von ſelbſt. Ganilh De la science des Finances. Introduct. p 41. geht ſogar ſo weit, der Finanzwirthſchaft auch noch aufzuerlegen, daß ſie dem Steuerpflichtigen die Mittel zur Steuerzahlung verſchaffe. Dies iſt eine Verwechſelung der Aufgabe der Wirthſchaftspolizei mit jener der Finanzverwaltung. 7) S. über dies Alles v. Malchus Finanzw. I. Einl. S. 11–15. §. 475. 2) Zuſammenſtellung und Kritik der Staatserwerbsarten. Nach den ſo eben angegebenen Maximen iſt die Zweckmäßigkeit A. 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³⁾ Centraliſirung, d. h. die Erhebung des Staatseinkommens aus dem Volkseinkommen,
ſo zu organiſiren, daß ſie, wenn ſchon das Nationalvermögen nicht in Maſſe zu
erheben ſei, doch das Nationalvermögen in Maſſe treffe, alſo nicht das von einem
Nationalmitgliede beſeſſene und verwahrte Vermögen durch unmittelbare Entreiſſung
verringere. Allein die Verworrenheit und Unausführbarkeit davon liegt auf plat-
ter Hand!
⁴⁾ v. Jacob will das Prinzip der Nationalöconomie nicht für unbedingt aus-
führbar erklären. Allein offenbar wirft er dadurch auch die Unbedingtheit ſeines
Prinzips der Gerechtigkeit um, weil der Bürger ein Recht auf die Verwirklichung
der volkswirthſchaftlichen Wohlſtandsgeſetze hat. Wahrſcheinlich hierdurch aufmerkſam
geworden, erklärt Schön a. a. O. die Aufſtellung eines Prinzips der Gerechtigkeit
für ganz unnöthig, weil mit dieſem die Nationalöconomie nicht in Colliſion kommen
könne und das Rechtsgeſetz auch der Staatsthätigkeit, wie jeder Handlung, als
Leitſtern diene. Allein gibt man Letzteres auch zu, ſo iſt es anderſeits nur zu
wahr, daß das volkswirthſchaftliche Geſetz nur zu oft in unſerer Zeit mit wohl-
erworbenen Privatrechten in Widerſpruch geräth, z. B. bei Zehntrechten, Frohnd-
rechten, Leibeigenſchaft u. dgl. mehr. S. Meine Recenſion a. a. O. S. 597.
⁵⁾ Lotz Handbuch. III. 50. Auch wohl v. Juſti Syſtem des Finanzweſens.
§. 19. 37.
⁶⁾ Gegen dieſe Maxime, als leitendes Prinzip, ſpricht ſich v. Malchus Fi-
nanzw. I. Einl. S. 14. entſchieden aus, weil jede Aufwandsgröße etwas Relatives
ſei und die Möglichkeit ſeiner Beſchränkung vom Zwecke und überhaupt von den
Umſtänden abhänge. Allein daß dadurch die fortwährende Wirkſamkeit jener Maxime,
wo ſie nur immer ausführbar iſt, nicht aufgehoben werden kann, verſteht ſich von
ſelbſt. Ganilh De la science des Finances. Introduct. p 41. geht ſogar ſo weit,
der Finanzwirthſchaft auch noch aufzuerlegen, daß ſie dem Steuerpflichtigen die
Mittel zur Steuerzahlung verſchaffe. Dies iſt eine Verwechſelung der Aufgabe der
Wirthſchaftspolizei mit jener der Finanzverwaltung.
⁷⁾ S. über dies Alles v. Malchus Finanzw. I. Einl. S. 11–15.
§. 475.
2) Zuſammenſtellung und Kritik der Staatserwerbsarten.
Nach den ſo eben angegebenen Maximen iſt die Zweckmäßigkeit
der verſchiedenen Arten des Staatserwerbs zu beurtheilen, allein
man hat ſich in deren Beurtheilung vor einem theoretiſchen Ab-
ſprechen, ohne Hinblick auf die praktiſchen Staatsverhältniſſe, zu
hüten. Denn es kann Manches nationalöconomiſch ſeine Richtig-
keit, aber doch unberechnete Hinderniſſe im praktiſchen Staatsleben
haben. Die Finanzgeſchichte zeigt, daß die Art der Befriedigung
der Staatsbedürfniſſe mit der Ausdehnung dieſer Letzteren und mit
der Entwickelung des Volks- und Staatslebens wechſelt. Ehe man
alſo über die Vorzüge der einen oder andern Methode abſpricht,
müſſen wenigſtens dieſe Umſtände erwogen werden. Man unter-
ſcheidet folgende verſchiedene Arten des Erwerbs und Einzugs der
Staatseinkünfte:
A. In Betreff des Erwerbs iſt die Verſchiedenheit vorhanden,
daß die Staaten entweder aus Gewerbsbetrieb oder aus dem
Beſteuerungsrechte oder aus der Benutzung ihres Kredits
Einkünfte beziehen. Die erſte Art, am ausgedehnteſten in noch
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